Osttirol

Zusammenarbeit und Zuzug: Vier Gemeinden, ein Lebensraum

Die Bürgermeister Josef Außerlechner, Matthias Scherer, Johann Windbichler und Johannes Obererlacher (Bildmitte, v. l.) setzen mit Vertretern der Arbeitsgruppen und Prozessbegleitern auf eine gemeinsame Talschaft.
© Christoph Blassnig

Die drei Gemeinden im Osttiroler Gailtal und die Kärntner Gemeinde Lesachtal setzen auf Zusammenarbeit und Zuzug, um einer jahrelangen negativen Bevölkerungsentwicklung entgegenzuwirken.

Von Christoph Blassnig

Lesachtal, Kartitsch, Obertilliach, Untertilliach –Die drei Osttiroler Gemeinden Kartitsch, Obertilliach und Untertilliach und ihre Kärntner Nachbargemeinde Lesachtal wollen zu einem Lebensraum zusammenwachsen. Noch hat das Projekt keine konkretere Bezeichnung als diese Beschreibung des Vorhabens. „Wir werden einen Namen finden“, gibt sich der Sprecher der vier Bürgermeister, Johann Windbichler aus Lesachtal, optimistisch. „Wir gehen jetzt einmal mit Enthusiasmus in unsere Zusammenarbeit. Der Name folgt.“

Die vier Bürgermeister, die Leiter von vier gemeindeübergreifenden Arbeitsgruppen und die Projektverantwortlichen der Kooperation Raumschmiede, Raumplaner Thomas Kranebitter, Landschaftsplaner Gerald Altenweisl und die Markenentwicklerin Petra Wolffhardt, haben zu einem Zwischenbericht über ihre Tätigkeit geladen.

„Im Jahr zählen wir acht bis zehn Geburten, dem gegenüber stehen zehn bis 15 Todesfälle. Die Abwanderung kommt noch dazu“, skizzierte der Kartitscher Ortschef Josef Außerlechner eine Tendenz, die alle vier Gemeinden betrifft. „Also stellt sich uns die Frage: Organisieren wir den Rückbau, oder schaffen wir ein attraktives Klima für Zuzügler.“ Der Obertilliacher Bürgermeister Matthias Scherer legte weitere Zahlen vor. Im Tal von Tassenbach bis Kötschach leben 3069 Einwohner. 1370 davon sind erwerbstätig, mehr als die Hälfte von ihnen muss jedoch zum Arbeitsplatz auspendeln. Seit dem Jahr 2003 nahm die Bevölkerung um 13,7 Prozent ab. Im Zeitraum von 2005 bis 2019 nahm der Anteil der Einwohner im Alter von 0 bis 44 Jahren um etwas mehr als ein Viertel ab. Die Zahl der 45- bis 75-Jährigen dagegen stieg um 15 Prozent. Scherer: „Wir ermutigen daher einerseits zu Zuwanderung, andererseits wollen wir unserer Jugend eine lebenswerte Zukunft in ihrer Heimat möglich machen.“

Eine erste Initiative dazu ist im Vorjahr erfolgreich angelaufen: Jede der Gemeinden organisierte eine einwöchige Sommerbetreuung für die Kinder im Tal. Aus den jeweils anderen Ortschaften gelangten die Kinder selbstständig mit dem öffentlichen Nahverkehr dorthin. Ähnliche Kooperationen sind für die Arbeitsgruppen etwa im Bereich der Wirtschaft vorstellbar. So könnten etwa die insgesamt zehn Tischlereibetriebe beim Materialeinkauf gemeinsam auftreten oder vielleicht einen Großauftrag an Land ziehen, für den ein Unternehmen allein nicht die Kapazität hätte.

57 landwirtschaftliche Betriebe stehen ohne Nachfolge da. „Wir wollen informieren und anhand von positiven Beispielen aufzeigen, dass ein Besitzerwechsel zur Belebung und zu neuem Erfolg führen kann“, erklärten die vier Bürgermeister. In Kartitsch sind praktisch alle Liegenschaften bereits mit Lichtwellenleitern für schnelles Internet ausgestattet. Die anderen Gemeinden wollen den Vollausbau in ein bis zwei Jahren schaffen.

Zur Kommunikation hat man sich auf die halbjährliche Herausgabe eines Talschaftsblattes verständigt. Am 9. November findet ein Talschaftsfest statt. Dort werden alle Einzelinitiativen der gesamten Talbevölkerung vorgestellt und können von den Besuchern bewertet werden. Eine Onlineplattform soll für Einheimische und Gäste gleichermaßen alle Informationen anbieten, vom Hausbau bis zum Wanderweg.

Für drei Jahre soll sich ein hauptberuflicher Regionalmanager um die Umsetzung aller Vorhaben kümmern. Die Kooperation Raumschmiede zieht sich dann mit Jahresende vom Projekt zurück.

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