Europa League

Nach WAC-Sensation: Deutsche Presse zerpflückt Gladbach

Die Wolfsberger jubelten nach der Europa-League-Sensation in Gladbach.
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Die deutschen Medien gingen nach der 0:4-Klatsche gegen den Wolfsberger AC mit Borussia Mönchengladbach hart ins Gericht.

Mönchengladbach - Am Tag nach dem historischen Coup von Mönchengladbach sind die Fußballer des Wolfsberger AC nach einer kurzen Nacht in die Heimat zurückgeflogen. Der perfekte Einstand in der Europa League wurde gebührend gefeiert. Schließlich hatte sich der WAC als krasser Außenseiter beim deutschen Topclub Borussia Mönchengladbach 4:0 durchgesetzt.

Dieses Spiel, so viel war unmittelbar nach dem Schlusspfiff klar, würde in Erinnerung bleiben. "Das ist eine magische Nacht heute gewesen. Was wir veranstaltet haben, war Extraklasse", sagte Routinier Michael Liendl. Mario Leitgeb, der einen Kopfball-Doppelpack schnürte, ließ durchklingen, dass das Glücksgefühl ausgekostet werden würde: "Es wird vielleicht noch eine längere Nacht, Sonntag haben wir wieder Match ... es hilft nichts."

"Schwer zu realisieren"

Bei ihrem ersten Auftritt in einer europäischen Gruppenphase überhaupt spielten die Wolfsberger groß auf. Obwohl auf der Gegenseite ein deutscher Traditionsclub mit langer Europacup-Historie stand. Historisch wurde es tatsächlich: Das 4:0 bedeutete den höchsten Sieg einer österreichischen Mannschaft gegen eine deutsche im Europacup, und für Gladbach die höchste Heim-Pleite auf internationalem Parkett.

"Es ist schwer zu realisieren, aber wir sind unglaublich stolz", sagte Michael Sollbauer. Der Kapitän erkannte im Puls-4-Interview eine kollektive Topleistung. "Wir sind über uns hinausgewachsen. Der Trainer hat gesagt, wir müssen die Limits verschieben, das ist gelungen." Struber feierte einen perfekten EL-Einstand als Cheftrainer. "Wir haben ein europäisches Ausrufezeichen gesetzt", resümierte er am Freitag zufrieden. "Das Gefühl ist nach wie vor ganz besonders. Wir haben einen fulminanten Sieg gefeiert mit einer grandiosen Leistung und haben dann darauf noch einmal angestoßen."

"Müssen selbst noch cooler sein"

Vor 34.846 Zuschauern im Borussia-Park, der bei Abpfiff um einiges leerer sein sollte, glaubte der Außenseiter an die eigene Stärke. Torjäger Shon Weissman und Co. attackierten wie in der Bundesliga forsch und frech. "Mit so einer Qualität, so einem Selbstverständnis aufzutreten, ist nicht normal", meinte Liendl. "Wir haben gesagt: es ist ein cooles Stadion, ein cooler Gegner, wir müssen selbst noch cooler sein - das haben wir gezeigt."

Der Club aus der 25.000 Einwohner zählenden Stadtgemeinde hat sich auf der europäischen Landkarte bemerkbar gemacht. Und ganz nebenbei auch finanziell profitiert. Für einen Sieg schüttet die UEFA 570.000 Euro aus. Das entspricht knapp einem Zehntel des kolportierten sechs Millionen Euro hohen Saison-Etats für die Kampfmannschaft.

Rose war bedient

So leidenschaftlich-effektiv der WAC war, so erschreckend einfach war der Gegner zu knacken. Die Kärntner erwischten die Rose-Elf mitten in der Findungsphase. Der frühere Salzburg-Trainer und der ÖFB-Teamspieler Stefan Lainer hatten vergebens warnende Botschaften an das Team gesendet. "Dann haben wir richtig eine auf den Deckel gekriegt. So richtig. Was der WAC da gemacht hat war Fußball pur. Mit relativ einfachen Mitteln und trotzdem irgendwie schön anzusehen", meinte Rose.

Der WAC machte das Zentrum dicht und nahm Rechtsverteidiger Lainer aus dem Spiel - Gladbachs Spieleröffnung war dahin. "Für uns war das dann berechenbar, wenn sie über links eröffnet haben", kommentierte Struber. Der heimische Kick hat laut Rose grundsätzlich Fortschritte gemacht. "Im österreichischen Fußball ist in den letzten zwei, drei Jahren etwas entstanden. Man fährt nicht nur wo hin und schaut sich die Stadien an. Man will auch wirklich etwas erreichen."

Rose selbst ist in Mönchengladbach früh mit einer für ihn unbekannten Situation konfrontiert: Das 0:4 gegen den "Provinzclub", wie Österreichs dritte Kraft in Deutschland tituliert wurde, bedeutete die zweite Heimniederlage in Folge. Die "Fohlen" sind zuhause seit Jänner ohne Sieg. (APA/dpa)

Deutsche Pressestimmen im Überblick:

"Bild": "Ösi-Wölfe schocken Gladbach - Euro-Schande für Gladbach! Die Borussia ist zurück in der Europa League und verliert mit einem Grottenkick gegen den Ösi-Außenseiter Wolfsberger AC 0:4. 77 Gäste-Fans sehen, wir ihr Team die Gladbacher zerlegt. (...) Die bierseeligen Fans aus Österreich singen: "Hier regiert der WAC!" Sie sind im ganzen Stadion zu hören, weil 40.000 Borussen unter Schock stehen."

"Kicker": "Gladbach kassiert bittere Abreibung von historischem Ausmaß - Gladbach erlebte gegen den Wolfsberger AC einen Europapokal-Abend zum Vergessen. Die Fohlen unterlagen den Österreichern mit 0:4 - und das auch in dieser Höhe völlig verdient. Bei der Mannschaft von Marco Rose machte sich quasi vom Anpfiff weg eine rätselhafte Lethargie breit, die der WAC eiskalt bestrafte. Eine historische Pleite, denn nie zuvor verlor Gladbach zuhause im Europapokal höher."

"Rheinische Post": "Es stimmte nichts bei Borussia - Borussias Mannschaft fand beim 0:4 gegen Wolfsberger AC keine Einstellung zum Spiel, die Botschaften von Trainer Marco Rose kamen nicht an. Mehr Rotation hätte vielleicht Impulse geben können."

"Frankfurter Allgemeine": "Eine leichte Pflichtaufgabe sollte es zwischen den beiden Derbys gegen den 1. FC Köln (1:0) und Fortuna Düsseldorf am Sonntag sein. Tatsächlich entpuppte sich der Europacup-Neuling aus Kärnten, der gerade einmal einen Jahresetat von sieben Millionen Euro aufweist, als lästiger Stolperstein."

"Focus": "Borussia Mönchengladbach erlebt gegen den Wolfsberger AC in der Europa League ein Debakel. Schon während des Spiels fliehen Zuschauer aus dem Stadion, am Ende setzt es für den Bundesligisten eine krachende Niederlage."

"Der Spiegel": "Borussia Mönchengladbach hatte dem Dritten der österreichischen Liga vor allem in der ersten Hälfte nichts entgegenzusetzen. Drei Tore fielen bereits vor der Pause: Die Führung erzielte Shon Weissmann bereits nach 13 Minuten, Mario Leitgeb (31.) und Marcel Ritzmaier (41.) erhöhten. Die Gladbacher Fans, die noch auf eine Wende hofften, wurden nach dem Seitenwechsel enttäuscht."

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