Die TT im Wandel der Zeit: eine Erfolgsgeschichte
Heute vor 70 Jahren erschien die erste Nummer der Tiroler Tageszeitung. Erinnerungen an die Geburtsstunde der TT: „Nichts ist unmöglich, alles machbar!“
Von Fred Steinacher
Innsbruck – Die Tiroler Tageszeitung – unsere TT – ist siebzig! Ein runder Geburtstag, ein besonderer? Ja! Vor allem ein schönes Jubiläum. Geburtstage, heißt es, sind so ein eigenes Thema. In jungen Jahren herrscht Freude – endlich 20, endlich erwachsen. Später dann, mit 50, mit 60, erinnert man sich, rücken Dankbarkeit und Demut für jahrelang Selbstverständliches wie Gesundheit oder Glück und Erfolg in den Vordergrund.
Auch wir in der TT richten dieser Tage den Blick in die Vergangenheit und blicken mit Stolz zurück – auf sieben Jahrzehnte Zeitgeschichte sozusagen, über die aus unseren Häusern von der Erlerstraße über die Ing.-Etzel-Straße bis zur Bruneckerstraße berichtet wurde. Mit Stolz erfüllt sind unsere Erinnerungen nicht zuletzt deshalb, weil uns bewusst ist, dass dieses Jubiläum untrennbar verbunden ist mit der Historie Tirols und der Menschen in diesem Land.
Begonnen hat diese Zeitreise der besonderen Art im Jahr 1945. Univ.-Prof. Dr. Helmut Reinalter schrieb dazu in seinem Artikel zum 65. Jahrestag der TT: „Nach dem Ende der NS-Zeit und des Krieges in Tirol wurde die Tiroler Tageszeitung 1945 gegründet, zunächst herausgegeben von den amerikanischen und später von den französischen Streitkräften. Rund einen Monat, nachdem der Chef der Militärregierung, John G. Watts, am 22. Mai 1945 den ehemaligen Widerstandskämpfer Karl Gruber zum provisorischen Landeshauptmann von Tirol ernannt hatte, erschien am 21. Juni 1945 die erste Nummer der Tiroler Tageszeitung. Lizensiert von der US-Besatzungsbehörde und herausgegeben von der 12. Heeresgruppe, gedruckt in der Tyrolia. Am 9. Juli übernahm der französische Presseoffizier Charles Gallifet die Leitung der Tiroler Tageszeitung, die dann ab 10. Juli mit dem Untertitel „Herausgegeben von den französischen Streitkräften für die österreichische Bevölkerung“ erschien.
Es waren aufregende Tage, wie sich auch der damals 21-jährige Verbindungsoffizier Fritz Molden, Widerstandskämpfer und Zeitzeuge der TT-Gründung, schon früher, in einem Beitrag zur Sonderpublikation „50 Jahre Tiroler Tageszeitung“, erinnerte. „Gemeinsam mit US-Major Martin Hertz war ich Mitte Juni 1945 ins Büro von LH Gruber geladen worden, wo eine Sitzung der Widerstandskämpfer stattfand, an der u. a. auch Oberleutnant Joseph Stephan Moser teilnahm. Dieser genoss die besondere Sympathie Grubers, weil es ihm gelungen war, kampflos einen Großteil der Innsbrucker Kasernen am Befreiungstag zu besetzen und die noch vorhandenen deutschen Truppen zu entwaffnen. Hertz also – so Molden in seinem Rückblick – teilte Gruber und den anderen Anwesenden mit, dass nunmehr die Möglichkeit bestünde, eine freie österreichische Zeitung in Innsbruck zu gründen.
Grubers Frage in die Runde, wer sich denn mit einer Zeitung auskennen würde, beantwortete J. S. Moser mit in der Schweiz erworbenen Grundkenntnissen (Mosers Vater war Mitbegründer des Oberthurgauers) und weil mit dem 1941 aus dem KZ Buchenwald entlassenen Dr. Anton Klotz, dem früheren Chefredakteur (bis 1936) des Innsbrucker Anzeigers bzw. Chefredakteur des Bundespressedienstes (1936 bis 1938) ein Top-Journalist zur Mitarbeit verpflichtet werden konnte, stand das Führungsteam (Moser, Klotz, Rück) der Tiroler Tageszeitung fest.
