Aufschwung mit Wermutstropfen: Personal fehlt in Osttirol
Die Osttiroler Wirtschaft präsentierte sich beim Neujahrsempfang der Wirtschaftskammer so stark wie noch nie. Doch mit dem Aufschwung kommt auch der Personalmangel. Dagegen soll eine Strategie helfen.
Von Catharina Oblasser
Lienz –Das Jahr 2018 war ausgezeichnet, und 2019 soll es auch werden: Unter diesem Motto stand der traditionelle Neujahrsempfang der Wirtschaftskammer in Lienz. Ehrengast war erstmals Christoph Walser, seit einigen Monaten Präsident der Wirtschaftskammer Tirol.
„Wir erwarten auch für 2019 ein Wachstum der Wirtschaft“, sagt Walser. „Die Arbeitslosigkeit könnte in den Hauptbeschäftigungsmonaten Juli und August sogar auf drei Prozent sinken, das würde Vollbeschäftigung bedeuten.“ Zugleich plagt ein Mangel an Arbeitskräften die Tiroler Wirtschaft. Der neue Kammerpräsident vergleicht die Situation mit jener in den 1960er- und 1970er-Jahren. „Ohne Zuwanderung wird es nicht gehen“, ist Christoph Walser überzeugt.
An die Tiroler Durchschnittswerte kommt der Bezirk Lienz zwar nicht heran, aber trotzdem gibt es für Bezirksobmann Michael Aichner Grund zum Jubeln. Wichtige Kerndaten wie die Erwerbsquote, das Bruttoregionalprodukt und die Arbeitslosenquote erfreuen die Unternehmervertretung. „Die Erwerbsquote in Osttirol liegt seit 2017 über dem österreichischen Durchschnitt, bei Männern wie bei Frauen. Im Juli des letzten Jahres haben wir den höchsten Beschäftigtenstand aller Zeiten gehabt“, führt Aichner aus. „Und die Arbeitslosenquote für 2018 dürfte unter 7,5 Prozent liegen, das ist ein historischer Tiefststand.“ Aichner gibt allerdings zu bedenken, dass der Bezirk Lienz in absoluten Zahlen immer noch hinter Nordtirol liegt.
Die Schattenseite des Aufschwungs ist das Fehlen von Arbeitskräften. „Dieser Personalmangel ist inzwischen auch bei uns angekommen“, erklärt der Bezirksobmann der Osttiroler Wirtschaftskammer. „Es gibt ihn in der Industrie, im Gewerbe, im Handel, im Tourismus – alle Branchen sind betroffen.“ Noch dazu würden die Bevölkerungszahlen sinken, was den Mangel verschärfe, sagt Aichner. In die Zuwanderung aus anderen Ländern, wie Christoph Walser sie erwähnt hat, setzt Aichner keine Hoffnung. „Es ist unwahrscheinlich, dass Arbeitssuchende aus dem Ausland ausgerechnet zu uns kommen“, meint er. Doch die Wirtschaftskammer hat gemeinsam mit der Entwicklungsagentur Innos (das steht für Innovation in Osttirol) andere Ideen entwickelt: Eine davon ist die Berufsmesse für Auspendler. Sie soll Osttirolern, die auswärts arbeiten, die vielen (neuen) Berufsmöglichkeiten innerhalb des Bezirks schmackhaft machen. Die Veranstaltung soll im April stattfinden.
Ein zweites Projekt durchleuchtet die Möglichkeit, einen Werksverkehr einzuführen. Manchmal scheitert die Annahme eines Jobs nämlich daran, dass es kein zweites Auto in der Familie gibt und der Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel nicht mit dem Schichtbeginn zusammenpasst. Elf große Betriebe im Bezirk beteiligen sich daran, darunter Liebherr, Loacker oder Holz Theurl, sagt Wirtschaftskammer-Geschäftsführer Reinhard Lobenwein. Es werden Fragebögen an die Unternehmensführung und an die Mitarbeiter ausgegeben. Beide Gruppen können ihre Wünsche für bessere Mobilität kundtun. Bis Ende Juni sollen Ergebnisse vorliegen.