Brexit

Brexit-Endspiel im britischen Unterhaus: Wer wofür steht

Im britischen Parlament steht eine entscheidende Abstimmung bevor. Findet das ausgehandelte Brexit-Abkommen eine Mehrheit?
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In Brüssel hat Theresa May ihre Mehrheit, doch bekommt sie diese auch zuhause? Ein Überblick über die Gegner und Befürworter des Austritts-Abkommens im Londoner Parlament.

Von Joe Jackson, AFP

London – Die Annahme des Brexit-Abkommens durch die verbleibenden 27 EU-Staaten ist ein wichtiger Etappensieg für die britische Premierministerin Theresa May. Die entscheidende Abstimmung im britischen Parlament steht der angeschlagenen Regierungschefin aber noch bevor. Angesichts des massiven Widerstands im Unterhaus ist offen, ob sie unter den 650 Abgeordneten eine Mehrheit für das Vertragswerk findet.

Befürworter des Abkommens

M ays Parteifreunde: Ein Großteil der 315 Tories im Unterhaus will der Parteichefin bei der Brexit-Abstimmung Gefolgschaft leisten. Unter ihnen sind sowohl moderate Brexit-Befürworter als auch proeuropäische Abgeordnete, denen es vor den Folgen eines EU-Austritts ohne Abkommen graut. Auf eine vollständige Rückendeckung durch ihr Kabinett kann sich May freilich nicht verlassen. Einige Regierungsmitglieder, darunter Umweltminister Michael Gove, hegen offenbar noch erhebliche Zweifel an dem Vertragswerk.

Gegner des Abkommens

E uropean Research Group: Die konservative Parlamentariervereinigung European Research Group (ERG) lehnt das Abkommen entschieden ab. Angeführt von dem einflussreichen Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg setzen die 60 bis 85 Mitglieder der Gruppe auf einen Freihandelsvertrag mit der EU oder einen harten EU-Austritt ohne Abkommen. Unterstützung erhält die ERG vom früheren Außenminister Boris Johnson und Ex-Brexit-Minister David Davis. Die ERG versucht ein Misstrauensvotum gegen May zu erzwingen, bekam bisher aber nicht die nötigen 48 Stimmen im Parlament zusammen.

L abour-Partei: Die meisten Labour-Abgeordneten sind proeuropäisch eingestellt und werden gegen das Brexit-Abkommen stimmen. Sie spekulieren auf Neuwahlen oder ein zweites Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens. Parteichef Jeremy Corbyn steht einem zweiten Volksentscheid aber skeptisch gegenüber.

Die Partei spricht jedoch nicht mit einer Stimme: Eine kleine Gruppe von Labour-Abgeordneten befürwortet den EU-Austritt und könnte den Brexit-Vertrag entgegen der Parteilinie billigen - die betreffenden Parlamentarier könnten aber auch auf einen harten Brexit setzen und mit Nein stimmen. Auch aus dem Lager der EU-Befürworter hat bereits eine Labour-Abgeordnete angekündigt, für das Abkommen zu votieren, um einen EU-Austritt ohne Vertrag zu verhindern.

S NP: Auch die Schottische Nationalpartei (SNP), mit 35 Abgeordneten drittstärkste Kraft im Unterhaus, lehnt das Brexit-Abkommen ab. Die SNP plädiert dafür, dass das Vereinigte Königreich - oder zumindest Schottland - auch nach der Übergangsphase im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt. Andernfalls will die schottische Premierministerin und SNP-Chefin Nicola Sturgeon ein zweites Unabhängigkeitsreferendum ansetzen.

D UP: Die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) befürwortet den Brexit, lehnt den vorliegenden Austrittsvertrag aber ab. Die in dem Abkommen vereinbarte Regelung zur künftigen Grenze zwischen Irland und Nordirland stößt bei der erzkonservativen nordirischen Partei auf scharfen Widerstand. Laut der sogenannten Auffanglösung, die eine durchlässige Grenze auf der irischen Insel sicherstellen soll, soll Nordirland einen Sonderstatus erhalten und enger mit der EU verbunden bleiben als das restliche Großbritannien.

L iberaldemokraten: Die oppositionellen Liberaldemokraten lehnen den EU-Austritt ihres Landes ab. Einer ihrer Abgeordneten, Stephen Lloyd, will entgegen der Parteilinie aber für Mays Brexit-Plan stimmen.

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