Schauspieler ergreifen das Wort für gequälte Tiroler Heimkinder
Unter dem Motto „Jetzt reden wir!“ haben 14 Tiroler Heimkinder ihr Leiden geschildert. Aus der Doku ist ein Stück entstanden.
Von Alexandra Plank
Innsbruck – In ihrer Kindheit haben Erziehungsautoritäten sie niedergebrüllt und mundtot gemacht. Jetzt ist Schluss mit dem Schweigen. 14 Tiroler und Tirolerinnen haben in einem aufwändigen Projekt dem Historiker Horst Schreiber ihren Leidensweg erzählt. Daraus ist ein 90-minütiger Film entstanden, die Berichte sind auf www.heimkinder-reden.at abrufbar. Außerdem wurde ein Stück erarbeitet. Das biografische Theater der Gruppe nachtACTiv feiert am 29. Oktober im Freien Theater Premiere.
„Das Stück soll auch vor Jugendlichen gespielt werden. Nach jeder Aufführung besteht die Möglichkeit, mit der Regisseurin und der Theatergruppe zu sprechen. Auf diese Weise kann ein Beitrag zu einer reflektierten Beschäftigung mit einem Teil der Tiroler Sozialgeschichte geleistet werden“, sagt Historikerin und Regisseurin Irmgard Bibermann.
Die Spieler setzen sich in szenischer Form mit Originalquellen aus Interviewprotokollen von ehemaligen Heimkindern auseinander. Einerseits geht es um die schmerzhaften Erinnerungen an die Zeit in Heimen der Stadt Innsbruck, die menschenverachtenden Regeln des Zusammenlebens, die Entsolidarisierung der Zöglinge und die brutalen Erziehungsmethoden. Anderseits wird das Leben nach dem Heimaufenthalt erzählt. Es ist nicht die erste derartige Produktion der Gruppe. Zuletzt wurden mit der Produktion „Alte Heimat/Schnitt/Neue Heimat“, die Erinnerungen emigrierter Innsbrucker Juden nachhaltig ins Bewusstsein gerückt. Was kann Theater bewirken? Bibermann zitiert dazu den bekannten Regisseur Peter Palitzsch: „Das Theater muss den Willen haben, die Welt zu verändern. Nicht in der Erwartung, dass morgen eine andere Welt da ist, aber es müssen mit aller Energie gegen Dummheit, Stagnation, Gewalt, Unterdrückung andere Perspektiven aufleuchten.“