Von Günter Almberger
Innsbruck – Wolfgang Kindl, Schmerzen und Igls – eine Kombination, die wohl zusammengehört. Vor acht Jahren brach sich der Natterer in der Vorbereitung beim Trainings-Fußballspiel das Kahnbein in der linken Hand. Trotzdem raste der 30-Jährige wenig später mit Spezialschiene beim Heim-Weltcup auf den sechsten Platz. Nicht hoch genug einzuschätzen, wenn man weiß, wie wichtig die Startleistung in Igls ist.
Im vergangenen Jahr stürzte der Tiroler in der Vorbereitung, ein leichter Bandscheibenvorfall im Nackenbereich war die Folge. Kindl biss die Zähne zusammen und eroberte Platz zwei am Fuße des Patscherkofels. Ähnliches unterlief Kindl vor zwei Wochen: Sturz in der Zielkurve, Schmerzen, bangen um den Saisonauftakt in Igls.
„Ich habe Material getestet. Der Sturz kam aus dem Nichts. Wieder hat es die linke Hand erwischt, ich habe gleich Schlimmstes befürchtet, da die Hand sofort komplett angeschwollen war“, schildert Kindl. Eine erste Untersuchung sorgte für leichte Entwarnung, beim Heeressportler wurde kein Bruch festgestellt. „Am Ende stellte es sich als starke Prellung und Knochenmarksödem heraus. Schmerzhaft, aber einem Start beim Weltcup-Auftakt am kommenden Wochenende in Igls steht nichts im Weg“, gibt das Kraftpaket grünes Licht.
Die Verletzung schmälert die Erwartungshaltung des amtierenden Doppel-Weltmeisters (Heim-WM 2017 in Igls) nicht. Im Gegenteil, der Routinier strotzt nur so vor Selbstvertrauen. „Trotz der fehlenden Läufe in den Trainingswochen rechne ich mir gute Chancen aus. Vor einem Jahr bin ich trotz der 28. bzw. 29. Startzeit am Podium gestanden. Einen Sieg kann man schwer voraussehen, aber alles andere als ein Stockerlplatz wäre natürlich eine Enttäuschung“, redet der Tiroler nicht um den heißen Brei herum. Er wisse, was auf seiner „Lieblingsbahn“ zu tun sei, das Material würde ohnehin „perfekt laufen“.

Einen Podestplatz wollte der Natterer auch im März bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang herausrodeln. Doch der Traum von einer Medaille platzte für ihn bereits nach wenigen Metern infolge eines schweren Fahrfehlers. „Nach den Leistungen, die ich im Vorfeld erbracht habe, war ich nicht umsonst einer der Medaillenmitfavoriten. Der Patzer hat mich völlig verunsichert, dann ging erst einmal gar nichts mehr.“
Erst im letzten der vier Läufe habe er mit zweitschnellster Zeit bewiesen, dass er es draufgehabt hätte, erklärt Kindl, der sich aber mit seinem Zimmerkollegen David Gleirscher über Gold mitfreuen konnte. „Es wollte bei mir einfach nicht sein. Es war unglaublich, dass David triumphierte. Aber ehrlich gesagt war die Enttäuschung über das eigene Abschneiden größer“, gibt der Doppel-Weltmeister zu.
Pyeongchang ist für Kindl abgehakt, Fernziel sind die nächsten Winterspiele 2022 in Peking. Bis dahin soll es mit einem Sieg im Gesamtweltcup klappen: „In den vergangenen vier Jahren bin ich immer unter den Top drei gelandet.“ (Anmerkung: zweimal Zweiter, zweimal Dritter.) Für ihn ist der Gesamtweltcup sportlich höher einzustufen als ein Olympiasieg, „weil es hier um die Konstanz über eine ganze Saison geht“. Den ersten Schritt dazu will Kindl am Sonntag in Igls machen. Egal ob mit oder ohne Schmerzen in der Hand.