Wut und Yoga: „Die Vergebung muss noch warten“ von Daniela Emminger

Wien (APA) - „Passio forte“, eine aus Passionsblumenextrakten in Tibet nach Geheimrezepturen hergestellte Wunderpille, bringt Seelen zum Sch...

Wien (APA) - „Passio forte“, eine aus Passionsblumenextrakten in Tibet nach Geheimrezepturen hergestellte Wunderpille, bringt Seelen zum Schwingen und Leiber zum Leuchten. Wird sie in hoher Dosis Hostien beigemischt, wird schon mal eine ganze Kirche in leuchtendes Rosa getaucht. Daran kann auch der Papst nicht vorbeisehen. Wie auf einem Trip geschrieben, wirkt auch der Roman, von dem hier die Rede ist.

„Die Vergebung muss noch warten“ heißt das Buch, das die in Wien lebende Oberösterreicherin Daniela Emminger heute, Dienstag, in Wien präsentiert. Es taucht tief ein in die Welt der Esoterik und mischt genussvoll alles, was sich längst in unserer westlichen Gesellschaft durchgesetzt hat, mit Dingen, die rational denkenden Menschen weiterhin suspekt vorkommen: Yoga und Lichtesser, Psychotherapie und Wiedergeburt, Gruppenseminare und Wunderdrogen.

Im Zentrum stehen Kilb, Hürm und Rum - nicht von ungefähr alle Drei nach Ortsnamen benannt. Nicht immer sind die Witze, bei denen sich Emminger hemmungslos bedient, nachvollziehbar, und nicht immer sind sie lustig. Und doch regiert ein heiterer Grundton, der das im Czernin Verlag erschienene Buch zur vergnüglichen Lektüre macht. Kilb ist eine attraktive, sportliche Anfang-Dreißigerin, beruflich eine erfolgreiche Journalistin und Bloggerin, privat in „romantische Routinen“ verstrickt und von psychosomatischen Zuständen und undefinierten Wutgefühlen geplagt. Sie landet in der „Selbsthilfegruppe der Aggressiven Romantiker“, wo sie Hürm und Rum kennenlernt.

Hürm, ein vom Leben gebeutelter Mittfünfziger, ist nach dem Unfalltod seines Sohnes und dem anschließenden Selbstmord seiner Frau aus der Spur geraten und nach verbüßter Haft wegen eines Rachemordes an jenem Autofahrer, der sein Kind getötet hatte, zum Aggressionsabbau in der Gruppe gelandet. An seiner Seite der sanfte Bernhardiner-Hund Rum, der ihm am Pariser Flughafen zugelaufen war und in dessen Hundeseele eigentlich jemand ganz anderer steckt.

Was sich aus dieser Konstellation entwickelt und in Showdowns bei einem Esoterikerkongress in Graz, in dem schokosüchtige Lichtesser und betrügerische Esoteriker auf ihre wundergläubige Klientel treffen, und bei Mischung aus Wandertag und Jagdausflug in der Nähe von Lilienfeld mündet, ist reichlich fantasievoll und ziemlich durchgeknallt. Aber, nimmt man die kürzlichen Meldungen von einem gefährlichen Massenrausch bei einem Heilpraktikertreffen in Niedersachsen, das durch die Einnahme einer verbotenen Psychodroge völlig außer Kontrolle geriet, möglicherweise doch nicht so weit hergeholt wie man annehmen möchte.

Emminger jedenfalls war zuletzt zwei Monate lang in Kirgistan, um an ihrem nächsten Roman zu arbeiten. Es sei „wahnsinnig, schäbig, heiß, wild, aufregend und wundertoll“ gewesen, verrät sie. Auch das nächste Buch dürfte wohl keine 08/15-Geschichte werden.

(S E R V I C E - Daniela Emminger: „Die Vergebung muss noch warten“, Czernin Verlag, 256 S., 21,90 Euro, Buchpräsentation: Heute, Di., 6.10., 19 Uhr, Future-Garden, Wien 6, Schadekgasse 6)