Mikl-Leitner will Gesetz für den Ausnahmezustand
Die Innenministerin will die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, um der Exekutive in Notsituationen mehr Befugnisse übertragen zu dürfen.
Wien - SPÖ und ÖVP haben am Dienstag im Innenausschuss des Nationalrats ihre am Wochenende angekündigten Vorschläge zum neuen Staatsschutzgesetz eingebracht. Die Opposition reagierte allerdings enttäuscht, unter anderem weil es sich beim geplanten Rechtsschutz-Gremium (anders als ursprünglich angedeutet) formal nicht um einen Dreiersenat handelt. Die Koalition strebt einen Beschluss im Jänner an.
Verfassungsänderung wäre nötig
Innenministern Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigte sich überzeugt, dass Österreich mit den neuen Bestimmungen im Kampf gegen den Terrorismus gut aufgestellt sein werde. „Wir kommen im Kampf gegen den Terror nicht mit Romantik weiter“, so die Ministerin, die einmal mehr für eine Debatte über Regeln für die Verhängung eines „Ausnahmezustandes“ eintrat.
In Österreich gibt es - im Unterschied zu etwa Frankreich - keine Regelung, die es erlaubt der Exekutive in Notsituationen mehr Befugnisse zu übertragen. Etwa um Wohnungen ohne richterliche Beschlüsse durchsuchen zu dürfen, Jihadisten unter Hausarrest zu stellen oder ihnen Fußfesseln zu verpassen. Für ein Gesetz, das die Verhängung des Ausnahmezustands erlaubt, müsste man jedoch die Verfassung ändern.
Der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, berichtete von aktuell 256 Ermittlungen in Richtung Jihadismus. Gegen 217 Personen habe es in diesem Zusammenhang Anzeigen gegeben, 27 Personen seien in Haft.
Kritik von FPÖ und Grünen
FPÖ und Grüne kritisierten laut Parlamentskorrespondenz, dass in dem von SPÖ und ÖVP eingebrachten Abänderungsantrag weder von einem „Senat“ die Rede sei noch bestimmte Deliktsgruppen aus dem Staatsschutzgesetz gestrichen worden seien. Damit könnten nach wie vor Personen ins Visier des Staatsschutzes geraten, die sich über eine Landeshymne lustig machen, kritisierten die Grünen. Alle vier Oppositionsparteien forderten eine stärkere Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle.
Laut ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon war von einem „Senat“ nie die Rede, sondern nur von „senatsartigen Entscheidungen“ der Rechtsschutzbeauftragten. Demnach haben sie sich bei der Genehmigung besonderer Ermittlungsmethoden „regelmäßig über ihre Wahrnehmungen zu unterrichten und in grundsätzlichen Fragen der Aufgabenerfüllung eine einvernehmliche Vorgangsweise anzustreben“. Einer der drei muss außerdem Richter oder Staatsanwalt gewesen sein. Eine richterliche Kontrolle des Verfassungsschutzes lehnten sowohl SPÖ als auch ÖVP ab - unter Verweis auf die notwendige Trennung von Justiz und Exekutive.
Eingriffe auch ins Telekommunikationsgesetz
Begleitend zum Staatsschutzgesetz soll auch das Telekommunikationsgesetz geändert werden, um eine Grundlage für die Erteilung der vom Staatsschutz angeforderten Auskünfte durch die Telekom-Anbieter zu schaffen. (tt.com, APA)