Wohnen trotz Bahnlärm in Wörgl „geht nur mit Widmungstrick“
NHT plant in Wörgl Wohnanlage neben Bahngleisen, Umwidmung ermöglicht höhere Lärmgrenzen. Grüne kritisieren Stadt und fordern Schutz.
Jasmine Hrdina
Wörgl –Was nicht passt, wird passend gemacht. In Wörgl verlaufe dies nicht immer zum Besten der Einwohner, wie die grüne Fraktion kritisiert. So bemängeln GR Christine Mey und GR Richard Götz (Wörgler Grüne) den jüngsten Gemeinderatsbeschluss zugunsten einer Wohnanlage zwischen Augasse, Bahngleisen und Wörgler Bach. Die Neue Heimat Tirol (NHT) hat das Areal von den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) erworben und plant dort, eine Wohnanlage zu errichten. Dafür sei es direkt neben den Gleisen aber viel zu laut, weil keine Lärmschutzwand vorhanden ist, kritisieren die Wörgler Grünen. Damit das Projekt dennoch umgesetzt werden kann, habe die Stadtführung der NHT mit einem „Widmungstrick“ unter die Arme gegriffen, so der Vorwurf der beiden Kommunalpolitiker.
Per Gemeinderatsbeschluss vom 19. Februar wurde das Grundstück vom Wohn- zum Mischgebiet umgewidmet. Damit seien nun Lärmspitzen am Tag von bis zu 65 Dezibel erlaubt, in einem reinen Wohngebiet wären maximal 50 Dezibel legal.
Laut einem Gutachten sind trotz geplanter Schutzmaßnahmen immer noch Messwerte von bis zu 51,4 Dezibel am Tag und 50,1 Dezibel in der Nacht zu erwarten. „Diese Widmung erfolgte einzig und allein, um die geforderten Schallschutzrichtwerte einzuhalten. Hier wurde zu Gunsten der Neuen Heimat Tirol und der ÖBB entschieden und zu Lasten der künftigen Mieter“, kritisiert Götz. „In Zeiten wie diesen sollte man schon Wohnbau machen, der nicht gesundheitsschädigend ist“, schimpft Wörgls Grünenchefin GR Christine Mey.
Überrascht über diese Aussagen zeigt sich NHT-Geschäftsführer Hannes Gschwentner. Man halte sich an die Baunormen, die auch die Grenzwerte vorgeben. „Im Regelfall werden diese sogar unterschritten“, so Gschwentner auf Anfrage der TT. In Kundl habe man vor zwei Jahren 56 Wohnungen direkt neben der Bahn übergeben. Bis heute hätte es keine Beschwerden über Lärm gegeben, erklärt der Chef der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft.
Auch Bürgermeisterin Hedi Wechner verweist in diesem Zusammenhang auf die lärmmindernden baulichen Maßnahmen, die im Zuge der Umwidmung vorgeschrieben wurden – darunter ein vorgeschobener Laubengang Richtung Gleise, die Exposition der Wohnungen Richtung Süden, flankierende Schutzwände an den Balkonen und Lärmschutzfenster. Für jegliche Maßnahmen sei jedenfalls die NHT als Bauwerber zuständig, heißt es von Seiten der ÖBB.
Unabhängig vom Wohnprojekt fordern Götz und Mey, dass die ÖBB die Schallschutzmauer ausbauen. Derzeit ist diese vom Bahnhof Richtung Westen auf 200 Metern unterbrochen (Berger Logistik bis zur Augassensiedlung). Es betreffe Hunderte Bewohner in der Augasse und der Poststraße, so Götz. Zumal der Zugverkehr – und damit der Lärm – in den kommenden Jahren zunehmen werde.