„Pizzeria Anarchia“ - Keine Regressmöglichkeit für Polizeieinsatz
Wien (APA) - Vor knapp einem Jahr ist die „Pizzeria Anarchia“ in der Mühlfeldgasse in Wien-Leopoldstadt geräumt worden. Der Polizeieinsatz k...
Wien (APA) - Vor knapp einem Jahr ist die „Pizzeria Anarchia“ in der Mühlfeldgasse in Wien-Leopoldstadt geräumt worden. Der Polizeieinsatz kostete 870.000 Euro. Jetzt hat eine vom Innenressort in Auftrag gegebene Expertise ergeben, dass es keine Möglichkeit gibt, sich Geld von den Hausbesitzern zurückzuholen. Einen Bericht des ORF Wien bestätigte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Donnerstag.
Die Konstellation war brisant: Der Besitzer des Hauses in der Mühlfeldgasse 12 hatte zweieinhalb Jahre vor der Räumung Aktivisten aus der Hausbesetzerszene angeboten, für ein halbes Jahr gratis in dem Gebäude zu wohnen. Er soll damit die Absicht verfolgt haben, die übrig gebliebenen Mieter aus dem Haus zu bekommen, was er selbst jedoch zurückwies.
Die Aktivisten solidarisierten sich jedoch mit den anderen Bewohnern, das Haus wurde besetzt und eine Pizzeria eröffnet. Der Besitzer schaltete die Justiz und erwirkte die Räumung, die am 28. Juli 2014 mit einem Großaufgebot an Polizisten gewaltsam durchgesetzt wurde - laut Wiener Exekutive waren es 1.300 bis 1.400 Beamte.
Es seien für das Gutachten alle Möglichkeiten in Betracht gezogen worden, sagte Grundböck zur APA. Im Endeffekt kam heraus, dass der Einsatz unter zwei Aspekten zu betrachten war: Einerseits ging es um die Assistenzleistung für einen Gerichtsvollzieher, zu der die Exekutive gesetzlich verpflichtet ist. Sich da die Kosten bei demjenigen zurückzuholen, der das Gerichtsverfahren angestrengt hat, ist nicht möglich.
Die andere Perspektive ist die sicherheitspolizeiliche Aufgabenstellung, bei der die Exekutive zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung von sich aus tätig werden muss. Dazu ist sie gesetzlich verpflichtet, auch hier gibt es keine Regressmöglichkeit. Ob der Hausbesitzer in Spekulationsabsicht gehandelt hat, „hat nicht Relevanz“, sagte Grundböck.
Einer der größte Kritikpunkte vor einem Jahr war der ausufernde Polizeieinsatz für letztlich 19 Hausbesetzer. Die Wiener Exekutive habe das Problem gehabt, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die Gründe für ihre Vorgangsweise in Echtzeit zu kommunizieren, resümierte der Sprecher der Wiener Polizei, Johann Golob, im Gespräch mit der APA. Man habe allfällige Solidaritätsaktionen in anderen städtischen Bereichen befürchtet, wie es auch beim Akademikerball rund ein halbes Jahr davor der Fall gewesen sei, so Golob. Deshalb sei die Kommandierung des Personals groß gewesen.
Nicht zuletzt wegen der Räumung der Pizzeria sei die Wiener Exekutive nun auf Twitter präsent und könne Maßnahmen in Echtzeit erläutern. Was man auch gelernt habe, ist das Abrücken vom Dogma, über die Größe des Aufgebots an Beamten im Vorfeld keine Angaben zu machen. Das habe man früher getan, um das „Gegenüber“ im Unklaren zu lassen, mit wie vielen Polizisten sie es zu tun haben. „Wir müssen solche Issues, die wahrscheinlich im Vorfeld auftreten, proaktiv ansprechen“, sagte Golob.
Die Mieter der Mühlfeldgasse wurden in den Tagen nach der Räumung delogiert. Die Bauarbeiten am Objekt sind voll im Gange, die Fassade ist mittlerweile erneuert. Das Gebäude wurde außerdem um zwei Etagen aufgestockt. Derzeit geht es um den Innenausbau. „Wenn es um Spekulation geht, hat sie sich voll ausgezahlt“, meinte ein Passant zur APA.