Tirol

Schnee, Staus und Stromausfälle: Winter hat Tirol in der Hand

Auf der Schneeglatten L13 Richtung Sellrain kam ein Auto von der Strasse ab und schlitterte in die Melach.
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Die Schneefälle in der Nacht auf Mittwoch haben die Einsatzkräfte vor allem in Osttirol gefordert. Rund 2500 Haushalte waren ohne Strom, der Netzbetreiber Tinetz arbeitet auf Hochtouren an der Behebung.

Innsbruck — Der von den Meteorologen prognostizierte massive Wintereinbruch vor allem in Ost- und Südtirol, aber auch in den Bezirken Nordtirols ist in der Nacht auf Mittwoch tatsächlich eingetreten — und mit ihm das befürchtete Schneechaos.

Wo ist das Auto? In Mandarfen versanken die Fahrzeuge am Parkplatz unter der weißen Pracht.
© Pitztaler Gletscherbahnen

2500 Haushalte in Osttirol ohne Strom, Arbeiten auf Hochtouren

Vor allem in Osttirol führte der nasse und dadurch schwere Schnee zu Problemen. Zahlreiche Straßen mussten wegen der starken Schneefälle gesperrt werden, unter anderem wichtige Verkehrsverbindungen in das Defereggental, ins Tiroler Gailtal und ins Villgratental. Erschwerend kam hinzu, dass im Villgratental sowie in den drei Gemeinden des Gailtals der Strom ausgefallen ist. Betroffen waren insgesamt 2500 Osttiroler Haushalte.

„In zwei Bereichen ist die Stromleitung abgerissen", sagt der Untertilliacher Bürgermeister Manfred Lanzinger, der selbst seit den Nachtstunden mit der Schneeräumung beschäftigt war. „In unserer Gemeinde gibt es zum Glück etliche Haushalte, die sich nach dem letzten großen Schnee Notstrom-Aggregate angeschafft haben", berichtet der Bürgermeister. „Viele haben auch die Möglichkeit, mit Holz zu heizen."

Benjamin genoss in Innsbruck unterdessen den Wintertag.
© Ma

20 Servicetrupps und 40 Leute des Netzbetreibers Tinetz arbeiten fieberhaft daran, dass die Haushalte so schnell wie möglich wieder mit Strom versorgt werden. Neben großflächigen Stromausfällen im Bezirk Osttirol kamen im Laufe des Tages weitere Einsatzgebiete im Wipptal und Stubaital dazu. „Tirolweit waren in den letzten 24 Stunden rund 250 unserer Stationen mit insgesamt 10.600 Netzkunden betroffen, viele davon allerdings nur kurzzeitig", teilte Tinetz-Geschäftsführer Thomas Rieder am Nachmittag per Aussendung mit. Vor allem in Osttirol konnten einige Orte und Weiler aufgrund der hohen Lawinengefahr zunächst nicht erreicht werden.

Abgestimmt mit den Behörden wurde am Mittwoch außerdem auch der Einsatz von Hubschraubern. Diese werden starten, sobald es die Witterung zulässt. „Unsere Trupps werden auch in den nächsten Tagen damit beschäftigt sein, provisorisch reparierte Fehlerstellen wieder zur Gänze instand zu setzen und für alle Anlagen den Normalbetrieb sicherzustellen. Darüber hinaus bleiben wir in erhöhter Alarmbereitschaft, zumal für das Wochenende wieder neue Schneemengen angekündigt wurden", so Tinetz-Geschäftsführer Thomas Trattler. Am Nachmittag waren noch 1800 Haushalte ohne Stromversorgung.

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Starker Schneefall am Freitag: "Wir bleiben in Bereitschaft"

Doch nicht nur gekappte Leitungen forderten die Einsatzkräfte in Osttirol. In Obertilliach drohte ein Baum unter der Schneelast zu kippen und auf ein Wohnhaus zu fallen. „Mitglieder der Feuerwehr, die sich mit Forstarbeit auskennen, haben den Baum fachgerecht umgeschnitten, sodass er nicht mehr gefährlich war", schildert Herbert Oberhauser, Bezirkskommandant der Feuerwehr. In der Früh wurde die Bezirkseinsatzleitung mit der Lienzer Bezirkshauptfrau Olga Reisner an der Spitze hochgefahren wohl auch noch die kommenden Tage aktiviert sein. „Wir bleiben in Bereitschaft", sagt Olga Reisner. „Zurzeit ist die Lage unter Kontrolle. Aber am Freitag soll es wieder stark schneien."

Das Rote Kreuz ist jedenfalls gerüstet und kann Notunterkünfte zur Verfügung stellen, für den Fall, dass Personen wegen der gesperrten Straßen nicht in ihre Heimatgemeinde zurückkehren können. „Das Material ist vorbereitet, wir könnten in einer Schule spontan ein Notquartier einrichten", sagt Günther Payr vom Roten Kreuz Osttirol. Aufgrund der Wetterlage hatte außerdem auch der Notarztverband zusätzliche Stützpunkte aktiviert. Notärzte standen im Defereggental, Villgratental und Sillian in Bereitschaft, das Tiroler Gailtal wurde durch die Praxis in Obertilliach versorgt.

