Tirol

Klimawandel in der Tiroler Koalition? Nicht mit Schwarz-Grün II

Schwarz-grüne Strippenzieher: LH Platter, LHStv. Felipe sowie die Klubobleute Wolf und Mair.
© Müller

Vor gut einem Jahr wurde Schwarz-Grün II angelobt. Vieles sei getan, mehr soll noch kommen, lautet die Regierungsbilanz. 2019 wird zum Reformjahr ausgerufen.

Von Manfred Mitterwachauer

Innsbruck — Die Stimmung sei gut, das Arbeitstempo passabel. Kurz: Das Klima innerhalb der Koalition könnte zurzeit nicht besser sein. Und vorerst ist auch kein Thema erkennbar, das einen Klimawandel innerhalb von Schwarz-Grün II heraufbeschwören könnte.

Gemeinsam, wenngleich nicht im Gleichschritt, kamen LH Günther Platter, LHStv. Ingrid Felipe sowie die beiden Klubobleute Jakob Wolf (VP) und Gebi Mair (Grüne) gestern ins Innsbrucker Haus der Musik. Wo sie Bilanz über das erste Jahr „Schwarz-Grün II" zogen. Wenig überraschend eine positive. Am 28. März 2018 war die Neuauflage dieser Regierungskoalition angelobt worden, nachdem die vorangegangene Wahl mit Zugewinnen für die ÖVP und einem kleinen Minus für die Grünen geendet hatte.

Platter ließ erst gar keinen Zweifel daran, dass man in den thematischen Schwerpunkten Wohnen und Verkehr bis Jahresende das umsetzen wolle, was dem Grundsatz nach bereits beschlossen ist. Also schärfere Fahrverbote und weniger Schwerverkehr auf der einen, mehr leistbaren Wohnraum auf der anderen Seite. Wenngleich Platter einschränkend auf die — da wie dort — Notwendigkeit einer engen Abstimmung mit der EU bzw. den Nachbarstaaten verwies. Auf den Weg gebracht habe man einiges, so die Regierung — und dennoch soll das laufende Jahr das „Jahr der Reformen" sein. Platter nannte exemplarisch die Reformen im Spitalswesen, dem Pflegebereich oder bei den Öffis.

Letztlich seien es eben die Ergebnisse, nicht die Ankündigungen, die zählen würden bzw. sollen, merkte Felipe an. Und so gelte es, Allianzen für das ein oder andere Ziel zu schmieden. Koalitionsintern wie auch außerhalb des Landhauses und der Landesgrenzen.

Nicht gesucht, aber gefunden wollen sich auch die beiden Klubobleute Wolf und Mair im sechsten Jahr der Regierungsarbeit haben. „Strenge Rechnung, gute Freunde", lässt da Mair als Motto durchblitzen. Zumindest auf der grünen Habenseite findet der koalitionsintern erst durch allergrößte Mühe gefundene Kompromiss zur Fortschreibung der Seilbahngrundsätze in der Regierungsbilanz gestern keinen Niederschlag. Jedoch auch nicht bei der ÖVP. Auch das dürfte die derzeitige Großwetterlage in der Koalition widerspiegeln. Nachgetreten wird — vorerst — nicht.

Verkehr:

Anti-Transit-Pakt: Einstimmig verabschiedete der Tiroler Landtag 2018 einen neuen Anti-Transit-Pakt. Einzelne Punkte wie die Verschärfung diverser Lkw-Fahrverbote (sektorales, Nacht-, Euroklassen) sind bereits in Begutachtung und sollen beginnend mit 1. August (jedoch mit großer zeitlicher Staffelung bis 2023) umgesetzt werden.

Offen bleibt, ob die EU auch zu alldem ihren Sanktus gibt. Von der Forderung nach einer Korridormaut von Rosenheim bis Verona ist Tirol meilenweit entfernt. Einer Lösung harrt auch die Verkehrssituation im Außerfern: Kommen Straßenmaut, Bahntunnel oder Fernpassscheiteltunnel?

