Multiple Sklerose

Erstmals medikamentöse Therapie bei fortschreitender MS denkbar

(Symbolfoto)
© Cristian Casanelles

Neue Medikamenttherapien geben Hoffnung bei der Behandlung von Multipler Sklerose.

Wien/Barcelona/Basel – Erstmals könnte es in Zukunft auch eine medikamentöse Behandlung gegen jene Form der Multiplen Sklerose (MS) geben, die von Beginn der Erkrankung kontinuierlich fortschreitet. Das legen Daten aus einer klinischen Studie nahe, an denen auch österreichische Wissenschafter beteiligt waren.

Beim Kongress der Europäischen MS-Forschungsgesellschaft (ECTRIMS) in Barcelona wurden vor kurzem die Resultate der so genannten Oratorio-Studie vorgestellt. Es handelte sich um eine weltweit durchgeführte, mit Placebo-Gruppe kontrollierte Wirksamkeits- und Sicherheitsstudie der Phase-III mit dem monoklonalen Antikörper Ocrelizumab. An ihr nahmen 732 Patienten mit primär progredienter MS teil.

Zwar tritt die Multiple Sklerose zumeist schubförmig auf, doch bei der selteneren Form der von Anfang an ständig fortschreitenden und mit zunehmender Behinderung einher gehenden Krankheit gab es bisher überhaupt keine wissenschaftlich belegte Therapieform.

Deshalb wurde das Biotech-Medikament (zwei Mal 300 Milligramm als Infusion alle sechs Monate im Abstand von zwei Wochen) im Vergleich zu einem Scheinmedikament untersucht. Die Dauer der Studie betrug bei allen Patienten mindestens 120 Wochen. Gemessen wurde das schlechter Werden der Behinderung der MS-Patienten.

„Die Studie zeigte, dass die Behandlung mit Ocrelizumab das (...) Risiko des Fortschreitens der klinischen Behinderung über mindestens zwölf Wochen signifikant um 24 Prozent reduzierte (...)“, hieß es in einer Aussendung des Schweizer Pharmakonzerns Roche.

Das Medikament wurde von dessen Biotech-Tochterunternehmen Genentech ursprünglich entwickelt. Über 24 Wochen hinweg gab es ebenfalls eine Reduktion des Risikos des Fortschreitens der Behinderung um 25 Prozent. Weiters blieb das Gehvermögen besser erhalten. Die für die MS typischen Entzündungsherde im Gehirn waren kleiner.

Die Multiple Sklerose dürfte eine Autoimmunerkrankung sein, bei der es zu einer Entzündungsreaktion im Gehirn kommt, welche die Isolierschichten der Nervenbahnen so schädigt, dass „Kurzschlüsse“ die Motorik immer mehr beeinträchtigen. Bei der häufigsten Form, der schubförmigen MS, gibt es seit vielen Jahren Immunmodulatoren (Beta-Interferon und Glatirameracetat).

Sie können die Schubrate um rund ein Drittel senken. Neu hinzu kamen bzw. kommen bei dieser MS-Form Wirkstoffe wie Natalizumab, Fingolimod (in Tablettenform, ursprünglich für die Transplantationsmedizin entwickelt), Alemtuzumab (ehemals ein hoch wirksames Therapeutikum für bestimmte Lymphomerkrankungen) und Teriflunomid (Tabletten).

Die von Anfang an fortschreitende Multiple Sklerose - etwa zehn Prozent der MS-Patienten leiden daran - war bisher kaum behandelbar. Ocrelizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der gezielt gegen an die Entzündungsreaktionen beteiligten B-Lymphozyten wirkt. An der neuen Studie waren auch die Universitätskliniken in Wien (AKH) und Innsbruck beteiligt, ebenso Spitalsabteilungen in Linz, Salzburg und Villach. Das Biotech-Arzneimittel hat offenbar auch bei schubförmig verlaufender MS (im Vergleich zu Beta-Interferon) eine deutlich bessere Wirkung. (APA)

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