Menschenrechte in Weißrussland: Helsinki-Komitee sieht wenig Änderung
Minsk (APA) - Trotz laufender Bemühungen des Lukaschenko-Regimes, die auf eine Normalisierung der Beziehungen zum Westen abzielen, sieht Ale...
Minsk (APA) - Trotz laufender Bemühungen des Lukaschenko-Regimes, die auf eine Normalisierung der Beziehungen zum Westen abzielen, sieht Aleh Hulak, der Chef des weißrussischen Helsinki-Komitees, keine maßgebliche Verbesserung der Menschenrechtssituation in seiner Heimat. Im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen beklagt der Jurist zudem weitgehende Intransparenz.
Natürlich begrüße seine Menschenrechtsorganisation die im August erfolgte Freilassung von sechs politischen Gefangenen in Weißrussland, erklärt Hulak im Gespräch mit der APA: „Wir sollen uns aber nicht in die Irren führen lassen, dass dies mit der Achtung von Menschenrechten zu tun hat.“ Dieser Schritt habe seiner Ansicht nach mit Minsks Interaktion mit dem Westen zu tun, die weißrussischen Behörden hätten hier nachgegeben und diesbezügliche westliche Forderungen erfüllt.
Denn kurz nach diesen Enthaftungen seien drei Graffiti-Künstler wegen angeblichen Extremismus verhaftet worden und anschließend auf freien Fuß gesetzt worden. „Zumindest derzeit demonstrieren jedoch die Machthaber eine Bereitschaft, keine Grundlagen dafür zu liefern, die von politischen Häftlingen in Weißrussland sprechen ließe“, sagt der Jurist.
Abgesehen davon seien zuletzt, so erzählt Hulak, keine weißrussischen Journalisten mehr verhaftet worden, die ohne Akkreditierung für Medien wie „Belsat“ oder „Radyjo Razyja“ mit ausländischem Sitz arbeiten und dafür in der Vergangenheit zu Geldstrafen wegen „illegaler Herstellung und Verbreitung von Medienproduktion“ verurteilt worden waren. „Das hat in den letzten drei bis vier Wochen aufgehört. Alles andere ist gleich geblieben“, sagt er.
Westliche Politiker, so meint der Menschenrechtsexperte, sollten deshalb nicht mit rosa Brillen auf die Situation in Weißrussland blicken. Wenn Lukaschenko Erleichterungen umsetze, bedeutete dies nicht, dass damit ein Übergang zu einem System beginnen könnte, in dem Menschenrechte eine zentrale politische Bedeutung spielen könnten. „Lukaschenko wird dies nie machen: Sein Zugang basiert auf anderen Prinzipien, die nicht von der Achtung der Würde eines konkreten Menschen und einer daraus resultierenden Wertschätzung der Menschenrechte als Idee ausgehen, sondern von einem sowjetischen System, in dem die Mehrheit Vorrang hat und der einzelne Mensch daher nicht so wichtig ist“, erklärt Hulak.
In Bezug auf die Präsidentschaftswahlen, die das weißrussische Helsinki-Komitee gemeinsam mit der Menschenrechts-NGO „Wjasna“ beobachtet, sieht Hulak große Probleme mit Transparenz. Die Machthaber hätten völlige Kontrolle über die Wahlkommissionen, deren Mitgliedern von örtlichen Regierungen und Gemeinderäten nominiert würden. „In 6.000 Wahlkommissionen mit mehr als 70.000 Mitgliedern gibt es bloß 35 Angehörige von Oppositionsparteien“, kritisiert er.
Zudem seien die Möglichkeiten von Wahlbeobachtern sehr eingeschränkt, eine unmittelbare Beobachtung der Arbeit der Wahlkommissionen und der Stimmzählung sei unmöglich, erläutert er. Und nicht zuletzt verfüge der Staatsapparat über sogenannte „administrative Ressourcen“, Möglichkeiten der Beeinflussung, die das Wahlverhalten der Bevölkerung deutlich stärker als jede Agitation der Kandidaten selbst beeinflussen könnten. „Niemand hat mehr die Illusion, dass die Machthaber durch diese Wahlen abgelöst werden könnten“, sagt Hulak.
((Alternative Schreibweisen Oleg Gulak))