Auch in anderen Teilen Tirols mussten Straßen aufgrund der massiven Schneefälle gesperrt werden. Im hinteren Ötztal und im hintere Pitztal wurden bis zu einem Meter Neuschnee gemessen. „In St. Leonhard musste die Wildbachverbauung sogar ihre Arbeit abbrechen", berichtet der Imster Bezirkshauptmann Raimund Waldner.

Auf der Inntalautobahn kam es Mittwochvormittag nach einem Unfall zwischen Zirl und Völs zur Staubildung.
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In Südtirol kam es in der Nacht auf Mittwoch ebenfalls zu beträchtlichen Schneefällen von 40 bis 50 Zentimetern. Die Freiwilligen Feuerwehren absolvierten mehr als 250 Einsätze, vor allem in den Bezirken Bozen, Eisacktal und Pustertal. Zahlreiche Straßen und die Eisenbahnlinie im Pustertal wurden von umgestürzten Bäumen blockiert. Mehrere Dolomiten-Pässe mussten geschlossen werden.

Mehrere Unfälle und hängengebliebene Fahrzeuge

Auf der Brennerautobahn waren in der Nacht trotz der Vorhersage viele Autos nicht für die winterlichen Verhältnisse gerüstet. Ebenso wie am Zirler Berg blieben dort in der Nacht einige Fahrzeuglenker hängen. Derzeit sind auf der Brennerautobahn zahlreiche Räumfahrzeuge im Einsatz, laut Berichten bestand zwischenzeitlich auf der gesamten Strecke eine Schneefahrbahn.

Auf der Völser Straße schlitterte ein Autolenker in der Nacht von der Fahrbahn in eine Böschung. Das Auto blieb schließlich an einem Baum hängen. Die Insassen blieben zum Glück unverletzt. Auf der schneeglatten Sellrainstraße (L 013) kam ein Autofahrer ebenfalls von der Schneefahrbahn ab und stürzte zur Melach bei Oberperfuss ab. Auch dieser Lenker blieb ersten Meldungen zufolge unverletzt.

Auf der Tuxer Landesstraße ereignete sich bereits Dienstagabend ein Unfall, bei dem ein 37-jähiger Autofahrer auf Höhe des Chalets Tamara auf der schneebedeckten Fahrbahn vom rechten Fahrbahnrand abkam und folglich frontal in das Geländer der dortigen Brücke prallte. Durch den Unfall wurde der Österreicher unbestimmten Grades verletzt und mit der Rettung in das Krankenhaus nach Schwaz eingeliefert. Am Fahrzeug entstand erheblicher Sachschaden. Die Durchführung eines Alkomattests wurde vom Fahrzeuglenker verweigert.

Am Zirlerberg waren die Abschleppdienste im Einsatz
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Nicht ganz auf die winterlichen Verhältnisse eingestellt war auch ein Fahrzeuglenker Dienstagnacht auf der Haller Straße. Der Lenker war nämlich noch mit Sommerreifen unterwegs. Der 41-Jährige war gegen 22.30 Uhr in Richtung Osten unterwegs. Zu diesem Zeitpunkt herrschte bereits Schneefall und die Fahrbahn war schneebedeckt. Der 41-Jährige geriet mit seinem Fahrzeug ins Schleudern und dadurch in den Gegenverkehr. Ein entgegenkommendes Auto konnte nicht mehr reagieren und es kam zum Zusammenstoß der Fahrzeuge. Beide Lenker wurden durch den Unfall leicht verletzt. Ein mit dem 41-Jährigen durchgeführter Alkomattest verlief positiv.

Am Mittwochvormittag kam es auf der Inntalautobahn zwischen Zirl Ost und Völs zu einem Unfall. Die Folge war eine umfassende Staubildung.

Auf der Völser Straße ist ein Auto in eine Böschung geschlittert.
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Lawinensituation spitzt sich weiter zu

Die Schneefälle haben die Lawinensituation auf den Bergen weiter verschärft. Der Lawinenwarndienst Tirol (LWD) beobachtet die Schneefälle genau.

„Die Lawinensituation wird immer spannender", erklärt Patrick Nairz vom LWD. Derzeit habe man zwei Problembereiche: einerseits Gleitschneelawinen — der Schnee rutscht in steilen Grashängen ab — und andererseits den stürmischen Wind in den nächsten Tagen. Der Sturm verfrachtet den Neuschnee und belastet die bestehende Schneedecke, die Folge: Schneebrettlawinen oberhalb der Waldgrenze werden wahrscheinlicher. Der Winter hat Tirol fest im Griff und auch in den nächsten Tagen geht es wettertechnisch turbulent weiter.

„Nach der heutigen kurzen Wetterberuhigung werden schon am Freitag die nächsten großen Neuschneemengen erwartet", sagt Alexander Radlherr von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). „Zwischen 800 und 1000 Metern Höhe erwarten wir im Zillertal und in Obergurgl einen halben Meter, in den Ötztaler Alpen sogar bis zu einem Meter Neuschnee", prognostiziert Radlherr. Die kommenden Tage seien ein ständiges Auf und Ab. Eine Entspannung der Lage sei derzeit nicht in Sicht. Am Freitag startet die tägliche Berichterstattung des LWD Tirol. (rena/vg/TT/APA)

Freud und Leid lagen am Mittwoch nahe beieinander: „Locke“ freute sich in Kühtai über den Neuschnee und tobte über die Terrasse beim Dorfstadl.

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