Flüchtlinge - „Wiener Lerntafel“ will beim Deutschlernen unterstützen

Wien (APA) - Die „Wiener Lerntafel“ will Flüchtlingen beim Deutschlernen helfen. Stefan Unterberger, Obmann des gemeinnützigen Vereins, der ...

Wien (APA) - Die „Wiener Lerntafel“ will Flüchtlingen beim Deutschlernen helfen. Stefan Unterberger, Obmann des gemeinnützigen Vereins, der kostenlose Nachhilfe anbietet, wünscht sich von der Politik, dass rasch Gespräche mit den verantwortlichen Personen stattfinden können: „Wir haben Platz und wir haben Lernhelfer“, sagte er im Gespräch mit der APA.

Bisher scheitert es offenbar an einer konkreten Kooperation mit den entsprechenden Ministerien, Behörden oder NGOs. Unterberger wünscht sich mehr Bereitschaft zur Zusammenarbeit: „Es geht um Kommunikation.“ Soll heißen: Mit Flüchtlingsbetreuung befasste Stellen sollen die „Wiener Lerntafel“ in ihr Deutschkurskonzept integrieren. Vormittags und am Abend gebe es ungenützte Ressourcen im Lernzentrum, betonte Unterberger: „Flüchtlinge brauchen dringend Deutschkenntnisse. Wir bieten unsere Hilfe an.“

Seit über vier Jahren bietet die „Wiener Lerntafel“ Schülern im Alter zwischen sechs und 14 Jahren aus sozial benachteiligten Familien kostenlose Nachhilfe. Im Herbst wurde zusätzlich zum Standort im Einkaufszentrum Simmering eine Einrichtung in der Donaustadt eröffnet. Auch Flüchtlingskinder sind unter den Besuchern.

„Aus einem Drittel aller Wiener Schulen kommen Schüler zu uns“, sagt Unterberger. Im Gegensatz zur Gratisnachhilfe der Stadt Wien, der „Förderung 2.0“, erhalten die Schüler bei der „Wiener Lerntafel“ Einzelstunden. Den Erfolg führt er auch darauf zurück, dass das Angebot „weit über die Lernhilfe hinausgeht“. „Das wichtigste ist die Beziehungsarbeit“, betonte Unterberger.

Auch die Förderung der Kreativität und der Talente der Schüler spiele eine wichtige Rolle. Durch Kooperationen mit Kulturinstitutionen wie der Kunsthalle werden Museumsbesuche ermöglicht und Berufsbilder vermittelt, etwa wie man eine Ausstellung kuratiert.

Der Großteil der Kinder, die die „Wiener Lerntafel“ besuchen, wurde in Österreich geboren. Trotzdem würden sie oft „weder Deutsch noch ihre Muttersprache“ sprechen, meint Unterberger. Rund 90 Prozent haben eine andere Muttersprache als Deutsch. Insgesamt sprechen die Besucher der Lernhilfe 33 Sprachen. Am häufigsten ist Türkisch, gefolgt von Tschetschenisch, Somali, Arabisch und Serbisch.

Eine der Besonderheiten der „Wiener Lerntafel“ ist die Lernstandsdiagnostik, bei der die Vorkenntnisse und sprachlichen Kompetenzen der Schüler festgestellt werden. „Das ist der Grund, warum wir punktgenau Lernhilfe geben können“, warb Unterberger. Aufgrund fehlender Ressourcen kann diese jedoch nur bei einem Teil der Schüler gemacht werden.

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Im neuen Zentrum am Kagraner Platz in der Donaustadt werden derzeit rund 70 Kinder von 50 Lernhelfern im Monat betreut. Ziel sei es, in dieser Einrichtung etwa 150 Schülern Lernhilfe anzubieten. Insgesamt werden an beiden Standorten monatlich rund 500 Schüler betreut.

Trotz der gesonderten Förderung, die Flüchtlingskinder an Schulen erhalten, bekommen sie aus Unterbergers Sicht zu wenig auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Unterstützung. Das Angebot der öffentlichen Hand sei nicht ausreichend. „Die individualisierte Lernhilfe gehört ausgebaut“, appellierte Unterberger. Die Lerntafel leiste auch einen wichtigen Beitrag zur Integration: Sowohl die Schüler als auch die Lernhelfer lernen andere Kulturen kennen. Nicht nur Sprach- und Mathematikkenntnisse, sondern auch das „Grüßen, Bitte und Danke sagen, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit“ werde den Schülern vermittelt.

Die „Wiener Lerntafel“ finanziert sich durch Spenden. Bezahlt werden müssen die Räumlichkeiten und einige Mitarbeiter, die angestellt sind. Die Lernhelfer, die zwischen 15 und 79 Jahre alt sind, arbeiten ehrenamtlich. Auch wenn nicht mehr, wie im vergangenen Jahr, das Überleben infrage steht, kann die „Lerntafel“ nur ein halbes Jahr im Voraus planen. Wichtig wäre ein Sponsor, der längerfristig unterstützt, sagte Unterberger: „Wenn das Budget auf zwei, drei Jahre gesichert wäre, könnten wir mehr in die Qualität und die Fortbildung der Lernhelfer investieren.“