Landespolitik

Harter Eingriff in Wohnungsmarkt soll in Tirol Trendumkehr einleiten

„Wohnen neu denken“: darüber diskutierten VP-Klubchef Jakob Wolf, Wohnbaulandesrätin Beate Palfrader, Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi und Neue-Heimat-Geschäftsführer Hannes Gschwentner (v.l.).
© Mitterwachauer

Grundsteuer-Anhebung, Interessentenmodell, Vorbehaltsflächen: Der aus den Fugen geratene Grundstücksmarkt benötige spürbare Gegenmaßnahmen.

Von Manfred Mitterwachauer

Innsbruck –Eine im Jahr 2013 erbaute Innsbrucker Wohnanlage in Hötting. Von knapp 150 Wohnungen seien nur 21 bewohnt. Der Großteil befinde sich in den Händen aus- wie inländischer Immobiliengesellschaften. Es sind Beispiele wie dieses, welches Neue-Heimat-Tirol-Chef Hannes Gschwentner gestern darlegte, die die Volksseele kochen lassen. Oder jene 3,70 Euro, welche für ein gewidmetes Bauland in Igls von seinem Besitzer an Grundsteuer zu zahlen seien – pro Jahr. Letzteres führt Bürgermeister Georg Willi (Grüne) ins Treffen.

Erstmals lud die NHT gestern zur „Zukunftswerkstatt“, einer Dialogreihe, die sich mit dem komplexen Thema Wohnen auseinandersetzen soll. Dem, was da Wohnbau-Landesrätin Beate Palfrader, Willi, Gschwentner und der Umhausener BM und VP-Klubchef Jakob Wolf (in Vertretung von Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf) am Podium diskutierten, lauschten im Publikum Vertreter von Regierung wie Opposition im Landtag, die Stadtpolitik und gemeinnützige Bauträger.

Dass der Grundstücksmarkt aus den Fugen geraten ist – darin waren sich gestern alle einig. Auch, dass es nun Aufgabe der Politik sei, hier regulierend einzugreifen. „Dass der freie Markt das Wohnen regeln soll, wird nicht funktionieren. Die Politik muss hart eingreifen, auch wenn es manchen wehtun wird“, ließ Palfrader erst gar keine Zweifel aufkommen, dass sie auf die vollständige Umsetzung des im Jänner von Schwarz-Grün verabschiedeten „Wohnpakets“ beharren wird.

Dass die Gemeinnützigen weit mehr als die knapp 1300 neuen Wohnungen pro Jahr bauen könnten, davon ist Gschwentner überzeugt. Helfen soll ihnen dabei das geplante Interessentenmodell im Baulandgrundverkehr, gegen das die Wirtschaftskammer mobil macht. Somit kämen auch die Gemeinnützigen wieder zu erschwinglichen Baugründen, verweist Gschwentner auf Auswüchse wie Baulandpreise von 800 bis 1000 €/m² in Absam. Preise, die vor gut acht Jahren nur in Innsbruck fällig gewesen wären: „Da müssen alle Alarmglocken läuten.“ Neben einer Reduktion bei den Baustandards und -normen fordert der NHT-Chef aber auch die Landeshauptstadt auf, ihre architektonischen Gestaltungswünsche auf ein realistisches Maß zu reduzieren. Was Gschwentner den Zuruf von Ex-Planungsstadtrat Gerhard Fritz (Grüne) einbrachte, dass Architekturwettbewerbe nicht zu den Preistreibern zählten. Für Fritz gehöre vielmehr der derzeit bei über 40 Quadratmetern liegende durchschnittliche Wohnbedarf pro Person in den Planungen nach unten geschraubt.

Helfen könnte auch eine Anhebung der Grundsteuer. Der Gemeindeverband verlangt seit Langem, die Einheitswerte auf Höhe der Zeit anzuheben. Auch sollte für Baugründe, die aber noch landwirtschaftlich genutzt werden, die höhere Grundsteuer B (statt A) gelten. Derzeit lägen die Einnahmen der Gemeinden bei 66 Mio. € (Grundsteuer B) und nur knapp einer Mio. € (bei A). Willi spricht sich hier entweder für Rückwidmungen oder eben spürbar höhere Steuersätze aus: „Es braucht eine politische Preisbremse.“ Letztlich könnte dies den Baulandüberhang mobilisieren helfen. Wolf wäre einer Steuererhöhung nicht abgeneigt, verweist aber auch auf bereits bisher mögliche Mittel wie Vertragsraumordnung, Vorbehaltsflächen oder vorgezogene Erschließungskosten. Das Interessentenmodell könne, müsse aber nicht in allen Gemeinden funktionieren.

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