Missbrauchsprozess in Großbritannien: Vergewaltigt und weitergereicht

Sheffield (APA/dpa) - Mädchen sollen vergewaltigt, zur Prostitution gezwungen oder an Freunde „weitergereicht“ worden sein. Es sind schwere ...

Sheffield (APA/dpa) - Mädchen sollen vergewaltigt, zur Prostitution gezwungen oder an Freunde „weitergereicht“ worden sein. Es sind schwere Vorwürfe, die Staatsanwältin Michelle Colborne am Donnerstag vor dem Gericht im nordenglischen Sheffield erhoben hat. Teilweise sollen die Opfer aus der Stadt Rotherham erst zwölf Jahre alt gewesen sein. Fünf Männer und zwei Frauen sind angeklagt. Sie bestreiten jede Schuld.

Die Verbrechen in der 260.000-Einwohner-Stadt gelten als Inbegriff des Kindermissbrauchs in Großbritannien. In einem unabhängigen Untersuchungsbericht heißt es, in Rotherham seien über Jahre bis zu 1.400 Kinder und Jugendliche Opfer sexueller Gewalt geworden. Den Behörden wurde der Vorwurf gemacht, lange Zeit weggeschaut zu haben.

„Er benutzte sie für seine eigene Befriedigung, prostituierte sie oder reichte sie an seine Brüder und seine Freunde weiter“, warf Colborne einem der Angeklagten vor. Einige Opfer seien regelrecht gefangengehalten worden.

Einer der Angeklagten habe ein zwölfjähriges Mädchen aus einem Kinderheim geholt - dort habe man gesagt, es sei okay, wenn er das Mädchen bis 23 Uhr wieder zurückbringe. Das Mädchen sei dann gezwungen worden, mehrere Männer in einem Auto durch Oralsex zu befriedigen, sagte Colborne.

Insgesamt werde man in dem Prozess, der mehrere Wochen dauern dürfte, die Beschuldigungen von zwölf Mädchen und jungen Frauen anhören. Das Verfahren umfasst mehr als 60 Anklagepunkte. Die Verbrechen sollen in einem Zeitraum von rund zehn Jahren begangen worden sein.

Zuvor hatte ein unabhängiger Bericht der Professorin Alexis Jay den Behörden vorgehalten, auch aus falsch verstandener „politischer Korrektheit“ weggeschaut zu haben. Es bestehe der Verdacht, dass Polizei und Behörden „die ethnische Dimension der sexuellen Ausbeutung von Kindern ‚heruntergespielt‘“ hätten. Die Angeklagten tragen Namen, die eher dem Nahen und Mittleren Osten zuzuordnen sind. Ermittler und Sozialarbeiter vor Ort seien im Unklaren gewesen, „was sie sagen und tun sollten, und was als ‚rassistisch‘ interpretiert werden könnte“.

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