Italien

28 Minderjährige verlassen „Open Arms“, Salvini in Bedrängnis

Das Rettungsschiff "Open Arms".
© AFP

Die italienische Behörden haben die Landung von 28 minderjährigen Migranten, die sich noch an Bord des Rettungsschiffes „Open Arms“ vor der Insel Lampedusa befinden, genehmigt. Die Menschen an Bord sind verzweifelt.

Madrid, Rom – Die italienische Behörden haben der Landung von 28 minderjährigen Migranten, die sich noch an Bord des Rettungsschiffes „Open Arms“ vor der Insel Lampedusa befinden, Grünes Licht gegeben. Die Polizei erreichte das spanische Schiff, um die Evakuierungsprozeduren zu starten, berichteten italienische Medien am Samstag.

Die Evakuierung folgte einem Brief von Premier Giuseppe Conte an Innenminister Matteo Salvini. Darin hatte sich der Regierungschef am Samstag für die Landung der Minderjährigen aus humanitären Gründen ausgesprochen. Conte bestätigte, dass sechs EU-Länder - Deutschland, Frankreich, Rumänien, Luxemburg, Portugal und Spanien - zur Aufnahme der Migranten bereit seien. Bereits am Mittwoch hatte der parteilose Regierungschef Salvini in einem Brief zur Landung minderjähriger Migranten aufgerufen.

Zunehmender Widerstand

Innenminister Salvini, Chef der rechten Lega, ist bei seinem harten Kurs in Sachen Migrationspolitik mit zunehmendem Widerstand in der Regierung konfrontiert. In einer Antwort an Conte schrieb Salvini, dass der Premier allein die Verantwortung für die Landung der Minderjährigen übernehmen müsse und dass dieser Beschluss ein „gefährlicher Präzedenzfall“ sei. Die Gefahr sei, dass Italien als „einziger Verantwortlicher für die Aufnahme und die Versorgung aller minderjährigen Migranten im Mittelmeer oder auf der ganzen Welt“ betrachtet werde.

Der 46-jährige Salvini, der seit seinem Amtsantritt vor 14 Monaten einen strengen Einwanderungskurs verfolgt, bedauerte, dass Italien die Kosten für die Versorgung von Menschen übernehmen müsse, die - wie es sich später herausstellen könnte - kein Recht darauf haben. Salvini beklagte, dass EU-Länder, die sich zur Aufnahme von Italien gelandeten Migranten bereit erklärt hatten, dies noch nicht getan hätten.

In seinem Schreiben betonte Salvini, dass er im Zeichen der „loyalen Zusammenarbeit“ die Evakuierung der Migranten erlauben werde, er ändere jedoch nicht seinen Kurs in Sachen Migration. Seit Tagen beklagt der Lega-Chef und Vizepremier eine „Strategie“, um Italien zu zwingen, Rettungsschiffen seine Häfen wieder zu öffnen. Salvini sieht sich in der Regierung aus seiner Lega und der Fünf Sterne zunehmend isoliert.

„Explosion rückt näher“

Die Situation an Bord des spanischen Rettungsschiffs „Open Arms“ wird Augenzeugen zufolge immer kritischer. „Jede Sekunde, die vergeht, rückt die Explosion dieser Bombe näher. Entweder jemand schneidet jetzt das rote Kabel durch und deaktiviert sie, oder die „Open Arms“ wird explodieren“, warnte Kapitän Marc Reig mit Blick auf eine drohende Eskalation der Lage an Bord.

Die „Open Arms“ befindet sich seit Donnerstag in unmittelbarer Nähe der italienischen Insel, darf wegen des harten Kurses des rechten Innenminister Matteo Salvini aber nicht anlegen. Der spanische Fernsehsender RTVE zeigte am Samstag Bilder erschöpfter und aufgebrachter Migranten, die Land sehen, dieses aber nicht betreten dürfen. „Warum? Warum?“, rief ein Mann immer wieder. Kapitän Reig versuchte, ihn und andere resignierte Migranten zu beruhigen.

Salvini auf Twitter zynisch

„Die Menschen verlieren die Geduld und sind sehr nervös“, sagte eine Reporterin an Bord. Es sei schwer zu ertragen, die nur 800 Meter entfernte Insel nicht betreten zu dürfen. Einige Migranten hätten gedroht, ins Wasser zu springen.

Salvini twitterte derweil, er werde nicht nachgeben. „In den vergangenen 16 Tagen hättet ihr in aller Ruhe nach Spanien fahren können“, schrieb er mit Blick auf die spanische Herkunft der NGO Proactiva Open Arms. Sechs EU-Länder, darunter Deutschland und Spanien, hatten sich zuletzt bereit erklärt, Migranten zu übernehmen. Dennoch darf die „Open Arms“ bislang nicht in den Hafen einfahren.

Südlich von Sizilien wartete auch das Rettungsschiff „Ocean Viking“ mit 356 Migranten auf die Erlaubnis, in einen sicheren Hafen fahren zu können. Die Organisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen hatten die Menschen in mehreren Einsätzen in Sicherheit gebracht. (APA, dpa)

Unterstützer der "Open Arms" kritisieren das Vorgehen Italiens und Europas.
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