Neues Versammlungsgesetz trotz Protesten in Polen verabschiedet

Warschau (APA) - Trotz Protesten hat die polnische Regierung am Freitag ein neues Gesetz über öffentliche Versammlungen verabschiedet. Oppos...

Warschau (APA) - Trotz Protesten hat die polnische Regierung am Freitag ein neues Gesetz über öffentliche Versammlungen verabschiedet. Opposition und Menschenrechtsorganisationen warnten vor einer Einschränkung des Versammlungsrechts. Kritisiert wird außerdem, dass die Regierung das Gesetz, das öffentliche Versammlungen regelt, im Eiltempo durchgepeitscht hat.

Für die offenen Konsultationen sei nur eine Woche Zeit gewesen, monierten NGOs. „Dieses Gesetz betrifft eines der Grundrechte eines Individuums. Die Regierung hat es aber wie viele andere Gesetze, die sie noch schnell vor dem Ende der Amtsperiode abschließen will, verabschiedet“, kritisierte Michal Szwast aus der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte in einem Interview mit der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“.

Das Versammlungsgesetz musste abgeändert werden, nachdem das polnische Verfassungsgericht im vergangenen Jahr mehrere Artikel des bisherigen Gesetzes für verfassungswidrig erklärt hatte. Das Verwaltungsministerium legte nun ein völlig neues Versammlungsgesetz vor, weil es zum Schluss gekommen war, dass die nötigen Änderungen im bisherigen Gesetz, das vor 25 Jahren kurz nach der Wende verabschiedet worden ist, komplizierter wäre.

Das neue Gesetz sieht unter anderem eine ganz neue Definition einer öffentlichen Versammlung vor. Bisher galt erst eine Versammlung erst ab 15 Personen als solche, nun wurde die Mindestanzahl der Teilnehmer abgeschafft. Die rechtskonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) kritisiert, dass nun auch Zusammentreffen von nur drei Personen bei der Gemeinde registriert werden müssten. „Beim Runden Tisch sind wir in Richtung Demokratisierung gegangen, jetzt machen wir zwei Schritte zurück“, sagte die PiS-Abgeordnete und Mitautorin des bisherigen Gesetzes, Krystyna Pawlowicz, bei der Debatte.

Aber auch die Helsinki-Stiftung ist der Auffassung, dass die neue sehr allgemein formulierte Definition einer Versammlung für Probleme sorgen könnte. „Die Übergabe der Entscheidung an Beamten ist riskant“, kommentierte Szwast.

Die rechte Opposition kritisierte außerdem die neue Regelung, wenn an einem Ort zugleich zwei verschiedene Versammlungen angemeldet wurden. In diesem Fall soll der Termin der Anmeldung der Veranstaltungen entscheidend sein. Die später angemeldete Versammlung könnten Beamte verbieten. Die PiS warnte, dass Parteien fiktive Versammlungen anmelden könnten, um Pläne ihrer politischen Gegner zu durchkreuzen. Die PiS läuft außerdem Sturm gegen die Regelung, die der Polizei das Recht gibt eine Versammlung aufzulösen, wenn ihre Teilnehmer Strafbestimmungen verletzen. „Der Vorwand kann zum Beispiel auch Skandieren von Anti-Regierung-Parolen sein“, warnte Sasin. Alle Änderungsvorschläge der PiS wurden bei der Abstimmung abgelehnt.

Mit dem neuen Gesetz werden in Polen erstmals auch spontane Versammlungen geregelt. Kundgebungen, die ad hoc im Internet organisiert werden, wie im Falle der Proteste gegen das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA im Jänner 2012, dürfen künftig nur mehr stationären Charakter haben und müssen mindestens zwölf Stunden im Voraus angemeldet werden.