Die Salzburger Lust an der Läuterung
Wetterbedingt ohne Domkulisse, aber mit ein paar neuen Mitstreitern starb Cornelius Obonya seinen dritten Premieren-Tod als „Jedermann“.
Von Ivona Jelcic
Salzburg –Die Marionetten des Mammon tanzen wieder: Brigitte Hobmeier erobert als Buhlschaft radelnd und wirbelnd und mit erfrischendem Ungestüm die Bühne, in Jedermanns „in Sünd’ ersoff’nem“ Lifestyle sucht Cornelius Obonya mit Erfolg nicht vorrangig den rüden Unsympathen, sondern die feineren Zwischentöne. Peter Lohmeyer bleibt als hagerer, auf hohen Hacken stöckelnder Tod ein Erlebnis, die überdimensionalen Pappmaché-Puppen, die die Regisseure Brian Mertes und Julian Crouch mit ins Spiel vom Sterben des reichen Mannes schicken, ebenso.
So weit alles beim Alten im dritten Jahr dieser Salzburger „Jedermann“-Inszenierung – beim sonntäglichen Auftakt allerdings mit Einbußen: Die Vorstellung musste wegen Regengefahr ins Festspielhaus ausweichen.
Der Lust an der Läuterung des reichen Mannes tut das freilich wenig Abbruch – Hauptsache (man kennt das ja auch von anderswoher), das Betteln bleibt auf der Bühne und dort dem armen Nachbarn (Johannes Silberschneider) vorbehalten.
Aushäusig hingegen frönt man auch der Lust am Premierengäste-Schauen, was ein Schauspiel für sich darstellt, wohlgemerkt ein höchst manierliches: Wo sonst wird von den Zaungästen auch ohne Absperrung der Respektabstand zur Prominenz so brav eingehalten wie in der Hofstallgasse?
Punkt 21 Uhr beginnt dann über der Stadt das große Regenprasseln und im Festspielhaus die zum Zug durch den Zuschauerraum umgewandelte Eröffnungsprozession. Dieser morbide Maskenball ist auch hier ein Augenschmaus, doch wirkt das Ensemble zunächst seltsam hölzern und es wirkt eine Weile lang so, als müsste es auch gegen das Festspielhaus anspielen. Erst allmählich, mit dem Hadern Jedermanns, gewinnt das Schauspiel wieder an Intensität und Dichte, in die Jürgen Tarrach als feister Mammon mit durchaus zeitloser Botschaft hineinplatzt: An seinem Gängelband zappelt letztlich ein jeder.
Daran, dass auch die Inszenierung von Crouch und Mertes sich schlussendlich in allzu bigotte Rührseligkeit ergibt, ändert auch Neuzugang Christoph Franken wenig, der seinen Teufel reichlich klamaukhaft anlegt. Überzeugend aber die junge Johanna Bantzer als Verkörperung der zunächst mit dürren Puppengliedmaßen ausgestatteten, verkümmerten Guten Werke und Sven Dolinski als glatter, guter Gesell, der lieber auf der Butterseite bleibt.