Nationalsozialismus

Doppelgänger-Theorie um Hitler-Stellvertreter Heß widerlegt

Adolf Hitler und sein Stellvertreter Rudolf Heß (r.).
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Immer wieder tauchten in den vergangenen Jahrzehnten Spekulationen auf, dass anstatt Heß ein Doppelgänger im Gefängnis einsaß. Diese Theorie wurde nun widerlegt.

Wien, Salzburg, Berlin – Rund um den 1987 im Kriegsverbrechergefängnis Spandau in Berlin verstorbenen Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß hält sich eine hartnäckige Verschwörungstheorie: Demnach soll ein Doppelgänger eingesessen haben, während der echte Heß der Strafe entging. Mit einer DNA-Untersuchung wurde diese Theorie nun widerlegt, wie ein Team um Forscher aus den USA und Salzburg im Fachblatt FSI Genetics darlegt.

Heß, einer von Adolf Hitlers engsten Vertrauten, war im Mai 1941 nach Großbritannien geflogen, um kurz vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion einen Separatfrieden zu verhandeln. Doch London stand zu seinem Verbündeten und inhaftierte Heß. 1946 wurde er in den Nürnberger Prozessen zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 17. August 1987 nahm er sich im Alter von 93 Jahren das Leben, nachdem er mehr als 20 Jahre der einzige Häftling im Kriegsverbrechergefängnis Spandau gewesen war.

Immer wieder tauchten in den vergangenen Jahrzehnten Spekulationen auf, dass anstatt Heß ein Doppelgänger einsaß. Allen voran sei auch US-Präsident Franklin D. Roosevelt nicht ganz sicher gewesen, ob nicht ein Betrüger Heß‘ Haftstrafe verbüßt hat, heißt es im Magazin New Scientist, das über die neue Forschungsarbeit berichtet. Auch Heß‘ Frau spielte immer wieder auf die Doppelgänger-Theorie an.

Obwohl Heß mit dem Waffenstillstand nur den Rücken für den nächsten, noch größeren Krieg frei halten wollte, wird er bis heute von Neonazis als „Friedensflieger“ verklärt. Sein Grab wurde daher zur Pilgerstätte, was die deutschen Behörden zum Handeln zwang. Nachdem der einstige Hitler-Stellvertreter 2011 exhumiert und seine Überreste verbrannt wurden, schrumpfte allerdings die Hoffnung, die Verschwörungstheorie endgültig mittels DNA-Tests entkräften zu können.

Blutprobe brachte Licht in die Angelegenheit

Das Team um einen pensionierten US-Militärarzt und den auf alte DNA spezialisierten Biologen Jan Cemper-Kiesslich vom Interfakultären Fachbereich Gerichtsmedizin der Universität Salzburg konnte nun mit einer Blutprobe, die Heß 1982 in Spandau entnommen wurde, doch Licht in die Angelegenheit bringen. Ein Teil der Probe verblieb nämlich auf einem versiegelten Mikroskop-Objektträger im Besitz des US-Pathologen Rick Wahl, heißt es in dem Bericht. Nachdem Militärarzt Sherman McCallder, Erstautor der Arbeit im Fachjournal Forensic Science International: Genetics, von der Existenz der Probe erfuhr, kontaktierte er Cemper-Kiesslich.

Den Salzburger Forschern gelang die Extraktion der DNA aus dem getrockneten Blut. Nach einer langwierigen Suche nach Familienangehörigen von Heß wurden die Wissenschafter fündig. Ein männlicher Nachfahre erklärte sich letztendlich bereit, eine DNA-Probe zum Vergleich abzugeben. Bei dem Familienangehörigen handle es sich zu 99,99 Prozent um einen Nachfahren jenes Mannes der in Spandau einsaß, so das Ergebnis der Analyse.

Diese Resultate seien ein sehr starker Beleg dafür, dass der Gefangene tatsächlich Rudolf Heß war. Dementsprechend sei es „extrem unwahrscheinlich“, dass an der Verschwörungstheorie etwas dran ist, schreiben die Forscher, die die Gerüchte damit als „widerlegt“ ansehen, in dem Fachartikel. (APA)

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