Durchblick in der Augenvorsorge
Probleme beim Autofahren oder bei der Computerarbeit: Ab dem 50. Geburtstag raten Experten zu einer Augenuntersuchung. Nikolaos Bechrakis, Chef der Augenklinik Innsbruck, erläutert häufige Fragen.
Von Sabine Strobl
Innsbruck –Wie die Stiftung Auge erhoben hat, absolvierte in den vergangenen fünf Jahren jeder fünfte Deutsche einen Besuch beim Augenarzt. Für Österreich dürfte die Zahl ähnlich sein. Mit zunehmendem Alter machen Vorsorgeuntersuchungen Sinn: Einerseits gilt es die beginnende Alterssichtigkeit zu beheben, andererseits können auch Erkrankungen wie der grüne Star erkannt und folglich Sehschädigungen verhindert werden. „Ab dem 45. Lebensjahr benötigen Menschen, die bisher normalsichtig waren, meist eine Lesebrille. Das ist ein guter Anlass für einen Augencheck. Ich empfehle eine Augenkontrolle ab dem 50. Lebensjahr“, erklärt Nikolaos Bechrakis, Leiter der Innsbrucker Augenklinik.
1 Augenleiden als Volkskrankheit. Viele altersbedingte Erkrankungen manifestieren sich im Auge. Der grüne Star (Glaukom), Erkrankungen der Netzhaut bei Diabetes und die altersabhängige Makuladegeneration zählen im Alter zu den häufigsten Volkskrankheiten. Bechrakis: „Deshalb macht es Sinn, mit 50 eine Vorsorgeuntersuchung zu machen. Dann weiß man über den Zustand der Augen Bescheid.“ Eine Behandlung kann eingeleitet werden.
2 Der grüne Star ist im Frühstadium nur durch eine Augenuntersuchung feststellbar. Etwa 4 Prozent der Menschen ab 40 erkranken am grünen Star. Wie Bechrakis festhält, können Betroffene und auch ihr Umfeld die Erkrankung im Frühstadium nicht selbst feststellen. Beim grünen Star kommt es langsam zur Erhöhung des Augendrucks. Der erhöhte Druck wirkt der Sauerstoffversorgung entgegen. Dadurch sterben allmählich Netzhautzellen ab. Die schleichende Sehverminderung wird dabei lange nicht bemerkt. Bei einer Untersuchung wird der Augendruck gemessen, aber auch die Wahrnehmung im Raum untersucht. Das sei der schwierige Punkt, erläutert Bechrakis: „Die Patienten haben auch im relativ fortgeschrittenem Stadium ein gutes zentrales Sehvermögen. Sie können zum Beispiel kleine Buchstaben erkennen, haben aber ein eingeschränktes Blickfeld.“ An diese Einschränkung gewöhnen sich die Menschen, doch sie kann beim Autofahren gefährlich werden. Von der Seite hereinlaufende Kinder können übersehen werden. Die Senkung des Augendrucks wird durch Augentropfen erreicht.
3 Für Diabetiker ist die regelmäßige augenärztliche Kontrolle besonders wichtig.
Diabetes ist eine Erkrankung, bei der kleinste Gefäße zerstört werden. Dies ist vor allem bei Augen, Nieren, Gehirn und Nerven relevant. Augenärzte können die Gefäße auf der Netzhaut kontrollieren. Deshalb raten sie zu einer jährlichen Untersuchung. Spätfolgen von Diabetes kann man vorbeugen.
4 Infolge der Alterspyramide nimmt die Makuladegeneration zu. Anders als beim grünen Star, wo das periphere Sehvermögen leidet, kommt es bei der Makuladegeneration zur Störung in der Mitte des Gesichtsfeldes. Die altersbedingte Makuladegeneration führt zu Ablagerungen zwischen Netzhaut und Aderhaut. Drei Viertel der Patienten leiden unter der „gutartigeren“ trockenen Makuladegeneration. Seltener ist die feuchte Makuladegeneration, diese ist jedoch mit Medikamenten behandelbar. „Die trockene Makuladegeneration kann man derzeit nicht behandeln. Doch wir erwarten in spätestens zwei Jahren die Zulassung von Medikamenten“, so der Augenarzt. Bei der feuchten Form wird das Medikament ins Auge injiziert.
5 Fast alle Menschen über 65 sind mit dem grauen Star konfrontiert. Der graue Star ist eine Alterserscheinung, mit der fast alle älteren Menschen rechnen müssen. Beim grauen Star trübt sich die Linse. Wobei die Trübung der Linse sozusagen mit der Geburt beginnt und sich bis ins Alter fortsetzt. Bei einem Sehvermögen von 0.6 bis 0.7 (auf der Skala von 1.0 bis 0.1) wird eine Operation vorgenommen.
6 Die Angst zu erblinden, sitzt bei den Menschen tief. Die häufigste Erblindungsursache bei der arbeitenden Bevölkerung ist Diabetes. Generell ist die häufigste Ursache in Europa, damit auch in Österreich, die Makuladegeneration. Der grüne Star liegt an vierter Stelle. Weltweit gesehen ist der graue Star die häufigste Ursache zu erblinden. Im Westen ist dies nicht mehr der Fall.
7 Wie lange man Autofahren darf, ist geregelt. Wenn beide Augen zusammen ein Sehvermögen von umgangssprachlich 50 Prozent haben, ist das Autofahren erlaubt. Am Abend leidet das Kontrastsehen. Menschen mit einer Makuladegeneration brauchen länger, um sich von einer Blendung zu erholen. Wer blendungsempfindlicher wird, sollte die Augen untersuchen lassen. Es könnte auch ein Zeichen von grauem Star sein. Grundsätzlich muss jeder selbst entscheiden, ob er nachts das Auto stehen lässt.
8 Vererbung spielt eine Rolle. „Die größte Vererbungsrelevanz besteht beim grünen Star“, informiert Bechrakis. Bei Menschen, deren Eltern schon an einer Makuladegeneration leiden, kommt die Erkrankung häufiger vor.