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Wenn Alt und Neu sich klug vereinen

Die Ducati Scrambler gefällt wegen ihrer klassischen Linien und bietet ordentlich Fahrspaß.Fotos: Letzner

Vierzig Jahre nach dem Produktionsende der Ur-Scrambler lässt Ducati diesen Mythos in Teilen wieder aufleben. Die aktuelle Scrambler Icon vereint den Spirit der 70er mit der Technik von heute.

Von Lukas Letzner

Innsbruck – Ein Leitgedanke, der im Automobilsektor schon seit Längerem wieder was gilt, kommt auch bei Zweiradherstellern erneut in Mode: Retro ist in! Dass aber ausgerechne­t die Jungs aus Bologna ein Motor­rad bauen, bei dem es in erster Linie um den Genuss am Fahren, und nicht um Dynamik und Sportlichkeit geht, hätten wir uns nicht unbedingt erwartet. Doch genau das will unsere Ducati Scrambler Icon sein. Ein Motorrad, das seinen Fahrer entstresst und einfach nur Freude bereitet. Da mussten wir natürlich genauer hinsehen und haben dem Mix aus neuer Technik und dem Look vergangener Tage auf den Zahn gefühlt.

Eines wird schon beim erste­n Anblick unserer Scramble­r deutlich: Die Designabteilung von Ducati hat ihren Job richtig gut gemacht. Es sind die kleinen Details, die die Blick­e binden und einen Hauch Sechziger- und Siebzigerjahre verbreiten. Da wäre zum Beispiel der Verschluss des Tankdeckels, auf dem der Schriftzug „Born free“ zu lesen ist, das Gaszuggehäuse, dessen Optik auf alt getrimmt wurde, oder das schlicht designte Rücklicht. Eines haben wir dann aber doch zu bekritteln: Auch wenn der Tacho alle wichtigen Infos für den Fahrer bereit hält, verstehen wir nicht, warum die Anzeige digital erfolgen muss und er keine Nadel haben darf.

Aber jetzt her mit dem Helm und rauf auf den Bock. Wer zum erstem Mal auf der Scrambler sitzt, wird überrascht sein, wie kompakt sie gebaut ist. Die Sitzhöhe fällt mit 790 Millimetern vergleichsweise niedrig aus, dafür baut der Lenker schön breit und sitzt vergleichsweise nah am Fahrer. Das Resultat ist eine lässig aufrechte Sitzhaltung. Größere Fahrer müssen auf der schmalen Sitzbank allerdings weiter nach hinten rutschen und hocken auf einer Kante im Polster. Speziell auf längeren Fahrten kann das etwas unbeque­m werden. Ab 180 Zentimetern Körpergröße macht sich zudem ein relativ spitzer Kniewinkel bemerkbar. Doch wer scrambeln will, der darf nicht jammern. Daher: rein mit dem Schlüssel und mit dem Finger aufs Knöpfchen.

Eigentlich hätte der luft-/ölgekühlte Zweizylinder mit dem Ende der Monster 796 ja aus dem Programm genommen werden sollen, doch in der Retro-Ducati erlebt er jetzt seinen zweiten Frühling. Und das zu Recht. Nach dem Druck auf den Anlasser entweicht dem dicken Stummeltopf ein herrlich bassiger L-Twin-Beat. Schon auf den ersten Metern wird deutlich, dass nicht nur die Designer gute Arbeit geleistet haben. Auch den Ingenieuren ist ihr Vor­haben gelungen. Der mittels geänderter Drosselklappenkörper und Nockenwellen modifizierte 803-Kubik-L-Twin liefert eine ausgezeichnete Vorstellung ab und die Scrambler fährt sich fast wie ein Fahrrad. Wer das Aggregat von der 796iger Monster her kennt, hätte ihm nie so gute Manieren zugetraut. Schon den kleinsten Zug am Hahn verwandelt der Twin in Längsbeschleunigung, und das ohne zu mucken und zu zicken. Ab 5750 Umdrehungen liefert das Aggregat sein maximales Drehmoment von 68 Nm an den hinteren Pneus. Klar, 75 PS bringen die 180iger Schlapfen nicht in Verlegenheit, doch der äußerst berechenbar­e Schub ermuntert auch Einsteiger, in Drehzahlbereiche jenseits der 8000 Umdrehungen vorzudringen. Allerdings macht man das nicht oft, denn Drehzahlorgien bringen wenig und passen auch gar nicht zum Wesen der Scrambler. Im Gegenteil: Sie ist eher für den Kurvenswing auf der Landstraße gebaut. Dort biegt sie äußerst willig ums Eck und hält sauber die Linie. Bei angemessenem Zug des Bremshebels verzöger­n die Brembos auch dementsprechend vehement. Wer es übertreibt, wird vom effektiv arbeitenden ABS gemaßregelt. Das Fahrwerk dämpft ehrlich direkt und lässt den Fahrer bei schlechter Fahrbahnbeschaffenheit automatisch vom Gas gehen.

Als unauffällig könnte man die Arbeit der Kupplung bezeichne­n. Sie ist gut dosierba­r und man muss nicht ins Fitnessstudio gehen, um ein­e längere Etappe zu überstehen. Anders sieht es da schon bei der Sechs-Gang-Schaltung aus, die man als typisch für Ducati beschreiben könnte. Der linke Fuß muss schon etwas kräftige­r am Hebel ziehen, um den nächsten Gang zu servieren.

Angenehm kurz fällt die Übersetzung der Scrambler aus und unterstreicht einmal mehr, dass sie nicht für Geschwindigkeiten jenseits der 140-km/h-Marke gebaut ist, obwohl sie bei Bedarf mit maximal 195 km/h förmlich über den Asphalt fliegen kann.

Wer bei all der Leichtigkeit befürchtet, als erfahrener Biker keinen Spaß mit der Scrambler zu haben, der irrt sich übrigens gewaltig, denn genau diese Leichtigkeit ist es, die jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Die Technik

Motor: V2 mit querliegender Welle

Hubraum: 803 ccm

Bohrung/Hub:88/66 mm

Drehmoment: 68 Nm bei 5750 U/min

Leistung: 55 kW/75 PS

L/B/H:2100–2165/845/1150 mm

Lenkkopfwinkel: 66° gg. Horizontale

Nachlauf: 112

Radstand: 1445 mm

Sitzhöhe:770/790 mm

Federweg vo./hi.: 150/150

Reifenbreite vo./hi.: 110/180

Trockengewicht:170 kg

Tankinhalt/davon Reserve: 13,5 l/k. A.

Antrieb: Kette

Höchstgeschwindigkeit: k.A.

0 – 100 km/h: k.A.

Verbrauch: k.A.

Preis: 9.595 Euro

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