Tennis

Thiem: „Oida Schwede! Ich hab glaubt, ich zuck aus“

Konnte es nicht fassen: Dominic Thiem nach seinem sensationellen Sieg über Novak Djokovic.
© AFP

Für den Niederösterreicher war der Sieg über Djokovic sein wohl „bestes Match“. Die Siege über zwei der „big three“ sind für 2020 ein großer Impuls.

London - Dominic Thiem war nach seiner großartigen Performance gegen Turnierfavorit Novak Djokovic bei den ATP Finals in London eigentlich selbst begeistert von der Qualität des Spiels. Nicht wenige sehen ihn nach den Siegen über Roger Federer und Djokovic schon als Titelanwärter.

Thiem spielt am Donnerstag noch das letzte Gruppenmatch gegen Matteo Berrettini, am Samstag als erster Österreicher überhaupt im Halbfinale des "Masters". Bis nach Mitternacht Ortszeit gab er in der Nacht auf Freitag noch Antworten auf Fragen der Weltpresse.

Was für ein Match. Wie haben Sie das geschafft, Sie sind so oft zurück gelegen?

Dominic Thiem: Ja, das war wahrscheinlich das beste Match, das ich je gespielt habe. Es war einer wirklicher Klassiker und ein episches Match, das von Zeit zu Zeit bei diesen großen Turnieren passiert. Es hatte alles, was ein Match braucht. Er war vorne, ich war vorne. Ich denke, es hat auch ein Tiebreak im dritten Satz als Ende verdient. Wenn dann zwei Top-Ten-Spieler spielen, geht es nur ums Glück, und das war heute ein bisschen mehr auf meiner Seite. Aber ich bin wirklich glücklich und stolz.

Bedeuten Ihnen die zwei Siege in Folge über zwei Spieler der "big three" vielleicht sogar mehr als das Erreichen des Halbfinales? Es ist ja auch ein Zeichen in Richtung Grand-Slam-Turniere.

"Oida Schwede!" - Thiem auf dem Weg in seine Kabine:

Thiem: Ich würde sagen, es bedeutet mir gleich viel. Ich habe nicht ans Halbfinale gedacht, aber ich war einfach überglücklich, als über Lautsprecher gesagt wurde, dass ich es erreicht habe. Sicher ist das für mich ein unfassbares Zeichen und gibt mir sehr viel Selbstvertrauen, dass ich mir selber bewiesen habe, dass ich zwei solche Riesenspieler in Folge schlagen kann. Das ist sicher wichtig auch im Hinblick auf das nächste Jahr."

Djokovic hat Sie in höchsten Tönen gelobt. Es sei nur noch phänomenal gewesen, wie Sie gespielt haben. Ist so etwas noch ein zusätzlicher Ritterschlag?

Thiem: Immer wenn die absoluten Superstars lobende Worte finden, ist es was ganz Besonderes. Aber ich glaube, das war heute echt ein besonderes Match. Nicht nur von mir, sondern von beiden. Ein absoluter Klassiker. Sicher eines von den besten Matches, die da beim Finale in den letzten Jahren gespielt worden sind. Dass so etwas passiert, da ist eine Riesenleistung von beiden Spielern nötig. Das ist halt das Bittere im Tennis und für mich heute das Schöne, dass es kein Unentschieden gibt, sondern Einer verlieren muss.

Sie waren bei der letzten Pressekonferenz ein bisschen heiser, jetzt klingen Sie verkühlt. Wie geht es Ihnen?

Thiem: Ja, ich bin schon ein bisserl heiser und verkühlt. Es ist tough da. Es ist ein Riesentemperaturunterschied, überall bläst die Klimaanlage, dann wieder die Heizung. Aber solange ich so meinen Körper zurechtbiegen kann, dass so eine Leistung wie heute möglich ist, dann passt das schon. Für mich ist es das letzte Turnier, danach habe ich 14, 15 Tage frei und kann mich voll erholen. Deshalb werde ich alles rauspressen, was geht.

Sie sind schon Gruppensieger, aber gegen Matteo Berrettini geht es noch um 200 zusätzliche Punkte. Werden Sie dennoch versuchen, etwas Kraft zu sparen im Hinblick auf das Semifinale?

Thiem: Nein, ich werde auf jeden Fall alles geben am Donnerstag. Das ist ganz klar. Wenn ich die 200 Punkte noch mache, dann bleiben die das ganze Jahr stehen. Deshalb werde ich alles versuchen, aber auf der anderen Seite ist es auch relativ angenehm, dass ich keinen Druck mehr hab. Das Match heute hat sehr viel Kraft gekostet, dass heißt, wenn es möglich ist, werde ich am Donnerstag nicht noch einmal 2:45 Stunden spielen. Ich werde auch schon ein bisserl das Auge auf dem Halbfinale haben.

Novak Djokovic hat am Ende seine Pressekonferenz etwas wütend abgebrochen. Haben Sie ihn so zur Verzweiflung gebracht?

Thiem: Das ist auch ein Mitgrund, warum die so gut sind da vorne, weil die nichts mehr hassen, als zu verlieren. Ich verstehe das zu 100 Prozent. Er hat auch um sein Leben gekämpft. Er fightet auch noch um die Nummer 1 (per Jahresende, Anm.) und das ist nach seiner Niederlage viel schwieriger geworden.

Vergangenes Jahr hat Alexander Zverev hier seinen bisher größten Titel gewonnen. Sie waren schon zweimal knapp am Grand-Slam-Sieg dran, haben heuer Indian Wells gewonnen. Aber wenn Sie hier den Titel holen, was würde es für Sie bedeuten?

Thiem: Es wäre der größte Titel meiner Karriere. Ich glaube, dass dieses Turnier fast auf dem gleichen Level wie ein Grand-Slam-Turnier ist, weil es so schwer zu gewinnen ist. Du musst hier nur Top-Ten-Spieler schlagen, gegen die besten acht (sieben) Spieler der Welt. Vielleicht ist es sogar am schwierigsten zu gewinnen.

Aufgezeichnet und befragt von Gerald Widhalm/APA in London

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