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Auch Bayern haben genug vom Transit und sind für Lkw-Bremse

(Symbolfoto)
© Böhm

Das Land führte eine Umfrage in Oberbayern durch: Demnach unterstützt die Bevölkerung den Tiroler Anti-Transit-Kurs.

Von Manfred Mitterwachauer und Peter Nindler

Innsbruck – Zum Jahresende macht die Tiroler Landesregierung in der Verkehrspolitik noch einmal ernst: Das Wochenendfahrverbot für Transit-Lkw über 7,5 Tonnen wird vom 5. Jänner bis 9. März auch an Samstagen gelten. Damit soll die Verkehrs- und Versorgungssicherheit entlang der Inntal- und Brenner­autobahn an den stark belasteten Hauptreisetagen im Winter aufrechterhalten werden. Im Sommer gab es das Samstags-Fahrverbot bereits.

Das auf die Samstage ausgedehnte Wochenendfahrverbot ist Teil des Antitransitpaktes, um die heuer erwartete Rekordzahl von 2,4 Millionen Fahrten über den Brenner im nächsten Jahr einzubremsen. Noch vor Weihnachten, also bis Montag, soll der Verordnungsentwurf des Landes für das neue, verschärfte sektorale Lkw-Fahrverbot vorliegen und in Begutachtung geschickt werden. Im Kern geht es darum, dass künftig auch Lkw der neuesten Schadstoffklasse Euro 6 in die Fahrverbotsregelung aufgenommen werden. Darüber hinaus soll der Katalog an Gütern, die eben nicht mehr auf der Straße, sondern ausschließlich auf dem Schienenwege transportiert werden dürfen, ausgeweitet werden. Geplant ist, das sektorale Fahrverbot mit 1. August 2019 in Kraft treten zu lassen. So hat es zumindest der Landtag einstimmig in einem Grundsatzbeschluss verfügt.

Grund für diese Verschärfung ist bekanntlich, dass das derzeit gültige sektorale Fahrverbot nicht die erhoffte Reduktion an Transit-Lkw gebracht hat. Im Gegenteil: Die Zahl der Transitfahrten steigt unaufhörlich. Auch, weil die internationalen Frächter ihre Flotten sukzessive auf die neuesten, schadstoffärmeren Fahrzeuge umgestellt haben und somit das Fahrverbot legal zu umgehen wissen.

Nach wie vor setzt Tirol diesbezüglich auf den Dialog mit Brüssel. Fraglich bleibt natürlich, inwieweit das sektorale Lkw-Fahrverbot schließlich am Ende dieses Notifizierungsverfahrens wieder aufgeweicht werden könnte. Ohne die Hereinnahme der derzeit ausgenommenen Euro-6-Lkw kann die beabsichtige Reduktion des Transitschwerverkehrs nicht gelingen. Im Raum steht aber eine Ausnahme lediglich für die Euro-6-Unterkategorie „d“. Hier stellt sich dann aber – zumindest aus heutiger Sicht – das Problem der Kontrolle. Derzeit fehlen der Exekutive zur genauen Unterscheidung der Euro-6-Unterklassen a–d eindeutige und leicht ersichtliche Nachweise. Etwa in Form von Begleitpapieren oder dementsprechenden Plaketten.

In Kontakt ist das Land mit Brüssel bereits wegen eines ersten Koordinierungstreffens hinsichtlich der „Maut-Modellregion“. Für diese hatte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc Tirol kürzlich bei ihrem Stippvisite im Brennerbasistunnel ihre Unterstützung zugesagt. Beamte der Kommission sollen zusammen mit Experten aus dem Landhaus die Möglichkeit und Ausgestaltung ebendieser ausloten und bis März 2019 einen dementsprechenden Vorschlag bzw. Zwischenbericht vorlegen. Das Treffen auf Beamtenebene soll noch vor Jahreswechsel stattfinden. Für Tirol ist diese Modellregion nichts anderes als die Korridormaut zwischen München und Verona. Knackpunkt bleibt hier Bayern.

Apropos Bayern: Die Tiroler Landesregierung hat im Oktober verkehrspolitisch auf fremdem Terrain gewildert. Von Bayerns Landesregierung und den Frächterverbänden kam immer wieder Kritik an der Tiroler Verkehrspolitik. In einer Umfrage – 1000 Befragte ab 18 Jahren – ließ das Land Tirol vom Wiener Meinungsforschungsinstitut „Demox Research“ jetzt die Stimmung im bayerischen Oberland (u.a. Garmisch), in Südost-Bayern (Landkreis Rosenheim), München, Region München sowie Ingolstadt erheben. Das Ergebnis ist eindeutig, die Bevölkerung in Bayern ist ebenfalls bereits „verkehrssensibilisiert“. Sie fordert zum einen, dass der Lkw-Verkehr beschränkt werden sollte (78 Prozent), andererseits wird bereits auf Belastungen (54 Prozent) hingewiesen.

90 Prozent der Befragten bringen Verständnis für die von Tirol angestrebten Maßnahmen auf der Brennerachse auf, für 77 Prozent sind sie gerechtfertigt. Auch der Druck auf die bayerische Regierung steigt. 80 Prozent erwarten sich, dass die bayerische Politik etwas unternimmt, um den Schwerverkehr einzudämmen.

Wo es noch Nachholbedarf aus Tiroler Sicht gibt, ist der Brennerbasistunnel. Der 55 Kilometer lange Eisenbahntunnel soll bekanntlich nach seiner Fertigstellung 2026

2027 das Leuchtturmprojekt für die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene sein. Ein Wermutstropfen für Tirols Verkehrsreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne). „In dieser Frage ist auch klar die deutsche Politik gefordert, indem sie auf die Forderungen ihrer Bevölkerung eingeht, ein klares Bekenntnis zur Verlagerungspolitik auf die Schiene abgibt und die Umsetzung der Zulaufstrecken vorantreibt.“ Positiv hebt sie hervor, dass es in Bayern ein breites Verständnis für die verkehrsbeschränkenden und verkehrslenkenden Maßnahmen Tirols gibt. „Es wird auch in Bayern einmal mehr der Wunsch nach einer Reduzierung des Schwerverkehrs deutlich.“

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) freut sich über den Rückenwind aus der Bevölkerung. „Während wir für unsere entschlossenen Maßnahmen zur Transitbekämpfung – allen voran für die Blockabfertigungen an der österreichisch-deutschen Grenze bei Kufstein – regelmäßig von der bayerischen Politik gescholten werden, zeigt die bayerische Bevölkerung vollstes Verständnis dafür.“ Wenn 80 Prozent der Bürger Oberbayerns in der Reduzierung des Schwerverkehrs in Bayern eine zentrale Aufgabe der Politik sehen, seien die Verantwortlichen in München gefordert: Platter: „Der Befund ist eindeutig. Ich gehe deshalb davon aus, dass sich die Politik in Bayern dieser mehr als eindeutigen Meinung der eigenen Bevölkerung nicht verschließen wird.“

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