Hintergrund

Ein Callgirl, die Russland-Affäre und Donald Trump

Die Weißrussin Anastassija Waschukjewitsch verdrehte Männern unter dem Namen Nastja Rybka den Kopf. Nun rutschte sie in eine international diskutierte Polit-Affäre.
© AFP

Ein Model und Callgirl, das behauptet, entscheidende Beweise in der Russland-Affäre rund um US-Präsident Donald Trump zu besitzen. Hinter der Schlagzeile verbirgt sich eine Geschichte, die wie ein abstruser Krimi klingt.

Moskau – Ihre Drohungen und ihre Koketterie haben die junge Frau in die internationalen Schlagzeilen gebracht – und vorübergehend ins Gefängnis. Denn die Weißrussin Anastassija Waschukjewitsch hat sich möglicherweise mit mächtigen Gegnern in der russischen Politik angelegt. Das Callgirl will mit Insiderinformationen Beweise über eine Einmischung aus Russland in den US-Wahlkampf besitzen.

„Ich will niemanden kompromittieren. Ich habe genug“, sagte die junge Frau mit Kontakten zur Machtelite in Moskau vor Gericht, und wurde vorerst aus der russischen Untersuchungshaft entlassen. Waschukjewitsch, die unter den Künstlernamen Nastja Rybka (russisch für Fischlein) bekannt ist, behauptet, einst die Geliebte des einflussreichen Milliardärs Oleg Deripaska gewesen zu sein. Der Kremlvertraute soll sie 2016 zu Ausflügen auf seine Jacht vor der norwegischen Küste mitgenommen haben. Als Gast war auch der damalige Vize-Regierungschef Sergej Prichodko an Bord. Frauen, Geschäfte und die amerikanisch-russischen Beziehungen seien die Themen bei Kaviar und Champagner gewesen. Das Model will dabei im Geheimen mehrere Aufnahmen der Gespräche gesammelt haben.

Die Frau schwadronierte darüber ausführlich in sozialen Netzwerken und in ihren Callgirl-Memoiren mit dem Titel „Tagebuch der Verführung eines Milliardärs“. Schließlich wurde Kremlkritiker Alexej Nawalny auf die Geschichte aufmerksam und stellte weitere Recherchen an. In Russland wurden in erster Linie die Verbindungen zwischen Deripaska und Prichodko diskutiert – was einen kleinen Skandal auslöste.

Sex-Seminare ohne Genehmigung in Thailand

Nach der Veröffentlichung setzte sich Waschukjewitsch/Rybka nach Thailand ab, wo sie unter anderem Sex-Seminare ohne Arbeitserlaubnis gab. Deshalb wurde sie im Frühjahr 2018 verhaftet und saß mehrere Monate in einem thailändischen Gefängnis. Aus der Zelle heraus bat sie die USA um Hilfe. Waschukjewitsch behauptete, sie könne eine Verbindung vom Kreml zu Trump und dessen früherem Wahlkampfleiter Paul Manafort herstellen, der vor zehn Jahren für Deripaska gearbeitet hatte. Handfeste Beweise für ihre Behauptungen legte sie bisher nicht vor.

Sie behauptete außerdem, von Moskau verfolgt zu werden. Sie schmorte monatelang in Thailand hinter Gittern bei einer Schale Reis am Tag und auf hartem Zellenboden, wie sie russischen Medien erzählte. Erst in der vergangenen Woche wurde sie schließlich abgeschoben. Noch im Transitbereich eines Moskauer Flughafens klickten wieder die Handschellen, wegen angeblicher Anstiftung zur Prostitution wurde sie festgenommen.

Oligarch mit US-Sanktionen belegt

Deripaska, der bis vor kurzem den russischen Aluminiumriesen Rusal leitete, dürften die angekündigten Enthüllungen seiner angeblichen Geliebten nur wenig gefallen haben. Immerhin hatte Washington gegen den Aluminiumkönig Sanktionen verhängt, die sein Unternehmen massiv ins Wanken gebracht hatte. Erst sein Rückzug vom Chefposten brachten eine Aufhebung der Sanktionen in Reichweite. Die Verstrickungen sollen auch dazu beigetragen haben, dass Deripaska zunächst nicht zum Weltwirtschaftsforum ins schweizerische Davos eingeladen wurde.

In den USA scheint es zurzeit allerdings kein allzugroßes Interesse an dem Fall zu geben. Trump hat andere Probleme. Auch der Kreml misst dem Fall bisher offenbar keine größere Bedeutung bei. Ob Waschukjewitsch überhaupt stichhaltige Beweise für ihre Behauptungen besitzt und ob diese die Ermittlungen gegen Trump beeinflussen könnten, ist unklar.

Angst um Sicherheit

Dennoch ist der Fall brisant, zumindest für Russland: Dort haben offensichtlich einflussreiche Leute großes Interesse an Waschukjewitsch. „Es könnte auch eine Warnung an unterschiedliche Quellen sein: Es gibt immer Wege, Mitwisser diverser Geschäfte mundtot zu machen“, schrieb der Kommentator einer russischen Tageszeitung.

Die Weißrussin weiß das wohl nur zu gut. Vor der russischen Richterin bat sie eindringlich um Gnade: „Ich bereue zutiefst, dass alles so gekommen ist.“ Deripaska kommentiert die Entwicklung mit einem schnippischen Satz auf Instagram: „Statt in Davos bin ich am Baikalsee gelandet. Zum Angeln.“

Verwandte Themen