Zielpunkt: Über 210 Mio. Miese, Gewerkschaft überlegt Klage
Eigentümer rechtfertigt Immo-Deal. Gewerkschaft vermutet einen „Masterplan in Hinterhand“. Eine Zielpunkt-Filiale in Wien wurde Montag früh überfallen.
Spitzmarke – Die Lebensmittelkette Zielpunkt hat am Montagvormittag wie erwartet die Eröffnung eines Konkursverfahrens beim Handelsgericht Wien beantragt. Die Insolvenzschulden (Passiva) belaufen sich auf mehr als 210 Mio. Euro, teilten die Kreditschützer mit. Von der Insolvenz sind insgesamt 2.700 Mitarbeiter betroffen. Die Lebensmittelkette soll geschlossen und liquidiert werden.
Laut den KSV-Kreditschützern belaufen sich die Passiva auf 237 Mio. Euro und die Aktiva auf 33,5 Mio. Euro. Creditreform beziffert die Insolvenzschulden mit 214 Mio. Euro und das Vermögen mit 11,3 Mio. Euro. Das freie Vermögen beläuft sich auf 11,3 Mio. Euro, bestätigen die Zielpunkt-Anwälte Ulla Reisch und Ernst Chalupsky am Montag in einer Aussendung. Die Verbindlichkeiten von Zielpunkt ohne Berücksichtigung von Aus- oder Absonderungsrechten würden sich auf 83,9 Mio. Euro belaufen.
Zielpunkt erzielte im Geschäftsjahr 2014/15 mit 229 Filialen einen Umsatz von 438 Mio. Euro. Der Verlust belief sich zuletzt auf rund 12 Mio. Euro.
Gewerkschaft: Klage gegen Eigentümer möglich
Für den Chef der Gewerkschaft GPA-djp, Wolfgang Katzian, ist das schlimmste an der bevorstehenden Zielpunkt-Pleite, dass der Eigentümer Pfeiffer HandeslgmbH das Unternehmen nur vier Wochen vor Weihnachten in die Insolvenz schickt. „Das ist ein Hammer“, kritisiert der Gewerkschafter Pfeiffer in der Zeitung „Österreich“ (Sonntagsausgabe). Weiterhin schließt Katzian nicht aus, Pfeiffer zu klagen.
Man werde schauen, was noch alles ans Licht komme und dann gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten, bekräftigte der GPA-Chef. Wegen eines Immobiliendeals im Vorfeld der Pleite-Ankündigung - ein Insolvenzantrag soll erst morgen, Montag eingebracht werden - lasse „vermuten, da gibt es einen Masterplan in der Hinterhand“, so Katzian.
Auch die Ankündigung Pfeiffers kürzlich im APA-Interview, man wolle einige Standorte von Zielpunkt für andere Pfeiffer-Firmen wie Unimarkt oder Nah&Frisch haben, wenn dies der Masseverwalter erlaube, findet Katzian „wirklich arg“, wie er der Zeitung sagt. Die Firma sage damit: „Wir kaufen uns die guten Standorte aus der Firma, die wir in die Insolvenz schicken, heraus.“ Den Rest, der nicht laufe, überlasse man der Öffentlichen Hand, so der Gewerkschafter. „Das dürfen wir ihnen nicht durchgehen lassen.“
„Der Kauf war ein Teil der Sanierungsmaßnahmen“
Zielpunkt-Eigentümer Georg Pfeiffer sieht das naturgemäß anders. Der Kauf von 70 Zielpunkt-Immobilien von Trei Real Estate, wegen dem die Gewerkschaft GPA zu klagen überlegt, habe zum Ziel gehabt, „die Mieten für Zielpunkt um 4 Mio. Euro für die Standorte zu reduzieren“.
Die Objekte wurden von der Pfeiffer Handels GmbH „im Rahmen der Zielpunkt-Sanierungsmaßnahmen Anfang November erworben“. Der Kaufpreis lag bei kolportierten 38 Mio. Euro. „Der Kauf der Immobilien war ein Teil unseres Sanierungskonzeptes und seit mehreren Monaten - eben zur Absicherung von Zielpunkt - im Laufen und wurde jetzt abgeschlossen. Dass dies zeitgleich zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit von Zielpunkt passiert ist, ist ein unglücklicher zeitlicher Zufall“, so Pfeiffer weiters. Man habe wegen „vereinbarter Kündigungsverzichte aus diesen Mietverträgen nicht aussteigen“. Nur knapp vor Ankündigung der bevorstehenden Zielpunkt-Pleite war der Immobiliendeal von Pfeiffer bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) angemeldet worden.
Kreditschützer: Muttergesellschaft wollte nicht mehr
Der Konkurs der Lebensmittelkette Zielpunkt ist laut Creditreform unter anderem auf „die mangelnde Bereitschaft der Muttergesellschaft zur weiteren Betriebsmittelfinanzierung“ zurückzuführen. Zielpunkt gehört zur oberösterreichischen Pfeiffer Handelsgruppe. Als weitere Insolvenzursachen orten Kreditschützer „massive Umsatzeinbrüche“ und „die gescheiterte Investorensuche“.
Kurioses Detail am Rande: Die aktuellen finanziellen Kalamitäten bei Zielpunkt scheinen Räuber eher anzulocken denn abzuschrecken. Montag früh drangen laut Polizei zwei Maskierte mit Pistolen in eine Filiale der Supermarktkette in der Holzknechtgasse in Wien-Favoriten ein.
Die laut Zeugen schwarz gekleideten Räuber kamen einige Minuten nach 6.00 Uhr. Sie bedrohten die Angestellten und forderten Geld. Ihnen wurde die Tageslosung ausgehändigt, danach ergriffen sie die Flucht. (TT.com, APA)