WM 2018

Brasilien auf Kurs: Wie ein Traktor und manchmal wunderschön

Brasiliens Angreifer Willian heimste für seine Leistung ein Sonderlob von Teamchef Tite ein.
© Reuters

Ungeachtet der Kritik an der Theatralik von Stürmerstar Neymar schlüpft Brasilien immer mehr in die Rolle des Titel-Favoriten. Das stimmt Spieler, Fans und den Teamchef zufrieden.

Samara – Brasilien spielt sich bei der WM in Russland immer mehr in die Rolle das Topfavoriten. Die Selecao steigert sich von Spiel zu Spiel und steht nach dem 2:0 im Achtelfinale gegen Mexiko zum sechsten Mal in Folge im Viertelfinale. Brasiliens Trainerstab verteilte Sonderlob an die Angreifer, doch im Mittelpunkt stand wieder nur einer: Neymar, der den Zorn von Mexikos Trainer erregte.

Die Mexikaner hielten auch nach dem vermeintlich historischen siebenten Aus im WM-Achtelfinale in Folge unbeirrt an ihrem Drehbuch fest. Schon vor der Partie hatte „El Tri“ die Rolle des Schiedsrichters in den Mittelpunkt gestellt. Man hoffe auf eine faire Spielleitung und einen Unparteiischen, der auf die Theatralik vor allem von Neymar reagieren würde.

Osorio: „Schande für den Fußball“

Dieser Wunsch erfüllte sich aus Sicht der Mexikaner nicht. „Es ist eine Schande für den Fußball“, sagte Trainer Juan Carlos Osorio, ohne Neymar beim Namen zu nennen. „Das ist ein schlechtes Beispiel für die ganze Welt und all die Kinder vor dem Fernseher. Es sollte nicht so viel Schauspielerei geben“, klagte der kolumbianische Coach.

Der angeprangerte Superstar war sich nach dem Spiel keiner Schuld bewusst. „Ich mache mir nicht viel aus Kritik und Lob“, sagte Neymar zu den Diskussionen um seine Person. Tatsächlich war es am Montagabend weniger Schauspielerei als eine übertriebene Reaktion auf eine böse Tätlichkeit von Mexikos Miguel Layun. Dieser war Neymar in einer Unterbrechung wohl absichtlich auf den Fuß getreten. Neymar krümmte sich daraufhin übertrieben am Boden. Rasch wurden nach dem Match Theorien laut, dass Layun nur aufgrund von Neymars Verhalten von Schiedsrichter Gianluca Rocchi nicht des Feldes verwiesen wurde.

Dabei machte Neymar auch sportlich deutlich, dass er immer besser in Schwung kommt. Das erste Tor erzielte er selbst (51.), den Endstand durch Roberto Firmino bereitete er vor (88.). „Es ist wunderbar, was er für uns macht. Vor allem nach dreieinhalb Monaten Pause so zu spielen, ist sehr schwierig“, lobte ihn Abwehrchef Thiago Silva, der diesmal von Tite die Kapitänsbinde bekam. „Er macht immer den Unterschied für uns, und wenn er ihn nicht macht, dann Coutinho oder Willian.“

Sonderlob für Willian

Letzterer heimste gemeinsam mit Mittelstürmer Gabriel Jesus Sonderlob vom Trainerstab ein. „Willian hat wunderschöne Arbeit verrichtet“, schwärmte Co-Trainer Sylvinho, der die Rolle des Flügelstürmers im brasilianischen Gesamtgefüge hervorhob. „Er hat taktisch viel für uns zu erledigen, aber in der zweiten Hälfte hat er abgeliefert.“ Jesus hingegen hat es als Stoßstürmer im bisherigen Turnierverlauf verabsäumt zu treffen. Er sei aber ein integraler Bestandteil des Teams, gerade weil er auch immer wieder auf den Flügel ausweiche. „Gabriel ist wie ein Traktor, er arbeitet unglaublich hart“, sagte Sylvinho.

Der nächste Stolperstein, den es aus dem Weg zu räumen gilt, heißt Belgien. „Sie haben gute Spieler wie Hazard und Meunier“, sagte Thiago Silva, der ein „schönes Match“ erwartet. Die Roten Teufel verwandelten am Montag gegen Japan einen 0:2-Rückstand noch in einen 3:2-Sieg und werden voller Selbstvertrauen nach Kasan reisen.

Auch bei den Brasilianern wächst der Glaube an den Titel. „Ich bin mit der Entwicklung der Mannschaft sehr zufrieden“, meinte Teamchef Tite. Defensiv stabil, offensiv fleißig und künstlerisch begabt - die Voraussetzungen zum Erreichen der erträumten „Hexa“ - dem sechsten WM-Titelgewinn - sind gegeben. (APA)

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