Marihuana bis unters Dach: Fünf Beschuldigte in U-Haft
Zwei eigens angemietete Häuser nützten Dealer für die Hanf-Produktion im großen Stil. Die Gruppe soll seit 2016 rund 85 Kilo Marihuana in Tirol hergestellt haben.
Von Thomas Hörmann
Kufstein, Innsbruck – Selbst anbauen, statt importieren: Diesen Trend gibt’s nicht nur bei Obst und Gemüse, sondern auch beim Marihuana. So sind Hanf-Zuchtanlagen in Tiroler Kellern und Kleiderschränken für die Polizeibeamten mittlerweile ein gewohnter Anblick – die Anzahl der Sicherstellungen nimmt seit Jahren zu.
Doch was Drogenfahnder des Landeskriminalamtes (LKA) im Raum Kufstein entdeckten, sprengte den gewohnten Rahmen: Die Beamten stießen in einem Einfamilienhaus auf eine riesige Plantage, die auf drei Stockwerke aufgeteilt war. Im Dachgeschoß blühten die „erwachsenen“ Hanf-Pflanzen, im Parterre war der Marihuana-„Kindergarten“ mit den Setzlingen, im Keller wurde das geerntete Grünzeug getrocknet. Unterm Strich waren es 347 verbotene Pflanzen, die die Suchtgiftfahnder im Einfamilienhaus sicherstellen konnten. Das war aber noch nicht alles: Neben 2,5 Kilo „Gras“ entdeckten die Beamten auch 18 Kilo verbotener Pilze (Magic Mushrooms), die bereits verkaufsfertig verpackt waren.
Die Hausdurchsuchung fand bereits Anfang April nach einem anonymen Hinweis statt: Den Polizisten gingen beim Einfamilienhaus auch drei Verdächtige – zwei Einheimische (59 und 31 Jahre) und ein Deutscher (46) ins Netz. Die Männer gelten seither als Hauptbeschuldigte und befinden sich in Untersuchungshaft. Der Tiroler aus dem Bezirk Kufstein, der Salzburger und der ebenfalls in Salzburg lebende Deutsche waren aber keine Hausbewohner: „Sie haben das Gebäude nur angemietet, um dort die Plantage einzurichten“, sagt Katja Tersch, stv. Leiterin des Landeskriminalamtes. Nach den Verhaftungen nahmen die Drogenfahnder auch die eigentlichen Wohnungen der Männer unter die Lupe und wurden in Salzburg und im Unterland erneut fündig: Beim 31-Jährigen entdeckten die Beamten ein Pilzgewächshaus und weitere zwölf Kilo der „narrischen Schwammerln“, dazu 850 Gramm Marihuana und mehrere Tausend Euro. Die Lebensgefährtin des Tirolers, eine 22-jährige Bosnierin, wurde vorübergehend festgenommen, aber nach der Einvernahme bald wieder auf freien Fuß gesetzt. Auch in den Wohnungen der zwei Komplizen des Tirolers stellten die Fahnder geringe Mengen an Suchtgift sicher.
Die Hausdurchsuchungen und die Festnahme des Trios waren aber nur der Auftakt der Ermittlungen. Und die sind jetzt – ein halbes Jahr später – weitgehend abgeschlossen. Zumindest, was die Produktion des Marihuanas anbelangt. „Wir haben im Juni eine weitere große Plantage ausgeforscht“, erzählt Tersch: „Diesmal in einem Einfamilienhaus in Innsbruck, das ebenfalls nur für die Drogenproduktion angemietet worden war.“ Die Zuchtanlage war etwas kleiner als die im Unterland – etwa 200 Cannabispflanzen fanden die LKA-Ermittler im Gebäude.
Zwischen Juni und September folgte die nächste Verhaftungswelle – vier weitere Tiroler und ein Oberösterreicher wurden festgenommen: „Zwei Verdächtige waren vor allem für die Produktion des Marihuanas verantwortlich“, so Tersch weiter: „Drei Beschuldigte dürften die Drogen als Zwischenhändler weiterverkauft haben.“
Der Vertrieb des Marihuanas und der Pilze ist auch jener Ermittlungsbereich, der zum Teil noch ungeklärt ist: „Da sind einige Fragen offen, auf die wir Antworten suchen“, sagt die stv. LKA-Chefin. Immerhin lief die Produktion der Drogen seit mindestens Ende 2016. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Beschuldigten in diesem Zeitraum 85 Kilo Marihuana im Schwarzmarktwert von etwa 850.000 Euro hergestellt haben. Eine gewaltige Menge, für die es neben den bereits ausgeforschten Zwischenhändlern weitere Abnehmer gegeben haben muss. Und die sollen demnächst ausgeforscht werden.
Von den bislang neun Beschuldigten befinden sich fünf noch immer in Untersuchungshaft, vier sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Insgesamt beschlagnahmte die Polizei 3,3 Kilo Cannabis, 17 Kilo Hanfpflanzen und 30 Kilo Pilze im Gesamtwert von 250.000 Euro.