Neue Regierung kontrolliert sich in Innsbruck selbst
Der Vorsitz im städtischen Kontrollausschuss verbleibt bis auf Weiteres bei der ÖVP. Die Opposition wettert: „Demokratiepolitisch nicht tragbar.“
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck –Mit fünf Gegenstimmen wurde gestern die Neuverteilung der Ressortzuständigkeiten und somit auch die Neo-Koalition aus Für Innsbruck (FI), Grünen, SPÖ und ÖVP vom Innsbrucker Gemeinderat bestätigt. Darunter befand sich erwartungsgemäß die Opposition (nicht jedoch Pirat Stemeseder), aber auch mit Gemeinderat Thomas Carli (Grüne) ein Mitglied der (alten) Ampelkoalition: „Ich stehe trotz meiner Gegenstimme zu dieser Regierung. Nur war und bin ich der Meinung, dass es nicht nötig war, die ÖVP in eine Regierung zu holen, die ausgezeichnet funktioniert hat.“
Politisch hat die Viererkoalition durch die mittwöchige Rochade ein ganz neues Problem am Hals: die bis dato ungelöste Frage des Kontrollausschusses. Besser gesagt: dessen Vorsitz. Bis dato war es gelebter Usus der Regierenden in der Landeshauptstadt, Selbigen an die Opposition abzugeben. Vor den Wahlen 2012 hatte hierzu FI einen ihrer Sitze in diesem Kontrollgremium der FPÖ zur Vorsitzführung überlassen. Nach der Wahl 2012 übernahm die ÖVP – als neue Opposition – die Führung des Kontrollausschusses. Doch die ÖVP hat die Seiten gewechselt, ist Teil der Viererkoalition. Die Regierung kontrolliert sich somit in der Stadt Innsbruck selbst. Im Kontrollausschuss haben kraft des Wahlergebnisses derzeit nur FI, Grüne, SPÖ und ÖVP einen Sitz. Eine „Sitzabtretung“ an die verbliebene Opposition, also FP/Federspiel, kann gemäß des Anfang 2012 in Kraft getretenen neuen Stadtrechts aber nicht mehr durchgeführt werden.
GR Rudi Federspiel stellte gestern daher den Antrag, den Ausschuss so weit aufzustocken, dass die Opposition jeweils einen Sitz erhalten könne. Dass die ÖVP den Vorsitz behalte, sei „demokratiepolitisch nicht tragbar“. Die reine Zuhörerrolle im Ausschuss ist Federspiel zu wenig.
„Rechtlich ist derzeit nichts anderes möglich, als dass wir den Vorsitz behalten“, sagt StR Franz Gruber (VP). Jedoch dränge man darauf, dass in der bereits laufenden Überarbeitung des neuen Stadtrechts die Sitzübertragung wieder reinreklamiert wird.
Eine Aufstockung auf neun Ausschusssitze führe nicht automatisch dazu, dass FP/Federspiel ein Sitz zustehe, warnt BM Christine Oppitz-Plörer. Vielmehr sei auch das magistratsintern zu prüfen, eventuell auszujudizieren.
Dass sich mit der neuen Regierungskonstellation im Kontrollausschuss ein „demokratiepolitisches Defizit“ aufgetan habe, stellt Grünen-Klubobfrau Uschi Schwarzl nicht in Abrede: „Wir arbeiten aber daran, dieses zu sanieren.“ Derweil könne man alternativ auch über eine gleichberechtigte Behandlung der Opposition bezüglich der Kontrollamtsberichte verhandeln – eine Überlegung.
StR Andreas Wanker (VP) stellt indes klar, dass er sich zu 100 % seiner Amtsführung im Wohnungsservice widmen werde. Er überlege sich aber, dafür die privaten beruflichen Tätigkeiten zu reduzieren.