Ehefrau: „Raifs Platz ist nicht im Gefängnis“

Riad/Wien (APA) - Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Geschichte gerade jetzt zu Papier zu bringen?...

Riad/Wien (APA) - Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Geschichte gerade jetzt zu Papier zu bringen?

Es gab ja schon zuvor ein Buch mit Raifs Artikeln aus seinen Blogs und aus seinen Berichten in den Medien. Ich wollte mit dem Buch dazu beitragen, dass die Leser nicht nur den Blogger Badawi sehen, sondern auch den Menschen dahinter, seine Familie und seine Geschichte.

Was bezwecken Sie mit dem Buch, das in mehrere Sprachen übersetzt wird?

Ich hoffe, dass viele Menschen mein Buch lesen und mich und meinen Mann, sowie die Kinder auch von einer anderen Seite kennenlernen. Wenn sie uns besser verstehen, wird auch hoffentlich ihre Solidarität größer.

Was gibt es Neues von Ihrem Mann? Wie geht es ihm?

Raif ist stark. Er glaubt an seine Sache. Dennoch geht es ihm körperlich und seelisch sehr schlecht.

Wann haben Sie das letzte Mal mit ihm telefoniert?

Am 28. August, bevor ich nach Deutschland gefahren bin.

Wie oft telefonieren Sie?

Wir dürfen ihn nie anrufen. Er meldet sich ein bis zweimal in der Woche aber nur sehr kurz, also zwischen fünf und zehn Minuten. Dabei spricht er auch mit den Kindern, das gibt ihm Kraft. Ich versuche ihn bei diesen Gesprächen aufzubauen und ihm Hoffnung für die Zukunft zu geben.

Ist die Auspeitschung ein Thema?

Nein, aber ich höre an seiner Stimme, dass sie ihn belastet.

Wie reagieren die Kinder, die schon seit vier Jahren von ihrem Vater getrennt sind?

Soweit man das sagen kann, geht es den Kindern gut. Psychisch stehen sie aber unter einem enormen Druck. Sie vermissen ihren Vater, nicht nur in Tagen der Freude, sondern auch in Tagen der Trauer.

Haben Sie Neuigkeiten von der saudischen Justiz? Wie steht es um die Revision?

Der ganze Prozessvorgang ist sehr geheim gehalten und wir bekommen leider nicht alles mit. Vom Gericht selbst gibt es nur dürftige Informationen. Es ist ein ungewisses Warten. Ob sich ein neuer Richter mit dem Fall beschäftigen wird, ist unklar.

Haben Sie keine Angst, dass Ihr immenser öffentlicher Kampf um die Freilassung Raifs das Gegenteil bewirkt und die saudischen Behörden auf stur schalten? Das Außenamt in Riad hat sich ja bereits mehrfach jegliche Einmischung im Fall verbeten.

Im Gegenteil. Durch die mediale Berichterstattung wurde der Fall erst international bekannt und ich hoffe inständig, dass die Medien weiter berichten, bis er freigelassen wird.

Gibt es seitens der saudischen Behörden auch Druck auf Sie in Kanada?

Nein, ich lebe frei und unabhängig in Kanada und danke der Regierung dort, dass sie mir und meinen Kindern als erstes Land Asyl gewährt haben. Alles, was mir in Kanada für ein glückliches Leben fehlt ist Raif.

Österreich setzt sich als neutrales Land sehr massiv für Ihren Mann ein. Was ist Ihr Appell an die Regierung?

Zunächst möchte ich den Medien und der Regierung danken, dass sie sich für meinen Mann einsetzen. Die Regierung würde ich noch einmal bitten, dass sie direkte Gespräche mit der saudischen Regierung und dem König führt und noch einmal urgiert, dass mein Mann freigelassen wird und nach Kanada zu uns kommen darf.

Was verlangen Sie von der saudischen Führung?

Sie soll bitte den Fall neu prüfen. Mein Mann fehlt uns, er ist das teuerste, was wir haben. Er ist so ein friedfertiger und rechtschaffener Mensch. Ich will, dass sie ihn freilassen und betone noch einmal mit Nachdruck: Raifs Platz ist nicht im Gefängnis.

Dieses Interview ist eine Koproduktion zwischen „Wiener Zeitung“ und APA-Austria Presse Agentur.

(Das Gespräch führte Arian Faal/APA)