Südtirol-Wahl 2018

So hat Südtirol gewählt: SVP-Verluste, Debakel und Überraschungen

SVP-Spitzenkandidat und Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Chef Philipp Achammer.
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Die Südtiroler Landtagswahlen sind geschlagen und die SVP fällt auf einen neuen Tiefststand. Die Lega Nord und das Team Köllensperger sind die großen Sieger. Ein Debakel setzte es für die Freiheitlichen.

Bozen - Die Südtiroler Volkspartei (SVP) hat bei der Landtagswahl am Sonntag erneut Verluste hinnehmen müssen. Die seit 1948 regierende Partei erreichte laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis nur noch 41,9 Prozent der Stimmen, was ein Minus von 3,8 Prozentpunkten gegenüber 2013 bedeutet. Für die Südtiroler Freiheitlichen endete die Wahl in einem Desaster, stark zulegen konnte dagegen die rechte Lega.

Für die größte Überraschung sorgte jedoch der Bozner Unternehmer Paul Köllensperger, der mit seiner gleichnamigen Liste 15,2 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und damit den zweiten Platz erreichte. Die erst vor wenigen Monaten gegründete Bewegung des früheren Fünf-Sterne-Landtagsabgeordneten wird künftig mit sechs Mandataren im 35-köpfigen Landtag vertreten sein.

Am dritten Platz landete die in Rom regierende Lega von Innenminister Matteo Salvini. Sie erreichte 11,1 Prozent der Stimmen und erhält vier Landtagsmandate. "Unglaubliche Zahlen aus Südtirol", freute sich Salvini daher am Montag. Bei der zeitgleich in der angrenzenden Provinz Trentino stattfindenden Landtagswahl gewann seine ausländerfeindliche Lega nach ersten Ergebnissen die Mehrheit im Landtag.

Desaster für die Freiheitlichen

Eine vernichtende Niederlage mussten dagegen die deutschsprachigen Rechtsparteien einstecken. Die Freiheitlichen verloren zwei Drittel der Stimmen. Sie stürzten von 17,9 auf 6,2 Prozent ab und verloren damit beinahe zwei Drittel ihrer Wähler. Parteiobmann Andreas Leiter Reber sprach von einem "schwarzen Tag". Parteikollegin und Landtagsabgeordnete Ulli Maier bezeichnete das Ergebnis als "Desaster".

Auch die Süd-Tiroler Freiheit musste eines ihrer bisher drei Mandate einbüßen. Nach 7,2 Prozent im Jahr 2013 erreichte die Bewegung diesmal 6,0 Prozent.

Kompatscher spricht von "gutem Ergebnis"

Für die SVP war es nach dem Verlust der absoluten Mehrheit 2008 und der Mandatsmehrheit vor fünf Jahren bereits die dritte Niederlage in Folge. Dennoch sprach Landeshauptmann Arno Kompatscher, der im Vorfeld die 40-Prozent-Marke als Wahlziel ausgegeben hatte, am Montag von einem "guten Ergebnis".

Die Südtiroler Volkspartei habe ihre "Ausnahmestellung" als Partei der Mitte europaweit verteidigt. Die Stimmenverluste würden aber zweifelsohne "schmerzen", so Kompatscher. Hatte es 2013 mit 45,7 Prozent der Stimmen noch für 17 Mandate gereicht, kann die SVP im künftigen Landtag nur noch 15 der 35 Sitze beschicken.

"Orientierungsgespräche" mit anderen Parteien

In punkto Koalitionen wollten sich indes weder Kompatscher noch SVP-Chef Philipp Achammer festlegen. Man werde nun in "Orientierungsgespräche" mit anderen Parteien treten und dann die Parteigremien entscheiden lassen, mit wem es konkrete Verhandlungen geben solle. Die SVP-Spitze machte aber erneut klar, dass man mit jener Partei auf italienischer Seite kooperieren werde, die den größten Vertretungsanspruch für die Sprachgruppe geltend machen könne.

Die sozialdemokratische Partito Democratico (PD), bisheriger Koalitionspartner der SVP im Land, musste ein kräftiges Minus hinnehmen: Waren es vor fünf Jahren noch 6,7 Prozent und zwei Mandate, so kommt die Gruppierung nun nur noch auf 3,8 Prozent der Stimmen und ein Mandat. Eine Regierungszusammenarbeit mit der SVP ist somit dahin.

