EU-Staaten wollen schneller abschieben - auch in Balkanstaaten

Luxemburg (APA/dpa) - Zu ihrer Entlastung in der Flüchtlingskrise wollen die EU-Staaten abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben. Dafür ...

Luxemburg (APA/dpa) - Zu ihrer Entlastung in der Flüchtlingskrise wollen die EU-Staaten abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben. Dafür will die EU Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern besser nutzen, die EU-Grenzschutzagentur Frontex stärken und das Personal für Aufnahmezentren (Hotspots) verzehnfachen. Die EU-Innenminister wollten am Donnerstag in Luxemburg entsprechende Maßnahmen beschließen.

Nach Angaben der EU-Kommission verlassen nur 40 Prozent aller Flüchtlinge, die zur Rückkehr aufgefordert wurden, tatsächlich Europa. Auch in die Balkanstaaten soll leichter abgeschoben werden. Darüber reden die europäischen Minister am Abend (18.00 Uhr) mit ihren Kollegen vom Balkan.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erklärte am Donnerstag in Luxemburg sie erwarte von dem Treffen Schritte zu wirksameren Abschiebungen und zum Aufbau von „Hotspots“ für die Registrierung von Asylbewerbern. „Zu einer erfolgreichen Asylpolitik gehört eine effiziente Rückkehrpolitik. Da geht es vor allem darum, dass hier auch harte Maßnahmen notwendig sind.“ Auch die EU-Grenzschutzagentur müsse gestärkt werden und schnelle Eingreifteams für Rückführungen bereitstehen. Die EU-Kommission sei gefordert, verstärkt Rückführungsabkommen abzuschließen.

Mikl-Leitner sprach sich außerdem für Asyl-Obergrenzen, wie sie der deutsche Innenminister Thomas De Maiziere im Unterschied zu Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert hat. Der Vorschlag müsse fachlich und sachlich diskutieren, erklärte sie. „Es sind 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Da liegt es auf der Hand, dass Europa keine 60 Millionen Menschen aufnehmen kann, dass es hier eine Obergrenze geben muss.“

Auch der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere sprach sich für eine schnellere Abschiebung aus. Europa könne politisch verfolgten Flüchtlingen mit Anspruch auf Asyl nur dann Platz bieten, „wenn die Nicht-Schutzbedürftigen gar nicht erst kommen oder schnell zurückgeführt werden“. Auf die Frage, ob dies in der Praxis nicht schwer umzusetzen sei, sagte der Minister: „Rückführung ist immer hart, das ist so.“

In einem Beschlussentwurf für das Treffen heißt es, die EU und ihre Mitglieder müssten mehr tun: „Höhere Rückkehrquoten sollten zur Abschreckung für die irreguläre Migration dienen.“ Die britische Innenministerin Theresa May sagte: „Wir müssen hart durchgreifen gegen die, die unser Asylsystem missbrauchen.“

Der für Migration zuständige Luxemburger Außenminister Jean Asselborn, der derzeit die Treffen leitet, sagte, alle EU-Staaten stünden hinter diesem Papier. Rückführungen seien ein wichtiger Bestandteil der europäische Flüchtlingspolitik. Schengen und Migrationspolitik und Rückführungen seien „ein Ganzes, das ist ein Paket“. Das Schengener Abkommen garantiert in Europa das Reisen ohne Grenzkontrollen.

Minister de Maiziere betonte die Bedeutung des Grenzschutzes für die Reisefreiheit in der EU: „Ein Europa ohne gesicherte Außengrenzen wird bald ein Europa voller interner Grenzkontrollen sein. Das wollen wir nicht.“

Bei dem Treffen reden die Minister auch über einen dauerhaften Mechanismus für die Verteilung von Flüchtlingen. Da dieser nach wie vor umstritten ist, kann er erst zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werden. Nach langen Debatten hatten sich die EU-Staaten im September vorerst auf die Verteilung von insgesamt 160.000 Flüchtlingen geeinigt. Am Freitag sollen die ersten 20 Flüchtlinge aus Italien verteilt werden, Zielland ist Schweden.

Am Abend (18.00 Uhr) wollen die EU-Außenminister gemeinsam mit den Innenministern über den richtigen Weg beraten. Bei dieser Westbalkan-Konferenz sind auch Minister aus den Balkanstaaten sowie aus anderen Ländern mit vielen Flüchtlingen wie Türkei, Libanon und Jordanien anwesend. Die Konferenz dreht sich um die deutlich wachsende Zahl von Migranten, die aus dem Nahen Osten über die Balkanroute nach Europa kommen.

Die sechs Balkanländer sollen auf der geplanten EU-Liste der sicheren Herkunftsländer stehen, in die die EU-Staaten Flüchtlinge leichter abschieben können. Umstritten ist aber nach wie vor, ob auch die Türkei auf die Liste kommen soll. De Maiziere plädierte dafür, die Türkei als „sicheren Herkunftsstaat“ einzustufen. „Ich persönlich wäre dafür“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Zu dem Plan der EU-Kommission, anerkannte Flüchtlinge aus der Türkei in Europa zu verteilen, sagte Mikl-Leitner, es gelte die Gespräche mit Ankara abzuwarten. „Wie immer, wenn man eine engere Zusammenarbeit sucht, ist das natürlich ein Geben und Nehmen, aber das ist am Verhandlungstisch zu vereinbaren.“

Die Grüne Vizepräsidentin und Kosovo-Berichterstatterin des EU-Parlaments Ulrike Lunacek fordert vor der Konferenz die EU müsse den betroffenen Westbalkanländern umgehend mehr Unterstützung zusichern und nicht „die gemeinsame Verantwortung für die Flüchtlinge an diese Staaten delegieren“. Es sei auch „inakzeptabel“, dass die EU-Innenminister „einen sicheren Drittstaat nach dem anderen ausrufen, um damit eine Abschiebespirale in Gang setzen zu können, die zu Lasten der Flüchtlinge und diesen bereits schon überforderten Drittstaaten geht“, so Luncek in einer Aussendung.