Lebendige Geschichte - „Wie es zu Deutschlands Teilung kam“

Berlin (APA) - Im kommenden Jahr jährt sich die Teilung Deutschlands zum 70. Mal. Eine Geschichte aus der entfernten Vergangenheit? Nicht, w...

Berlin (APA) - Im kommenden Jahr jährt sich die Teilung Deutschlands zum 70. Mal. Eine Geschichte aus der entfernten Vergangenheit? Nicht, wenn man die bis heute bestehenden - und sich zum Teil auch verstärkenden - Unterschiede zwischen Ost und West bedenkt. Oder auch die Behauptungen der „Reichsbürger“ über das angebliche Weiterbestehen des Deutschen Reiches, die durch Online-Videos weite Verbreitung erfahren.

So gesehen kommt der Band des Berliner Historikers Wolfgang Benz, „Wie es zu Deutschlands Teilung kam“, genau zur rechten Zeit. Kompakt, lebendig und voller spannender Details schildert er die faszinierende Geschichte Deutschlands vom „Jahr Null“ 1945 bis zur Wiedererlangung der Staatlichkeit im Jahr 1949 durch die Gründung der BRD und kurz darauf der DDR.

Benz, emeritierter Professor für Zeitgeschichte an der Technischen Universität Berlin, arbeitet präzise die weltpolitischen Voraussetzungen wie auch die schleichenden internen und externen Entwicklungen heraus, die letztlich zur Teilung Deutschlands für über 40 Jahre führten. Trotz der Kompaktheit des Buches präsentiert er dabei eine Reihe von interessanten wie überraschenden Aspekten aus diesen wirtschaftlich wie politisch so schwierigen Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

Einen besonderen Genuss bereitet bei der Lektüre der leichtfüßige, oft ironische Schreibstil des Autors, der dieses historische Werk zu einem puren Lesevergnügen macht. Benz beweist einmal mehr, dass Geschichtsschreibung nicht verkrampft oder jargonhaft sein muss, um seriös zu sein.

Für „Wie es zu Deutschlands Teilung kam“ hat Benz zwei seiner früher erschienene Werke überarbeitet und durch einen Abschnitt über die Entstehung der Deutschen Demokratischen Republik ergänzt. Diese Redaktionsgeschichte erklärt auch den einzigen Schwachpunkt des Buches, nämlich dass hier das Werden der Bundesrepublik wieder einmal (wenn auch unausgesprochen) als Geschichte des „eigentlichen“ Deutschlands erscheint, die Entwicklung der DDR hingegen bloß als eine Art Nachgedanke.

Es wäre allerdings unfair, dem Autor eine bewusste BRD-Lastigkeit zu unterstellen - bemüht er sich doch an zahlreichen Stellen, auch die Entwicklungen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) angemessen zu würdigen, wenn auch manchmal nicht in der gleichen Ausführlichkeit wie jene in den Westzonen. Doch abgesehen davon schafft es „Wie es zu Deutschlands Teilung kam“ auf überzeugende Weise, diese hochinteressante Periode der deutschen Geschichte auf seriöser historischer Basis einer breiten Leserschaft nahezubringen.

( S E R V I C E: Wolfgang Benz: Wie es zu Deutschlands Teilung kam. Vom Zusammenbruch zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1945-1949. dtv, 424 S., 26,80 Euro )