Paul Köllensperger (2.v.l) landete mit seiner gleichnamigen Liste bei der Südtiroler Landtagswahl einen Überraschungserfolg.
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Keine Koalition mit Team Köllensperger möglich

Am wahrscheinlichsten gilt, dass die SVP mit der Lega eine Koalition eingeht. Eine Zusammenarbeit mit dem Team Köllensperger kommt deshalb nicht in Frage, weil die Liste nur deutschsprachige Kandidaten in den Landtag schickt. Wegen des ethnischen Proporzes muss es aber ein italienisches Mitglied in der Landesregierung geben.

Die Grünen verloren bei der Wahl am Sonntag 1,9 Prozentpunkte, konnten aber mit 6,8 Prozent der Stimmen ihre drei Mandate im Landtag halten. Den Einzug geschafft haben mit jeweils einem Mandat auch die Fünf-Sterne-Bewegung (2,4 Prozent) und die Gruppierung L'Alto Adige nel cuore Fratelli D'Italia uniti (1,7 Prozent).

LH Kompatscher verlor bei Vorzugsstimmen

Nicht die Kandidatenreihung einer Partei, sondern die Vorzugsstimmen der Wähler entscheiden in Südtirol über den Einzug in den Landtag. SVP-Landeshauptmannkandidat Arno Kompatscher musste bei der Wahl am Sonntag Federn lassen. Er bekam insgesamt 68.210 Vorzugsstimmen, das sind 12.907 weniger als noch 2013. Grund dafür könnte aber auch eine Namensgleichheit mit einem anderen Kandidaten sein.

Auf der SVP-Liste kandidierte nämlich auch ein Franz Kompatscher. Zahlreiche Stimmzettel auf denen nur "Kompatscher" vermerkt wurde, hätten daher nicht zugeordnet werden können, erklärte der Landeshauptmann am Montag. Die zweitmeisten Vorzugsstimmen bei der Landtagswahl am Sonntag erhielt SVP-Obmann Philipp Achammer. 33.288 Südtiroler schrieben den Namen des 33-jährigen Landesrates auf den Wahlzettel.

Achamer überholte damit seinen Parteikollegen Arnold Schuler, der 2013 noch auf Platz 2 gelegen war und nun nur mehr 19.799 Vorzugsstimmen, 11.529 weniger als vor fünf Jahren, erhielt. Knapp dahinter folgt als erste Frau Waltraut Deeg. Die Landesrätin für Familie erhielt 16.760 Vorzugsstimmen und damit 4.532 mehr als 2013.

Erdrutschsieg für Köllensperger

Einen regelrechten Erdrutschsieg im Kampf um die Vorzugsstimmen gelang Paul Köllensperger. Der Spitzenkandidat des Team Köllensperger landete insgesamt an dritter Stelle aller vergebener Vorzugsstimmen und erhielt 29.530 persönliche Stimmen. 2013, als er noch für die Fünf-Sterne-Bewegung angetreten war, hatte Köllensperger 1.334 Vorzugsstimmen erhalten.

Deutliche Verluste hinnehmen musste die Spitzenkandidatin der Freiheitlichen Ulli Mair. Sie erhielt 9.030 Vorzugsstimmen, vor fünf Jahren waren es mit 31.175 noch mehr als dreimal so viel.

Die 35 Landtagsabgeordneten

  • SVP (15 Sitze): Arno Kompatscher; Philipp Achammer; Arnold Schuler; Waltraud Deeg; Daniel Alfreider; Franz Thomas Locher; Thomas Widmann; Josef Noggler; Maria Magdalena Hochgruber Kuenzer; Gerhard Lanz; Helmuth Renzler; Manfred Vallazza; Helmut Tauber; Jasmin Ladurner; Magdalena Amhof.
  • Team Köllensperger (6 Sitze): Paul Köllensperger; Alex Ploner; Franz Ploner; Josef Unterholzner; Maria Elisabeth Rieder; Peter Faistnauer.
  • Lega Nord (4 Sitze): Massimo Bessone; Giuliano Vettorato; Rita Mattei; Carlo Vettori.
  • Grüne (3 Sitze): Brigitte Foppa; Riccardo Dello Sbarba; Hanspeter Staffler.
  • Die Freiheitlichen (2 Sitze): Ulli Mair; Andreas Leiter Reber.
  • Süd-Tiroler Freiheit (2 Sitze): Sven Knoll; Myrian Atz Tammerle.
  • PD (1 Sitz): Sandro Repetto.
  • Fünf-Sterne-Bewegung (1 Sitz): Diego Nicolini.
  • L'Alto Adige nel cuore (1 Sitz): Alessandro Urzì.

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