Was die Institute der deutschen Regierung empfehlen

Berlin (APA/Reuters) - Seit Jahrzehnten analysieren die führenden Institute die Lage in Deutschland und liefern der Berliner Regierung Empfe...

Berlin (APA/Reuters) - Seit Jahrzehnten analysieren die führenden Institute die Lage in Deutschland und liefern der Berliner Regierung Empfehlungen für die Wirtschaftspolitik. Nachfolgend ein Überblick über die Ratschläge der Forscher in ihrem aktuellen Herbstgutachten, das am Donnerstag veröffentlicht wurde:

FLÜCHTLINGE

„Ob die mit der Flüchtlingsmigration in der langen Frist verbundenen Chancen für die deutsche Wirtschaft genutzt werden, hängt von wirtschaftspolitischen Weichenstellungen ab, die jetzt vorzunehmen sind und nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfen“, mahnen die Institute. Sprachkurse allein reichten zur Integration nicht aus. „Bei Personen mit einer Berufsausbildung wird vielfach trotz gegebener fachlicher Fähigkeiten eine Anpassungsqualifizierung erforderlich sein.“

Die von der deutschen Regierung bereits ergriffenen Maßnahmen wie das von neun auf drei Monate verkürzte Arbeitsverbot für Asylbewerber zielten in die richtige Richtung. Allerdings müssten Arbeitgeber nach wie vor den Nachweis erbringen, dass für den Job kein Einwohner Deutschlands oder ein anderer EU-Bürger in Frage komme. „Damit verbunden ist in vielen Fällen ein erheblicher zeitlicher und bürokratischer Aufwand, der oftmals - gerade bei geringer qualifizierten Tätigkeiten - den Abschluss eines Arbeitsvertrags verhindert.“ Die Institute sprechen sich daher dafür aus, diese sogenannte Vorrangprüfung bei Asylbewerbern einer solchen Nationalität aufzuheben, bei denen die Gewährung von Schutz wahrscheinlich ist. Auch im Bereich der frühkindlichen und schulischen Bildung müsse ein ausreichendes Angebot bereitgestellt werden.

UNG

„Moderne Volkswirtschaften wachsen in abnehmendem Maße durch Investitionen in Beton und in zunehmendem Maße durch Investitionen in Köpfe“, betonen die Forscher. „Hier gilt es, Wachstumspotenziale zu heben.“ Konkret wird vorgeschlagen, nicht nur die Zahl der Kitaplätze zu erhöhen, sondern auch die Qualität der Betreuung zu erhöhen - vor allem für sozial benachteiligte Kinder. Auch die finanzielle Ausstattung der Universitäten müsse verbessert werden, hinke sie doch weit hinter der internationalen Spitzengruppe zurück. Zur Finanzierung der höheren Bildungsausgaben schlagen die Experten vor, andere Staatsausgaben langsamer wachsen zu lassen.

FINANZPOLITIK

Die Lohnnebenkosten in Deutschland sind höher als im Schnitt der Industriestaaten, was den Experten zufolge die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dämpft. Um Sozialabgaben senken zu können, schlagen sie vor, versicherungsfremde Leistungen - zu denen etwa die beitragsfreie Mitversicherung für Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung zählt - aus dem Steueraufkommen zu finanzieren. Zugleich wollen die Institute die kalte Progression - automatische Steuererhöhungen bei Lohnzuwächsen - stärker abbauen. Die bisherigen Maßnahmen der deutschen Regierung seien „keinesfalls weitgehend genug und sollten ferner in Zukunft regelmäßig und in angemessenem Umfang erfolgen.“ Der Spielraum dafür könne durch den Abbau von Steuervergünstigungen und Subventionen erhöht werden. Außerdem finanzierten sich die Mehrausgaben zum Teil selbst: Geringere Lohnnebenkosten und Steuern ermöglichen mehr Wachstum und damit höhere Steuereinnahmen, so die Institute.