„Die Gärtner der Meere“ - El Salvador wird zum Schildkrötenparadies

San Salvador (APA/dpa) - Für Meeresschildkröten scheint die 330 Kilometer lange Küste von El Salvador heute das Paradies auf Erden zu sein. ...

San Salvador (APA/dpa) - Für Meeresschildkröten scheint die 330 Kilometer lange Küste von El Salvador heute das Paradies auf Erden zu sein. Immerhin vier der sieben bekannten Arten nisten in der Region. Der mittelamerikanische Staat ist damit eines der wichtigsten Länder weltweit, wenn es um den Schutz der bedrohten Reptilien geht. Das war nicht immer so: Lange Zeit jagten Wilderer die Panzertiere.

Sie hatten es vor allem auf die Eier und das Fleisch abgesehen, beides gilt bei vielen Menschen als Delikatesse. Auch die Panzer selbst sind beliebt und werden zu Schmuck und anderen Accessoires weiterverarbeitet. Erst 2009 wurde der Handel mit Schildkrötenprodukten in El Salvador strengstens verboten.

Das habe nicht nur dazu beigetragen, die Tiere selbst zu retten, sondern auch den Ozean, sagt Jorge Oviedo, Direktor des Fonds für die Initiative der Amerikas (FIAES), der sich auch um Umweltschutzprojekte kümmert. Meeresschildkröten hielten unter anderem das ökologische Gleichgewicht aufrecht. Sie fressen etwa Algen und Seegras und ermöglichen so kleinen tropischen Fischen, sich in dem sauberen Wasser vermehrt fortzupflanzen, wie Oviedo erklärt.

Auch Quallen stehen bei manchen Arten auf dem Speiseplan, was wiederum die Zahl der gefährlichen Nesseltiere eindämmt. Viele bunte Fische und wenig Quallen: Das lockt Schnorchler und Taucher an, die die Tourismusindustrie ankurbeln. Seit einiger Zeit haben zudem Surfer El Salvador für sich entdeckt. Einen Boom erlebt das für seine hohen Wellen bekannte Gebiet El Tunco.

Das natürliche Gleichgewicht der Meere ist aber auch für die Fischerei im kleinsten Land Zentralamerikas von größter Wichtigkeit. „Es geht ja nicht nur darum, dass Schildkröten nette Tiere sind. Tatsache ist, dass wir durch die Rettung der Schildkröten auch die Fischereiindustrie in unserem Land retten“, erklärt Oviedo. Denn die Reptilien trügen durch ihre eigenen Essgewohnheiten auch zum Überleben vieler Speisefischarten bei.

„Sie halten das Meer sauber und machen damit das Wasser klar“, sagt Oviedo. Er bezeichnet die gepanzerten Reptilien als „Gärtner der Meere“. Die Tiere bevölkern seit über 250 Millionen Jahren die Ozeane und legen dabei den Strömungen folgend weite Strecken zurück.

In El Salvador leben die Oliv-Bastard-, Karett- und Lederschildkröte. Zudem gibt es die Schwarze Suppenschildkröte. Alle gelten als bedroht, aber für Karett- und Lederschildkröten ist die Lage besonders kritisch. Ein bei Karettschildkröten-Weibchen beliebte und an Mangrovenwäldern reiche Bucht wurde 2007 von der Unesco zum Biosphärenreservat erklärt. Der nur 37 Kilometer lange Strand von Xirigualtique-Jiquilisco ist relativ abgeschieden.

Dennoch ist die Gefahr für die Tiere an weiten Teilen der Küste noch nicht gebannt. Die Nistplätze würden nicht nur durch die Anwesenheit von Menschen, sondern auch durch wilde Tiere und Hunde bedroht, so Celina Duenas vom Umweltministerium.

Einige Organisationen haben nun ehemalige Schildkrötenjäger und Mitarbeiter der Schildkrötenindustrie angeheuert, um den Tieren zu helfen. Statt Eier zu verkaufen, sammeln sie diese nun ein und legen sie zum Ausbrüten in einen Inkubator. In den vergangenen fünf Jahren seien fünf Millionen winziger Schildkröten-Babys in El Salvador ausgesetzt worden, rechnet Oviedo vor. Jedoch schafft es laut Umweltministerium nur eine von tausend, die Herausforderungen der Ozeane zu überleben.

Die früheren Wilderer hätten zudem neue Boote und Ausrüstung erhalten, um nun besser fischen zu können. Einige von ihnen seien zu Touristenführern ausgebildet worden, um Besuchern die Bedeutung der Meeresschildkröten zu erklären, sagt Oviedo. „Wir haben die ehemaligen Schildkröten-Wilderer bekehrt“, meint er stolz. „Die Leute haben verstanden, dass es ein besseres Geschäft ist, sich um die Meeresschildkröten zu kümmern, als ihre Eier zu essen.“