EM-Quali

Österreich kann im Hexenkessel befreit aufspielen

Aleksandar Dragovic gab sich als Freund spannungsgeladener Matches zu erkennen. Das ist dem Kiew-Legionär heute in Podgorica gewiss.
© Gepa

Das ÖFB-Team will siegen, Montenegro muss siegen: Ein kleiner, aber feiner Unterschied, der heute (20.45 Uhr, TT.com-Live-Ticker und ORF eins) helfen soll, ein paar Rekorde einzufahren.

Aus Podgorica: Hubert Winklbauer

Podgorica –Irgendwie locker! Vom ganz großen Stress sind die ÖFB-Teamkicker befreit. Das konnte man ihnen am Flughafen Wien vor der Abreise nach Podgorica zum heutigen vorletzten EM-Qualifikationsspiel (20.45 Uhr, live ORF eins) in Montenegro auch ansehen. Dabei geht es noch immer um viel, also um Topf zwei in der Gruppenauslosung für die EM. Aber nicht mehr um alles. Schließlich sind sie fürs zweitgrößte Fußballspektakel der Welt im Juni 2016 in Frankreich schon zugelassen.

Psychologisch fast eine Idealkonstellation: So irgendwo zwischen Druck und Freiheit soll ja jener Bereich liegen, der Fußballer die größte Effizienz erreichen lässt. Die Balance muss stimmen. Und die stimmt, wenn die Sinne geschärft sind. Und wenn der Druck nicht jene Ausmaße erreicht, die das Kreative blockieren.

Dass die Kicker von Montenegro (auf Deutsch: schwarzes Gebirge) nur einen Punkt hinter Schweden und drei hinter Russland noch Chancen auf die EM-Teilnahme haben, wird sich atmosphärisch im 17.000 Fans fassenden Stadion niederschlagen. Von einem einschüchternden Ambiente spricht im ÖFB-Team niemand. Dazu gehören ja zwei: Die, die einschüchtern wollen. Und die, die sich einschüchtern lassen. Die Zweiteren sind die Koller-Schützlinge schon lange nicht mehr. Zu viel Erfahrung haben sie individuell und kollektiv auf dem Buckel. Abwehrboss Aleksandar Dragovic hatte in sein Innenleben blicken lassen – und damit auch in das der meisten seiner Teamkollegen: „Ich finde es geil, wenn es rund geht. Gänsehaut-Feeling macht auch mich stärker.“ Zlatko Junuzovic rechnet heute mit einer hektischen Partie und mit ein paar schmutzigen Tricks der Montenegriner.

Der 72. der FIFA-Weltrangliste und 35. im UEFA-Ranking könnte Großes schaffen. Als eigenständiger Staat war er bei allen Großereignissen seit 2006 nur Zaungast. ÖFB-Teamchef Marcel Koller hat seine Truppe auf eine ruppige Partie vorbereitet. Aber ein übermotivierter Gegner ist auch fehleranfällig. Österreich muss also schlau spielen. Dann ist möglich, was als Rekord vermerkt werden würde: Das ÖFB-Team würde seine Auswärtsbilanz mit einem vollen Erfolg auf bisher unerreichte sieben Siege in Folge schrauben und den achten Pflichtspiel-Erfolg en suite – ebenfalls ein Rekord – einfahren. In diesem Fall hätten die Österreicher auch das zehnte Bewerbsmatch in Folge nicht verloren. Besser war nur das Wunderteam, das von 1931 bis 1934 zwölfmal hintereinander siegen konnte. Was in den Geschichtsbüchern mit goldenen Lettern übertitelt werden würde, sind für Koller nur „angenehme Nebenaffekte“. Ihm ist es wichtig, dass die Mannschaft zeigt, was sie draufhat: „Auch in Podgorica laufen wir ein, um zu gewinnen.“

Seine Zukunft hat Marcel Koller (Wie groß ist das Bedürfnis von Borussia Mönchengladbach, ihn zu verpflichten, wirklich?), dessen Vertrag mit dem ÖFB 2016 ausläuft, bislang weder seinen Vorgesetzten des ÖFB noch seinen kickenden „Untergebenen“ kundgetan. Alle gemeinsam hat er wissen lassen, dass Deutschland das Land des Fußballweltmeisters sei. Und deshalb auch von großem Interesse für jeden Trainer.

Die Spieler machen sich für Koller stark. Arnautovic gibt sogar Prognosen – „Er wird bleiben“ – ab. Aber all diese Spekulationen, da sind sich Trainer und Spieler einig , werden die Einstellung im heutigen Spiel gegen Montenegro nicht beeinflussen.

Im ÖFB-Team sind alle fit, Montenegro hingegen fürchtet, auf seinen besten Spieler verzichten zu müssen. Inter-Mailand-Stürmer Stevan Jovetic klagt noch immer über Schmerzen im Oberschenkel, hat bislang nie mit der Mannschaft trainiert.

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