Gletscherehe

Gletscherehe Pitztal/Ötztal: Schwarz-Grün will sich nur nicht einmischen

Der Tiefenbachlift am Tiefenbachferner in Sölden. Die geplante Gletscher-Ehe Ötztal-Pitztal erhitzt die Gemüter.
© Thomas Boehm / TT

Die Koalitionsspitzen von VP und Grünen sichern das Umweltverfahren für die Gletscherehe ohne Einflussnahme zu. Am Dienstagabend wird beim TT-Forum in Imst über die umstrittene Verbindung der Skigebiete am Pitztaler und Ötztaler Gletscher diskutiert.

Von Peter Nindler

Innsbruck — Für die schwarz-grüne Landesregierung ist es ein Elchtest. Vor allem die Grünen lehnen das vorliegende Projekt für die Verbindung der Skigebiete am Pitztaler und Ötztaler Gletscher ab. Im ersten Koalitionspakt 2013 wurde politisch nämlich lediglich davon ausgegangen, „dass der Mittelbergferner maximal überspannt wird".

Das 2016 eingereichte Vorhaben sieht hingegen drei Seilbahnen und 64 Hektar Pistenflächen vor. Das „findet" Umweltreferentin und LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) „schon sehr groß". Dennoch: „Das Projekt wurde so beantragt, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wird auf dieser Basis durchgeführt. Transparent und objektiv", wie Felipe hinzufügt. Und sie verweist darauf, „dass wir deshalb das Verfahren in den vorjährigen Regierungsverhandlungen außer Streit gestellt haben". Es gebe keine politische Einflussnahme. „Die Umweltabteilung erstellt den Bescheid."

© Bergbahnen Sölden, Grafik: TT

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser (VP) erwartet sich allerdings klare politische Aussagen und kein Verstecken hinter der UVP. ÖVP-Chef und Landeshauptmann Günther Platter macht jedoch auch aus seiner Sicht mehr als deutlich, dass sich „die Politik nicht in ein laufendes Verfahren einzumischen" hat. Während sich die Touristiker ein Bekenntnis Platters zur Gletscherehe wünschen, fordern Naturschutzorganisationen einen Stopp des Projekts.

Darüber dürfte heute um 19.30 Uhr beim TT-Forum im Stadtsaal Imst („Gletscherehe Pitztal/Ötztal: Zukunftschance oder Umweltsünde?") intensiv diskutiert werden.

Schwarz-Grün will sich nur nicht einmischen

Die Touristiker setzen die Tiroler ÖVP unter Druck, die Naturschutzorganisationen und NGOs die Grünen. Bereits im Vorjahr löste der zwischenzeitlich auf Eis gelegte Zusammenschluss Hochoetz-Kühtai heftige Debatten in der schwarz-grünen Landesregierung über Belastungsgrenzen in Tourismusregionen aus, die geplante Gletscherehe Pitztal-Ötztal hat diese verstärkt.

In der heutigen Regierungssitzung wird wohl einmal mehr darüber diskutiert werden, stellt ÖVP-Wirtschaftsbundobmann und Seilbahnsprecher NR Franz Hörl doch bereits die Koalitionsfrage. Hörl wirft dem grünen Koalitionspartner illoyales Verhalten vor, weil er offen gegen das vorliegende Projekt auftritt und für die Online-Petition des Naturschützers Gerd Estermann wirbt. Die spricht sich ebenfalls dagegen aus.

Daten und Fakten zur Verbindung der Gletscherskigebiete Pitztal/Ötztal

  • 132-Millionen-Projekt. In die Projektplanung für die Verbindung der Skigebiete am Pitztaler Gletscher sowie für die Vorbereitung der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden bisher drei Millionen Euro investiert. Die Kosten der Gletscherehe werden mit 132 Mio. Euro veranschlagt.
  • 64 Hektar neue Pisten. Durch die Realisierung sollen 64 Hektar neue Pisten geschaffen werden. Für 58 Hektar benötige es keine Baumaßnahmen, so die Projektbetreiber.
  • Petition. Die Online Petition gegen die Gletscherverbauung, die Naturschützer als massiven Eingriff kritisieren, haben bisher 145.000 Personen unterstützt.

Die Grünen wiederum vertreten den Standpunkt, dass sie keineswegs die Koalitionslinie verlassen. „Der geplante Zusammenschluss wird nach einem rechtsstaatlichen Verfahren durchgeführt. In der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) werden die jeweiligen Interessen, aber nicht die politischen Wünsche, sachlich erörtert", betont Umweltreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne). Sie bzw. die Regierung wird aber vor der Veröffentlichung des UVP-Bescheids von der Umweltabteilung informiert.

LHStv. Ingrid Felipe, Grüne (Umweltreferentin): "Der geplante Zusammenschluss wird nach einem rechtsstaatlichen Verfahren durchgeführt.“
© Thomas Boehm / TT

Inhaltlich können die Grünen mit der Dimension des Vorhabens mit drei Seilbahnen, einem Skitunnel, dem Abtragen eines Berggrats um 36 Meter, 64 Hektar Pistenflächen und einem Speicherteich (104.000 m³) jedoch nichts anfangen. Politisch haben sie sich mit der ÖVP 2013 „maximal" auf eine Überspannung geeinigt. „Aber schlussendlich obliegt es den Projektbetreibern, was sie zur UVP einreichen", sagt Felipe. Ihre Aufgabe sei es lediglich darauf zu achten, dass ein qualitätsvolles Verfahren ermöglicht werde. „Deshalb war auch die Verschiebung der mündlichen UVP-Verhandlung auf Jänner im Sinne aller Beteiligten notwendig."

LH Günther Platter (ÖVP) ist ein Befürworter von Pitztal/Ötztal. Doch auch er lehnt sich nicht aus dem Fenster. Nach den einschlägigen rechtlichen Kriterien sei das Projekt abzuarbeiten. Die Entscheidung dafür oder dagegen werde erst nach Abschluss des derzeit anhängigen Verfahrens getroffen und obliegt laut Platter den zuständigen Behörden.

Politik, Projektbetreiber und Naturschützer wissen aber nur zu gut: Egal, wie der Bescheid ausfällt, die Gletscherehe wird so oder so ein Fall für die Höchstgerichte.

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