EU-Wahl

Türkises Karussell: Kurz sucht Strahlefrau für EU-Wahl

ÖVP-Chef Sebastian Kurz und „Mr. Europa“ Othmar Karas: Die ÖVP sucht eine Strahlefrau, die neben Karas die EU-Liste anführen soll.
© APA/Jäger

ÖVP-Chef Kurz arbeitet an einer fein austarierten Liste für die EU-Wahl. An der Spitze wird wohl wieder Othmar Karas stehen. Eine Überraschungskandidatin fehlt noch.

Von Wolfgang Sablatnig und Peter Nindler

Wien, Innsbruck – Die Bünde und Landesorganisationen der ÖVP haben bereits in den vergangenen Tagen ihre Kandidaten für die EU-Wahl am 26. Mai vorgestellt. Am Montag soll auch das Rätsel um die türkise Spitzenkandidatur gelüftet werden: Parteichef Bundeskanzler Sebastian Kurz hat die Granden seiner zur Vorstandssitzung nach Wien eingeladen, um die Liste abzusegnen. Auf Nummer eins dürfte EU-Urgestein Othmar Karas zu finden sein.

Als Nummer zwei wünscht sich Kurz dem Vernehmen nach eine prominente und breitenwirksame Quereinsteigerin. Nicht nur am Tiroler Ball im Wiener Rathaus am vergangenen Wochenende machte in diesem Zusammenhang der Name Vera Russwurm die Runde. Das Problem dabei: Die ORF-Talkerin hat offenbar kein Interesse. Ihr Mann und Produzent Peter Hofbauer sagte gestern auf Anfrage der Tiroler Tageszeitung: „Das war bei uns nie ein Thema.“

Zwischen den ÖVP-Landesorganisationen von Tirol, Vorarlberg und Salzburg hängt unterdessen der Haussegen schief. Sie konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Schon zuletzt strauchelte die Westachse bei Themen wie der Mindestsicherung oder der Lehre für Asylwerber. Die Tiroler ÖVP forciert die Wirtschaftsbündlerin und Wirtschaftskammer -Vizepräsidentin Barbara Thaler für einen Platz unter den ersten zehn auf der ÖVP-Liste.

Türkises Europa-Karussell

Kaum ein österreichischer Politiker verkörpert die Idee der EU so wie Othmar Karas. Nicht umsonst konnte er bei den EU-Wahlen 2009 und 2014 jeweils Zehntausende Vorzugsstimmen einfahren. Die ÖVP wird für ihre betont proeuropäisch geplante Kampagne für die EU-Wahl am 26. Mai daher nicht auf ihn verzichten wollen.

Dennoch: Neben Karas wurde ein „weibliches Glanzlicht“ gesucht, wie es ein Insider im Gespräch mit der TT formulierte – eine Strahlefrau, die auch über die ÖVP-Anhänger hinaus wirken könnte. Denn bei allem persönlichen Erfolg von Karas mit fast 113.000 Vorzugsstimmen 2009 und noch immer 82.500 im Jahr 2014 stellen sich die türkisen Strategen rund um Parteichef Sebastian Kurz die Frage, ob Karas auch der richtige Mann sei, Wähler anderer Parteien anzusprechen.

Am Montag will Kurz dem ÖVP-Bundesvorstand seine Liste präsentieren. Karas, der seit 20 Jahren im Europaparlament sitzt, dürfte die Riege der Kandidatinnen und Kandidaten anführen. Auf Platz zwei soll eine populäre Quereinsteigerin antreten. ORF-Talkerin Vera Russwurm war dafür offenbar ein Thema, hat aber kein Interesse.

Die weiteren Plätze werden der bündischen und regionalen Logik der ÖVP folgen. Als Kandidat der Niederösterreicher gilt Lukas Mandl, der im Herbst 2017 anstelle der nunmehrigen Ministerin Elisabeth Köstinger ins Europaparlament gewechselt hat. Die oberösterreichische Nationalratsabgeordnete Angelika Winzig ist Vertreterin des Wirtschaftsbundes, Christian Zoll ist Vorarlberger und gehört zur Jungen ÖVP. Und erst gestern hat der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer die Bauernbündlerin Simone Schmiedtbauer präsentiert.

Die Westachse verfolgt ihr Glück dieses Mal mit getrennten Kandidaten: Tirol mit Barbara Thaler, Salzburg wieder mit Claudia Schmidt und Vorarlberg mit Zoll (siehe Artikel unten). Auch die ÖVP-Senioren wollen einen Nachfolger für den scheidenden Heinz Becker ins Rennen schicken. Einen Namen ließ sich Seniorenchefin Ingrid Korosec gestern aber noch nicht entlocken.

Wer künftig in Straßburg und Brüssel die türkise Fahne hochhalten wird, werden letztlich die Vorzugsstimmen entscheiden: Wer mehr davon bekommt, soll mit einem Mandat belohnt werden, hat Kurz angekündigt. Der Parteichef hofft, dass dank dieser Vorgabe die Länderorganisationen und Bünde für „ihre“ Kandidaten rennen und so das Gesamtergebnis der ÖVP nach oben treiben.

Denn die zentrale Frage der EU-Wahl ist die der Mobilisierung: Zuletzt lag 2014 die Wahlbeteiligung bei gerade einmal 45 Prozent. Umso wichtiger ist gerade für eine proeuropäische Partei ein Kandidat oder eine Kandidatin mit Breitenwirkung – eine Strahlefrau also.

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