Transitstreit

Höhere Maut ist kein Tabu mehr: Platter fährt zu Verkehrsgipfel

Tirols LH Günther Platter (VP).
© Thomas Böhm

Nach einer Verhandlungsrunde auf Beamtenebene in Berlin nimmt LH Günther Platter nun doch beim von Deutschlands Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) angeregten Verkehrsgipfel zur Brennerachse in Berlin teil. Bayern will jetzt zumindest über die Lkw-Korridormaut reden.

Innsbruck — Hitzig wird es am Donnerstag in Berlin jedenfalls: Bis zu 35 Grad sind in der deutschen Hauptstadt angesagt, der Transitstreit zwischen Deutschland, Bayern und Tirol heizt das Klima ohnehin schon auf. Was am Ende herauskommt, weiß derzeit niemand: Jedenfalls erwartet sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) beim Verkehrsgipfel mit dem deutschen Verkehrsminister Andreas Scheuer und dessen österreichischem Amtskollegen Andreas Reichhardt einen Fahrplan für eine höhere Lkw-Maut auf der Brennerachse. „Und zwar am 430 Kilometer langen Korridor von München bis Verona."

"Einseitige Kriegserklärung"

Gestern wurden einmal die Verhandlungslinien abgesteckt; bei der Expertenrunde in Berlin, beim Gespräch zwischen Verkehrsreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) in München mit ihrem bayerischen Amtskollegen Hans Reichhart und bei der Lkw-Blockabfertigung in Kufstein/Kiefersfelden. Dort trommelte nämlich die Bundestagsabgeordnete und Verkehrssprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Daniela Ludwig, auf der Autobahn aktionistisch gegen Tirol. Und gegen die einseitigen „Kriegserklärungen" mit den Blockabfertigungen, den Durchfahrtssperren in den Dörfern und den Lkw-Fahrverboten. Ludwig gilt als Scharfmacherin in Verkehrsfragen. Für Platter ist es jedoch „irrelevant", was Ludwig sage.

Platter wird über bisherige Maßnahmen nicht verhandeln

Im Gegensatz zur Autobahn, wo Ludwig stand, kamen gestern aus den politischen Büros offensichtlich versöhnlichere Töne. Nach dem gestrigen Expertengespräch geht Platter im Transitstreit von „Bewegung in Deutschland" aus. Deshalb fährt Platter auch nach Berlin. Wobei sein Ziel die kurzfristige Umsetzung der Korridormaut für Lkw am Brenner ist. Er werde sich aber nicht scheuen, Klartext zu sprechen, sollte bei dem Treffen nichts herauskommen, sagte der Landeshauptmann am Montag. „Über das bisherige Maßnahmenpaket werde ich sicher nicht verhandeln." Italien lässt Platter nicht aus dem Spiel, denn für eine höhere Maut benötigt es naturgemäß das Entgegenkommen aus Rom. Insgesamt zieht es sich, das weiß Platter nur zu gut von den vorangegangenen Treffen. Deshalb wird es von Platter in Berlin keine Symbol-Unterschriften auf Papiere ohne Inhalte geben. „Einen Fahrplan für die Korridormaut wird es geben müssen."

Bei der Korridormaut geht es um die Anhebung der Lkw-Tarife auf Tiroler Niveau von 80 Cent pro Kilometer. Verkehrsreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) und Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart haben gestern in „intensiven, aber konstruktiven Gesprächen" bereits konkrete Schritte für die Prüfung einer Korridormaut vereinbart. „Unsere Experten werden Vorschläge liefern, wie die Mauttarife angehoben werden können." Auf der weiteren Agenda von „verkehrsentlastenden Maßnahmen" stehen am Donnerstag laut Platter die Förderung und der Ausbau der Rollenden Landstraße (RoLa) — u. a. Reaktivierung des Terminals Regensburg — und mehr Tempo bei den Zulaufstrecken für den Brennerbasistunnel.

Um Lkw-Mautzuschläge, verbesserte Rahmenbedingungen für den Gütertransport auf der Schiene und attraktive Bahnverbindungen zwischen München bzw. Rosenheim und Innsbruck sowie im Außerfern nach Bayern ging es zudem am Montagachmittag in der bayerischen Landeshauptstadt. Wie Platter ortet Ingrid Felipe ein gewisses Interesse an verkehrsentlastenden Schritten bei Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart. „Weil das bayerische Inntal ebenfalls vom Verkehr massiv belastet ist und eine Entlastung nur durch Kostenwahrheit im Gütertransport auf der Straße möglich ist. Und nicht durch den Bau neuer Straßen." Vor allem die Lkw-Blockabfertigungen seien den Bayern ein Dorn im Auge, erklärte Felipe nach dem Gespräch in München. „Mit verkehrslenkenden und -entlastenden Maßnahmen hofft Bayern, dass es das Dosiersystem, das zu Rückstaus im bayerischen Inntal führt, nicht mehr benötigt."

Platter tastet erstmals das Dieselprivileg an

Das von Deutschland immer wieder kritisierte Diesel­privileg in Österreich, das zu einem zusätzlichen Lkw-Umwegtransit durch Tirol von rund 300.000 Fahrten pro Jahr führt, bleibt vor allem in Österreich eine heiße Kartoffel. Wenngleich Platter erstmals das Thema offensiv und zugleich vorsichtig angehen möchte. Natürlich befeuere der günstige Diesel die Benutzung der Brennerachse, „deshalb bin ich hier in Gesprächen mit der Bundesregierung". Nur: Als wirksamstes Mittel gegen die steigende Transitbelastung bezeichnet Platter die Korridormaut mit Tarifen von durchschnittlich 80 Cent pro Kilometer — also eine Anhebung auf Tiroler Niveau — auf der 430 Kilometer langen Brennerstrecke von München nach Verona.

Der Brennergipfel in Berlin am Donnerstag ist das eine, die Gespräche mit dem italienischen Verkehrsministerium sind das andere. Hier gibt es seit Monaten Absichtserklärungen und die Aussicht auf Umweltaufschläge, zumal ja die Konzession für die Brennerautobahn an Südtirol/Trentino übergeht. Nur so richtig weitergegangen ist bisher noch nichts.

Schlussendlich drohen diverse Klagen beim Europäischen Gerichtshof: gegen die Lkw-Blockabfertigung und die Ausweitung der Lkw-Fahrverbote bzw. das verschärfte sektorale Fahrverbot. (pn)

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