Als im März 1946 Druck und Vertrieb der Wagner’schen Universitätsdruckerei (WUB) in die Erlerstraße übertragen und J. S. Moser zu deren öffentlichem Verwalter bestellt wurde, war die Erfolgsgeschichte der TT nicht mehr zu stoppen. Ab 2. April 1947 fungierte Moser als geschäftsführender Herausgeber der Schlüsselverlag GmbH, der Eigentümerin und Herausgeberin der TT. Mit Anton Klotz, Manfred Nayer, Hubert Rück und Fritz Miller als weiteren Gesellschaftern.
Die Zusammensetzung dieser Gesellschafter untermauerte laut Reinalter den ab diesem Zeitpunkt unabhängigen und objektiven Charakter der Zeitung, deren grundlegende Ausrichtung in der Berichterstattung besondere Kontinuität zum Wohle des Landes Tirol und der Republik Österreich erforderte. J. S. Moser war es stets wichtig, die Interessen des Landes über die von Parteien und Institutionen zu stellen, das Landesbewusstsein sowie die Landeseinheit zu fördern und die Bevölkerung Tirols weltoffen und objektiv zu informieren. Moser galt als Verfechter der sozialen Marktwirtschaft und der demokratischen Republik und schuf im Lauf der Jahrzehnte die Basis der heutigen Moser Holding AG, die er damals, 1979, als Alleineigentümer der Firmengruppe ins Leben rief.
Es war ein faszinierendes Erlebnis, an der Seite dieses Pioniers in seinem Team entscheidende Entwicklungen der TT-Zeitungsgeschichte miterleben zu dürfen. Den Sprung von der Blei-Produktion hin zum Fotosatz quasi über Nacht zum Jahreswechsel von 1980 auf 1981, die damit verbundene Übersiedlung aus den beengten Räumlichkeiten in der Erlerstraße in das neue Verlagshaus in der Ing.-Etzel-Straße. Davor schon, anlässlich der zweiten Olympischen Winterspiele in Innsbruck, die Mitarbeit an einer täglich am Nachmittag erscheinenden Sonderausgabe mit den aktuellsten Ergebnissen z. B. vom Klammer-Triumph; Wegbereiter der wenig später am Markt präsentierten verlagseigenen TV-Beilage. Für J. S. Moser gab es – wie schon Fritz Molden geschrieben hatte – nichts „Unmögliches, alles war machbar“.
Ende der Achtziger, Anfang 1990 tauchte die TT ein in die Computertechnologie, wurde fortan ein gewichtiger Platz am virtuellen Datenhighway beansprucht. Schon 1996 startete man mit www.tirol.com in eine neue Ära, ab 2003 stand die Zeitung mit allen Regionalausgaben den Abonnenten erstmals via Internet zur Verfügung, mit dem European Award of Excellence für die Gestaltung der Titelseite wurden die Bemühungen um einen modernen Auftritt vom Europäischen Zeitungskongress auch international gewürdigt.
Vor zwei Jahren nun der Weg zurück in die Innenstadt – von der Ing.-Etzel-Straße in die Bruneckerstraße. Betrachten wir diese Veränderung als einen kleinen Abstecher oder einen weiteren Entwicklungsschritt der TT in die Zukunft? Ansichtssache! Die Prophezeiung des Bill Gates in den 90er-Jahren, dass es spätestens 2000 keine Zeitung mehr geben würde, hat sich als fast schon lustiger „Irrtum“ erwiesen; gerade die jüngere Vergangenheit lehrte uns: Neue Medien verdrängen die alten nicht, sie kommen hinzu.
Fest steht – die Tiroler Tageszeitung präsentiert mit dem durch TT am Sonntag und TT kompakt sowie tt.com erweiterten „Rund-um-die Uhr“-Service ein Top-Angebot als Medienhaus, mit dem der Gründungsherausgeber zum „Siebziger“ seines Lebenswerkes eine Riesenfreude hätte.