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Sellrain-Silz wird Kraftakt für Tiwag und Bürgerinitiative

© Wildewasser

Stubaier wollen Ausweitung des Untersuchungsraums. Experte kritisiert Kraftwerks-Gutachten. Felipe will vorgebrachte Bedenken genau prüfen.

Innsbruck –Ob das Ermittlungsverfahren zum geplanten Ausbau des Kraftwerks Sellrain-Silz endgültig abgeschlossen oder der Untersuchungsraum über die Auswirkungen auf die untere Ruetz bzw. die Sill ausgedehnt wird, dürfte in den nächsten Wochen entschieden werden. Die Stubaier Bürgerinitiative „Wilde Wasser“ drängt jedenfalls mit Schützenhilfe des Alpenvereins auf eine Ausdehnung. Das erklärten gestern Liliana Dagostin (Alpenverein) und Luis Töchterle von der Bürgerinitiative. „Im Stubaital gibt es keine Stimme für die Wasserableitungen und den Kraftwerksbau in der vorliegenden Form, die Gutachten in der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) weisen große Mängel auf“, sagt Töchterle. Die Kraftwerkskritiker stützen sich dabei auf die Expertise von Uwe Merkel.

Merkel, der internationale Energiekonzerne berät, hat sich mit der Geschiebeproblematik und dem Hochwasserschutz auseinandergesetzt. In seinem Expertise kommt er zum Schluss, dass das Gutachten in der Umweltverträglichkeitsprüfung lediglich als Voruntersuchung klassifiziert werden müsse. „Die Ausarbeitungen sind auf Basis einer dünnen Messdatengrundlage nicht auf dem Niveau der bei europäischen Großprojekten eingesetzten Methoden.“ Man könne nicht vorhersagen, was nach der Ableitung der Bäche im Zusammenhang mit Hochwasserschutz oder Gewässer­ökologie für den Ausbau von Sellrain-Silz passieren werde. Weil grundlegende Aussagen nur grob geschätzt seien, müsse das Gutachten zum Wasserhaushalt bis zur Mündung der Sill in den Inn ausgeweitet werden.

Die zuständige Umweltreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) sicherte den Stubaiern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihren Bedenken zu. „Wir werden dieses Gutachten genau prüfen und auch in die Abwägungen zur Frage der Ausweitung des Untersuchungsraumes miteinbeziehen“, erklärte Felipe auf Anfrage der TT. Käme es zu einer räumlichen Ausdehnung bis zur Sill, wird das UVP-Verfahren weitere Monate dauern. Daran will der Chef des Landesenergieversorgers Tiwag, Bruno Wallnöfer, gar nicht einmal denekn, „außer es ist politisch so gewollt“. Für ihn ist das Verfahren, „das nunmehr sechs Jahre dauert“, entscheidungsreif, es gebe keine offenen Fragen mehr. Die Kritik an den Tiwag-Gutachten lässt er nicht gelten, er bezeichnet die Aussagen als Klamauk, „denen jeder Anschein von Ernsthaftigkeit fehlt“. Das Abflussregime im Stubaital ändere sich nicht, „wir reden hier über einen Bereich, wo sich am wenigsten verändert“. Wallnöfer verweist letztlich auf die Möglichkeit, einen UVP-Bescheid zu bekämpfen.

Darauf liegen auch die Hoffnungen der Bürgerinitiative und des Alpenvereins. Sie kündigten jedenfalls vorbeugend den Gang zum Bundesverwaltungsgericht und zum Verfassungsgerichtshof an. (pn)

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