Verkehr

Von Autobahn bis Stadt: Auf Tirols Straßen wird es eng

Stau auf Tirols Autobahnen: derzeit ein sehr häufiger Anblick.
© Michael Kristen

Zu 2,4 Millionen Lkw gesellen sich auf der Brennerautobahn elf Millionen Pkw pro Jahr. Auch in der Stadt hat der Verkehr zugenommen. Baustellen und E-Scooter tun ihr Übriges.

Innsbruck –Die Sommerreisezeit hat begonnen. Das sorgt für Staus auf den Autobahnen, aber dank der Navigationsgeräte auch für mehr Verkehrsaufkommen auf den Ausweichrouten oder gar im Stadtgebiet von Innsbruck.

„Der Verkehr hat zugenommen, nicht nur im Sommer. Das ist unbestritten. Es wird eng auf den Straßen“, erklärt der Chef der Verkehrspolizei in der Landeshauptstadt, Reinhard Moser. In der Sommerreisezeit sorge der Ausweichverkehr dafür, dass auf den Hauptverkehrsadern der Stadt oft nichts mehr gehe. „Die Stadt wollte den Individualverkehr zurückdrängen und bewirken, dass die Leute umsteigen. Dieser Effekt hat sich aber noch nicht eingestellt.“ So quält sich der Individualverkehr nach wie vor durch die Stadt, auf hohem Niveau. „Fast alle unsere Tiefgaragenplätze sind im Zentrum, die Pkw müssen reinfahren“, sagt Moser. Dazu kommt, dass die öffentlichen Verkehrsmittel bei der Ampelschaltung bevorzugt werden und in Innsbruck insgesamt 60 bereits vorhandene oder noch kommende Baustellen das Miteinander im Straßenverkehr nicht einfacher machen.

„Es braucht eine gegenseitige Rücksichtnahme zwischen Rad- und Autofahrern“, meint Moser. „Je nachdem, ob man nun als Autofahrer oder als Radfahrer unterwegs ist, wird aufeinander geschimpft. Aber geschimpft wird immer.“

Elektro-Scooter sind Fahrrädern gleichgesetzt. Auf Gehsteigen haben sie nichts verloren. Bei Alkoholisierung drohen Strafen bis zu 5900 Euro. (Symbolfoto)
© AFP

Letzte Woche hat die Innsbrucker Verkehrspolizei eine Schwerpunktaktion bei Radfahrern durchgeführt. Auf dem Gehsteig fahren kostet 25 Euro, gegen die Einbahn oder bei Rot über die Ampel fahren schlägt sich mit 35 Euro zu Buche. Pardon gebe es hier keinen. „Man wird nur einmal erwischt, hat aber sicher schon viele Vergehen begangen“, sagt Moser. Milder reagieren die Beamten bei Ausrüstungsmängeln. „Da wird keine Strafe verhängt. Die zehn Euro pro Mangel, die fällig wären, sollen die Radfahrer lieber in ihr Rad investieren.“ „Zurückhaltend“ mit den Strafen ist die Innsbrucker Verkehrspolizei derzeit auch noch bei Elektro-Scootern. 150 sind laut Moser in der Stadt unterwegs und wie Fahrräder zu behandeln. „Also nicht auf dem Gehsteig, sondern auf dem Radweg fahren.“

Eng wird es nicht nur in der Stadt, sondern auch auf den Autobahnen. In Schönberg schlängelt sich pro Monat rund eine Million Pkw über den Brenner. Die Reisezeit lässt sich sehr gut an den Zahlen ablesen. Im Juni 2018 waren es 1,07 Millionen Pkw, im Juli stieg die Zahl auf 1,24, und im August waren es dann sogar 1,32 Millionen Pkw. Auch der September ist mit 1,2 Millionen Pkw noch stark frequentiert, dann sinkt die Zahl der Pkw, um sich im November bei 611.644 einzupendeln. Im Dezember sind es noch 683.030.

Seit mittlerweile Jahrzehnten setzt sich Fritz Gurgiser mit seinem Transitforum gegen die Verkehrsbelastung in Tirol ein. 2,4 Millionen Lkw am Brenner hält er für unzumutbar. Am Sonntag ist Gurgiser wieder einmal der Kragen geplatzt. Der Präsident der Frächtervereinigung Anita in Rom, Thomas Baumgartner, hatte gefordert, das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention zu ändern. Es beeinträchtige den Bau von Straßen und Infrastruktur, den die italienische Wirtschaft aber brauche. Gurgiser bezeichnet den Vorstoß als „Dreistigkeit“ und „schamlos“. Es sei der Versuch, die sensiblen Alpen mit der Po-Ebene gleichzustellen.

Das Gemisch aus immer mehr Lkw und Pkw führt laut ÖAMTC dazu, dass in den letzten Jahren die Aggression im Straßenverkehr gestiegen ist. „Der Platz ist enger geworden. Das steigert das Revierverhalten“, erklärte Verkehrspsychologin Marion Seidenberger vor Kurzem gegenüber der TT. „Dadurch entsteht eine Hackordnung wie bei Tieren.“ Der Stärkere gewinnt also, das Problem ist, dass sich jeder als der Stärkere fühlt. „Sich selbst hält man immer für den besten Fahrer, egal, ob man nun mit dem Auto oder mit dem Rad unterwegs ist. Der Fehler liegt daher immer beim anderen.“

Laut einer Studie innerhalb der EU machen 67 Prozent der Autofahrer ihrem Ärger mit Beschimpfungen Luft. Vor allem Deutsche und Griechen sind hier anfällig. Knapp ein Fünftel der deutschen Fahrer steigt demnach sogar aus dem Auto aus, um sich dem anderen Autofahrer bedrohlich zu nähern. (aheu)

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