Hier brennt nichts an
Kalte „Spaghetti“ und rohe Buchweizentorte? Das täglich Brot von Isabella-Renée Weihsbrodt-Hauser ist Rohkost. Die St. Johannerin über das Kochen ohne Herd.
Von Miriam Hotter
St. Johann –Was Isabella-Renée Weihsbrodt-Hauser da auftischt, klingt nicht nur verführerisch, sondern sieht auch so aus: Mango-Kokos-Pralinen. Doch dahinter steckt ein cleveres Täuschungsmanöver, ein kulinarischer Etikettenschwindel, wenn man so will. Die Pralinen enthalten kein Gramm Schokolade, sondern nur getrocknete Früchte und Kokosflocken. Fertig.
Die 40-Jährige aus St. Johann ist Rohkostlerin. Speisen oder Getränke, die auf über 42 Grad Celsius erhitzt wurden, lehnt sie ab. Ihre Erfahrungen und Rezepte hat sie in zwei Büchern zusammengefasst („Intelligente Ernährung der Zukunft“ und „Vitalkost-Rezepte“; erschienen beim Freya-Verlag).
Was aber bringt Menschen dazu, auf eine Tasse Kaffee, eine Pizza, eine Reispfanne, ja selbst auf einen Gemüseeintopf zu verzichten, nur weil diese Gerichte gebraten, gekocht oder gebacken wurden? „Wegen der Enzyme“, antwortet Weihsbrodt-Hauser wie auf Kommando. „Erhitzt man Obst oder Gemüse auf über 42 Grad Celsius, gehen die meisten Enzyme, aber auch hitzeempfindliche Vitamine verloren.“ Genau diese Enzyme aber seien für eine gesunde Verdauung unerlässlich.
Stattdessen werden die Lebensmittel gemahlen, im Mixer zerkleinert und in Spezialöfen getrocknet oder gedörrt. Obwohl Rohkost tierische Produkte nicht ausschließt, schränken sich die meisten auf vegane Rohkost ein, also rohes Obst und Gemüse, dazu Samen, Sprossen und Nüsse.
Als Verzicht sieht Weihsbrodt-Hauser ihre Ernährungsweise nicht an. Seit vier Jahren kommen bei ihr zu 80 Prozent nur kalte Speisen auf den Tisch. „Die meisten glauben, Rohkostler haben keinen Genuss. Dabei schmeckt man die einzelnen Lebensmittel intensiver“, sagt Weihsbrodt-Hauser, die ein Fußpflege- und Massagestudio besitzt.
Der sensiblere Geschmack sei allerdings nur ein Beispiel von vielen für die positiven Auswirkungen von Rohkost auf den Körper. „Ich fühle mich vitaler und fitter und leistungsfähiger“, erklärt Weihsbrodt-Hauser. Früher, da habe sie mindestens drei starke Verkühlungen im Jahr gehabt. Als Rohkostlerin spüre sie davon nichts mehr. „Ich komme auch mit weniger Schlaf aus“, berichtet die St. Johannerin. Wenn nötig, dann reichen ihr vier Stunden zur Erholung.
In Amerika gehört „Raw Food“ inzwischen zum Lifestyle der Stars. Egal ob Madonna, Charlize Theron oder Pierce Brosnan – sie alle ernähren sich nur noch roh. Das behaupten sie zumindest.
Doch die Rohkost-Bewegung hat auch Kritiker. „Durch eine solche Ernährungsform ist die Eiweißversorgung nicht gedeckt. Außerdem können Mängel an Vitamin B12, Zink oder Eisen entstehen“, erklärt die Innsbrucker Diätologin Edburg Edlinger. Eine Ernährung aus Obst und Gemüse bedeutet außerdem eine große Zufuhr an Ballaststoffen. „Der durchschnittliche Österreicher nimmt pro Tag rund 20 Gramm Ballaststoffe zu sich. Mit der vielfach größeren Menge können Darmbeschwerden wie Durchfall, Blähungen oder Koliken entstehen.“
Für Weihsbrodt-Hauser nichts Neues. Trotzdem hält sie an ihrer Überzeugung fest. Worauf sie allerdings achtet, ist die richtige Mischung von Obst und Gemüse. „Wichtig ist, dass der Grün-Anteil überwiegt.“ Das heißt konkret: 70 Prozent Gemüse, 30 Prozent Obst. „Das ist wegen des Chlorophylls“, sagt sie. Dieses versorge die Menschen mit Energie und halte die Mineralstoffversorgung aufrecht.
Rezepte dazu gäbe es genug. So stehen etwa kalte Spaghetti auf dem Speiseplan. Doch wie schon bei den Mango-Kokos-Pralinen versteckt sich hinter der Pasta etwas ganz anderes. Was genau, verrät Weihsbrodt-Hauser in einem ihrer Rezepte (siehe Box).
Kalte Küche – zwei Kostproben aus dem Rohkost-Kochbuch
Karotten-Spaghetti mit Cashewsauce: Zutaten für 1 Person: 1 bis 2 Karotten in dünne Streifen schneiden. Für die Sauce 1 Paprika, 2 EL Cashewkerne, 1 EL Bierhefe, 1 Messerspitze Kurkuma, Salz und Pfeffer – Menge je nach Vorliebe – mixen. Die Sauce über die Karotten-Spaghetti geben und mit Rucola oder Feldsalat servieren. Mahlzeit!
Buchweizen-Karotten-Torte: Zutaten für 8–12 Personen. Für den Boden braucht man 80 g Mandeln, 200 g Feigen (einweichen), 2 EL Carobpulver, 1 TL Zimt, 2 EL Flohsamenschalen. Für die Füllung: 120 g Mandeln, 300 g Feigen, 350 g geschälte und geriebene Karotten, 1 Glas Buchweizenkeimlinge. Zubereitung: Für den Boden die Mandeln und eingeweichte Feigen im Mixer pürieren und mit den Gewürzen vermischen. Die Flohsamenschalen dazugeben. Den Boden ausrollen und in eine Form geben. Für die Füllung die Mandeln und Feigen pürieren. Anschließend die Keimlinge, Karotten und die Mandel-Feigen-Masse miteinander vermischen. Masse auf den Boden geben und ein bis zwei Stunden kühlstellen. Et voilà!