Wohnen

Wohnpaket: Leistbares Wohnen war der Kassenschlager über alle Fraktionen im Landtagswahlkampf 2018. Nur: wie? Die Landesregierung will an vielen Hebeln gleichzeitig ziehen. Einerseits wurden und werden die Wohnbauförderung und die Mietzinsbeihilfe reformiert, andererseits wird versucht, Investorenmodelle zurückzudrängen und den Baulandgrundverkehr durch ein Interessentenmodell sowie Vorbehaltsflächen zu beschränken.

Weniger die Grünen als vielmehr die ÖVP sieht sich hier innerparteilichem Widerstand von Wirtschafts- wie Landwirtschaftskammer gegen¬über. Der Gesetzwerdungsprozess läuft.

Energie

Tirol 2050: Für innerkoalitionäre Brösel dürfte noch die Energiestrategie des Landes sorgen. Im Programm „Tirol 2050" hat man sich darauf geeinigt, in gut 30 Jahren die Energiewende zu schaffen. Also: weg mit den fossilen Brennstoffen, hin zur Autonomie mittels erneuerbarer Energieformen. Dass dafür alle nur denkbaren Ressourcen in Tirol ausgeschöpft werden müssten, ergab jüngst eine Studie.

Während die ÖVP darin die Bestätigung sieht, dass an einem Ausbau der Wasserkraftwerke kein Weg vorbeiführt, wollen die Grünen dies vielmehr als Auftrag verstanden wissen, alle Kraft in die Photovoltaik zu stecken.

Tourismus

Seilbahnprogramm: Es war der erste wirklich große Prüfstein für Schwarz-Grün II: die Neufassung des Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogramms, das Ende 2018 ausgelaufen wäre. Ist es aber nicht. Denn quasi um 5 vor 12 einigte sich Schwarz-Grün darauf, die Grundsätze eben nicht neu zu fassen.

Der heftig kritisierte Begutachtungsentwurf wurde kurzerhand zugunsten einer nur marginal adaptierten Fortschreibung des Programms und der Koalitionsräson verworfen. Dass es indes mit der Tourismusgesinnung im Land nicht zum Besten steht, musste sich selbst die ÖVP eingestehen.

Das sagt die Opposition

SPÖ-Parteichef Georg Dornauer: „Diese Landesregierung beschränkt sich auf Überschriften und lauwarme Worte. Schwarz-Grün II hat weder Gestaltungsanspruch noch Umsetzungsstärke, die Luft ist heraußen. Das angekündigte Wohnpaket ist bereits vor der ersten Regierungsvorlage Geschichte — weil sich ÖVP und Grüne den Interessen der Wirtschaft beugen. Für das Land wäre es besser, wenn die SPÖ mitregieren würde. Das weiß auch Günther Platter."

Liste-Fritz-Parteiobfrau Andrea Haselwanter-Schneider: „Die Landesregierung hat ihre Politik fortgesetzt: Es gibt Ankündigungen und Überschriften, aber inhaltlich bedeutet das Stillstand. Für die Opposition hat sich nichts geändert. Unsere Anträge werden ausgesetzt, unsere Initiativen und Vorschläge blockiert. Dabei sollte die Regierung wissen, dass das kein Selbstzweck ist, sondern wir wollen etwas für die Bevölkerung weiterbringen."

FPÖ-Parteiobmann Markus Abwerzger: „Das Land wird von der schwarz-grünen Landesregierung verwaltet, nicht mehr. Denn in den zentralen Fragen wie Wohnen und Verkehr herrscht Stillstand. Bei vielen Regierungsmitgliedern hat man zwischenzeitlich das Gefühl, sie sind amtsmüde. Dieses Gefühl habe ich übrigens auch bei LH Günther Platter. Deshalb geht auch nicht wirklich etwas weiter. Schwarz-Blau hätte Tirol gutgetan, wir hätten etwas bewegen können."

NEOS-Landessprecher Dominik Oberhofer: „Schwarz-Grün II? Da ist wahrlich noch nicht viel weitergegangen. Ich frage mich schon, wann die Volkspartei und die Grünen endlich ihre Wahlversprechen einlösen. Bei den großen Themen wie Verkehr und Wohnen hat die Opposition mitgearbeitet und Unterstützung zugesagt, doch in der Umsetzung hapert es gewaltig. So gesehen ist im ersten Jahr noch nicht viel passiert."

Verwandte Themen