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Strategie gegen das Wirtshaussterben in Tirol

Ein Bild wie aus einem Werbekatalog für Wirtshäuser: Elisabeth Nitsch, LH Günther Platter, die kleine Antonia, Seniorchef Hansjörg Raitmayr und sein Sohn Andreas (v. l.) nach dem gestrigen Pressegespräch beim Isserwirt.
© Gerhard Berger

Das Land will mit Förderungen, Fachkräfteinitiativen und vereinfachten Behördenverfahren den Wirten unter die Arme greifen. Das Problem betrifft dabei nicht nur den ländlichen Raum.

Von Marco Witting

Lans –Drei Gasthäuser. Glückliches Lans. „Wir sind da in einer glücklichen Lage und jeder bedient eine andere Gästegruppe“, sagt Elisabeth Nitsch, Tochter der Wirtsleute im Isserwirt. Mit so einer Situation sind nicht viele Tiroler Orte gesegnet. Nach Geschäften und Postämtern gehen auch die Wirtshäuser verloren. Gab es 2012 noch 321 aktive Gasthäuser, waren es Ende 2018 nur noch 299. Das ist in der Gesamtheit kein dramatisches Wirtshaussterben – in vielen Orten aber ein herber Schlag für die Dorfgemeinschaft. Worauf das Land jetzt mit einem Maßnahmenpaket reagieren will.

Dazu lud LH Günther Platter gestern eben zum Isserwirt nach Lans. Zum „Erhalt der Tiroler Wirtshauskultur“, wie er erklärte. Denn diese sei ein „fixer Bestandteil der Identität des Landes“.

Drei Punkte hat das Land als Hauptgründe für den schleichenden Wegfall vieler Betriebe ausgemacht. Einerseits die hohen behördlichen Auflagen für die Unternehmer. Andererseits sei das fehlende Fachpersonal in der Gastronomie auch für die klassischen Wirtshäuser ein großes Problemfeld. Und gerade bei Betriebsübergaben werde es den jungen Wirten besonders schwer gemacht.

Punkte, die nicht neu sind. Doch jetzt soll es mit Herbst 2019 ein umfassendes Maßnahmenpaket geben, wie Platter ankündigte. Das sieht eine Förderung für Übernehmer und Revitalisierer vor. 15 Prozent ihrer Investitionssumme werden durch das Land und die Österreichische Hotellerie- und Tourismusbank als „verlorener Zuschuss“ gefördert. Allerdings sind daran bestimmte Kriterien geknüpft. Etwa ein traditionelles und regionales Speisen- und Getränkeangebot, ein À-la-carte-Betrieb und die ganzjährige Öffnung des Betriebs. Zudem sieht das Paket auch ein Jungunternehmerdarlehen und eine Landesprämie für die Übernahme oder Aufrechterhaltung (10.000 Euro) für den Fall vor, dass es das letzte Wirtshaus im Dorf betrifft.

Platter will auch das Behördendickicht für die Gastwirte durchforsten. „Wir wollen schauen, was wir auf Landesebene dafür tun können, und wollen uns auch auf Bundesebene dafür einsetzen.“ Es gebe einige „übertriebene Bestimmungen“ für die Unternehmer. Alles, was über das EU-Recht hinausgeht, soll deshalb in den kommenden Wochen gemeinsam mit betroffenen Wirten diskutiert und überprüft werden. Klar ist für Platter, spätestens nach einem kürzlichen Italienaufenthalt, dass man in Österreich wohl bei der Kontrolle von Auflagen zu den „Musterschülern“ zähle.

Eine Fachkräfteinitiative und Bewusstseinsbildung für den Erhalt der Wirtshauskultur stünden ebenfalls auf der Agenda. Klar ist Platter aber auf Nachfrage auch, dass ein Gasthaus in jedem Ort „ein romantischer Wunsch“ bleiben werde. Man würde oft aber erst feststellen, was fehlt, wenn das Gasthaus im Ort erst einmal weg ist.

Dass das Wirtshaussterben nicht nur ein ländliches Problem darstellt, zeigt ein Blick in die Landeshauptstadt Innsbruck, wo in diesem Jahr mehrere traditionelle Gasthäuser zusperrten bzw. in den kommenden Monaten zusperren. Die Problemlage ist überall ähnlich. Fehlende Betriebsübernehmer, fehlendes Personal, der hohe Zeitaufwand.

Elisabeth Nitsch kennt diese Themen aus dem Betrieb, der vor Kurzem auf den Bruder übergegangen ist. „Wir sind ein Familienbetrieb, wo das ganze Jahr von allen auf das Haus geschaut wird. Ohne das ginge es nicht.“

Seniorchef Hansjörg Raitmayr war über 50 Jahre als Wirt im Einsatz und zeigt sich stolz, dass es gelungen sei, in all den Jahren den Betrieb gut zu führen. „Man darf auch nicht immer die Belastungen sehen. Es gibt auch viel Wertschätzung von den Gästen zurück“, sagt er.

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