Großbritannien

Bericht: Lebensmittelknappheit droht bei No-Deal-Brexit in Großbritannien

Ein "No-Deal-Brexit" könnte die Briten teuer zu stehen kommen.
© AFP

Sollte Großbritannien kein Austrittsabkommen mit der Europäischen Union (EU) abschließen, drohen zudem eine Blockade an den Häfen und eine harte Grenze zu Irland, schreibt die Zeitung Sunday Times unter Berufung auf Regierungsdokumente.

London – In Großbritannien wächst die Angst vor einer wirtschaftlichen Krise bei einem ungeregelten EU-Austritt: Aus einem Regierungsdokument geht Berichten zufolge hervor, dass bei einem harten Brexit unter anderem Versorgungsengpässe, höhere Preise und ein Chaos in den Häfen auf die Briten zukommen könnte. Für mehrere britische Parlamentarier besteht rascher Handlungsbedarf.

Mehr als hundert Abgeordnete forderten den britischen Premierminister Boris Johnson am Sonntag auf, das Parlament sofort für Beratungen über den Brexit aus der Sommerpause zurückzurufen. Johnson wird nächste Woche noch vor dem G-7-Gipfel zu Gesprächen in Berlin und Paris erwartet.

Die britische Regierung rechnet einem Medienbericht zufolge mit Engpässen bei Lebensmitteln, Benzin und Medikamenten. Auch mit steigenden Preisen werde gerechnet, wie die Sunday Times unter Berufung auf das Regierungsdokument „Yellowhammer“ berichtete. Demnach drohe bei einem No-Deal-Brexit zudem ein Chaos in den Häfen. Auch eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland sei wahrscheinlich. Zu landesweiten Protesten könnte es ebenfalls kommen.

„Am Rand der Wirtschaftskrise“

Das Dokument wurde dem Bericht zufolge in diesem Monat vom Cabinet Office zusammengestellt, das die Arbeit des Premierministers und der Regierung unterstützt. Es listet demnach keine Worst-Case-Szenarien auf, sondern die wahrscheinlichen Auswirkungen eines ungeregelten EU-Austritts.

er britische Minister Michael Gove erklärte dagegen auf Twitter, „Yellowhammer“ befasse sich mit dem schlimmsten anzunehmenden Fall. In den vergangenen drei Wochen seien „bedeutende Schritte“ unternommen worden, um die Planung für einen Austritt zu beschleunigen. Die Regierung von Gibraltar nannte die Teile des Berichts, die das britische Territorium betreffen, falsch und veraltet. Man habe alle entsprechenden Fragen inzwischen geklärt. Energieminister Kwasi Kwarteng sagte dem Sender Sky News, es gebe gegenwärtig viel Angstmacherei zum Brexit.

„Unser Land steht am Rand einer Wirtschaftskrise, da wir auf einen Brexit ohne Abkommen zurasen“, hieß es indes in einem Brief der Abgeordneten an Johnson. „Wir stehen vor einem nationalen Notstand und das Parlament muss jetzt zurückgerufen werden.“

Das britische Parlament kommt eigentlich erst am 3. September aus der Sommerpause zurück. Danach wird es noch einmal eine Sitzungspause geben: In der Parlamentspause im September halten die britischen Parteien traditionell ihre Jahresparteitage ab. Die Abgeordneten fordern nun, das Parlament sofort wieder einzubestellen und bis zum geplanten Austrittsdatum am 31. Oktober keine Sitzungspause mehr einzulegen.

Johnson reist zu Merkel und Macron

Die britische Regierung bestätigte unterdessen, dass Johnson in der nächsten Woche noch vor dem G-7-Gipfel zu Gesprächen nach Berlin und Paris reisen wird. Er kommt demnach am Mittwoch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und am Donnerstag mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zusammen. Es ist Johnsons erster Besuch in Berlin seit seinem Amtsantritt als Regierungschef Ende Juli. Bei Johnsons Gesprächen vor dem G-7-Gipfel im französischen Biarritz dürfte es vor allem um den britischen EU-Austritt gehen.

Johnson hat angekündigt, Großbritannien bis zum 31. Oktober aus der EU zu führen – notfalls auch ohne Abkommen mit der EU. Zahlreiche Unterhaus-Abgeordnete wollen einen No-Deal-Brexit aber verhindern. Das Parlament hatte das von Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen drei Mal durchfallen lassen, gleichzeitig aber auch gegen einen Brexit ohne Abkommen gestimmt.

Während seiner Bewerbung um den Tory-Parteivorsitz hatte Johnson eine Auflösung des Unterhauses nicht ausgeschlossen, um einen ungeregelten Brexit notfalls am Parlament vorbei durchzusetzen. (APA/dpa)

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