Medizin-Nobelpreis 2015 - Von Bakterien, Pflanzen und Parasiten 1

Stockholm/Wien (APA) - Der Medizin-Nobelpreis 2015 - zur Hälfte an William C. Campbell (USA) und Satoshi Omura (Japan) sowie an Youyou Tu (C...

Stockholm/Wien (APA) - Der Medizin-Nobelpreis 2015 - zur Hälfte an William C. Campbell (USA) und Satoshi Omura (Japan) sowie an Youyou Tu (China) - belohnt wissenschaftliche Arbeiten, die mit der Entwicklung neuer Medikamente ganz wesentlich zur wirksamen Therapie gefährlicher Tropenerkrankungen geführt haben. In Staaten der Dritten und Vierten Welt haben sie die Gesundheitssituation der Menschen dramatisch geändert.

Omura und Campbell haben mit Ivermectin, eine Abwandlung des zunächst entdeckten Avermectin, erst die Eradikation der Flussblindheit in Reichweite rücken lassen. „Die Flussblindheit ist das Endstadium der Wurmerkrankung Onchozerkose. Übertragen wird sie durch Kriebelmücken, die in den Wäldern an Flussläufen leben. Dort haben sich in Afrika wegen der Fruchtbarkeit der Regionen auch die Menschen natürlich vermehrt angesiedelt“, sagte am Montag der Wiener Tropenmediziner Herwig Kollaritsch.

Die Mücken übertragen die Larven der Fadenwürmer, die im Körper ausreifen und wieder Larven (Mikrofilarien) bilden. Bei der Flussblindheit wandern letztere ins Auge ein. „Ivermectin hat eine tolle Wirkung. Es tötet die Mikrofilarien ab und macht die adulten weiblichen Würmer steril. Das unterbricht die Vermehrung. Und weil in der Folge auch die Mücken nicht mehr die Larven übertragen, unterbricht das auch den Übertragungskreislauf“, sagte Kollaritsch. Es gab zwar auch schon vorher Medikamente, aber die waren nur teilweise wirksam bzw. mit hohen Nebenwirkungen verbunden. Ivermectin wirkt sowohl gegen die Onchozerkose als auch gegen die lymphatische Filariose, die in tropischen Ländern mehr als hundert Millionen betrifft.

Der Ausgangspunkt für die Entwicklung von Avermectin und dessen Abwandlung, Ivermectin, war klassische Wirkstoffforschung. Omura arbeitete als Mikrobiologe mit Streptomyces-Bodenbakterien. Aus einem Stamm hat man ehemals das erste TBC-Medikament (Streptomycin) sowie weitere antibiotisch wirksame Substanzen gewonnen. Der Wissenschafter isolierte von mehreren tausend Kulturen die 50 am meisten Erfolg versprechenden für die weitere Entwicklung.

„Ich nehme den Preis dankbar an“, sagte Omura am Montag der offiziellen Plattform des Nobelpreiskomitees „Nobelprize.org“ und gab sich angesichts seines Beitrags bescheiden: „Es gab viele Forscher, die Wichtiges beigetragen haben, meine Forschung war gar nicht so entscheidend“. Er habe einiges dazu beigetragen, zu zeigen, wie wichtig Mikroorganismen in der Natur sind. Den Mikroorganismus, der entscheidend für die Entwicklung des Medikaments Avermectin war, fand der leidenschaftliche Golfspieler damals „sehr nahe an einem Golfplatz“, erklärte der neue Nobelpreisträger.

Jedenfalls bekam Willam C. Campbell, ein US-Parasitologe, Kulturen von Omura. Er fand heraus, dass einer der aus ihnen gewonnenen Wirkstoffe hoch effizient gegen Parasiten von Rindern etc. war. Man wandelte die Ursprungssubstanz schließlich in Ivermectin ab und hatte damit den neuen Wirkstoff für den Einsatz beim Menschen.