Japans Sexsklaverei: Deal nach 70 Jahren kommt für Opfer zu spät
Südkorea und Japan haben sich über das bittere Kapitel der südkoreanischen Zwangsprostituierten während des Zweiten Weltkriegs geeinigt. Die wenigen noch lebenden Opfer kann der staatliche Deal jedoch nicht überzeugen.
Von Lars Nicolaysen/dpa
Seoul/Tokio – Jahrelang herrschte Eiszeit zwischen Südkorea und Japan. Grund war Japans Sexsklaverei während des Zweiten Weltkrieges. Nun haben sich beide Regierungen auf eine Lösung geeinigt. Die wenigen noch lebenden Opfer kann der staatliche Deal jedoch nicht überzeugen.
Sie wurden sexuell missbraucht, erniedrigt und geschunden. Etwa 200.000 Mädchen und Frauen, überwiegend Koreanerinnen, wurden nach Angaben von Historikern während des Zweiten Weltkrieges zur Prostitution in Frontbordellen der kaiserlichen japanischen Armee gezwungen. Kein anderes Thema hat die Beziehungen der beiden asiatischen Staaten in den vergangenen Jahrzehnten so sehr belastet wie das Schicksal der euphemistisch „Trostfrauen“ genannten Opfer.
Gerade seit dem Amtsantritt des japanischen Premiers Shinzo Abe, einem überzeugten Nationalisten, schienen die Fronten verhärteter denn je. Kritiker werfen Abe vor, er leugne die dunklen Seiten der Geschichte seines Landes. Doch nun haben sich beide Regierungen geeinigt, den Streit „endgültig“ beizulegen. Für die meisten Opfer ist das zu spät: Von den Südkoreanerinnen leben heute nur noch 46.
Noch lebende Opfer sind nicht zufrieden
Für sie ist der zwischen den beiden Regierungen nun ausgehandelte Deal ein schaler Sieg. „Wir sind nicht zufrieden“, sagte die 88 Jahre alte Yoo Hee-Nam in Seoul. Mancher in Seoul ist gar empört, dass die eigene Regierung sich bereiterklärt habe, das Thema nie wieder aufzubringen. Immerhin ließ der japanische Premier Abe wissen, dass er seine „Entschuldigung“ zum Ausdruck bringe. So klar haben die Opfer das von Abe noch nicht gehört. Von jenem Mann, dem vorgeworfen wird, Japans brutale Vergangenheit beschönigen und die Geschichte umschreiben zu wollen. Doch mancher in Südkorea bleibt skeptisch.
Die Entschuldigung sei zu verschwommen, sagte ein Sprecher einer Hilfsorganisation für die Opfer. Abe habe sie nicht einmal selbst ausgesprochen, sondern sie von seinem Außenminister verlesen lassen. Abe, dessen Großvater nach der Niederlage Japans als mutmaßlicher Kriegsverbrecher von den Amerikanern inhaftiert war, hatte früher eine Gruppe unterstützt, die behauptet, es gebe keine Beweise, dass die Armee die Frauen in die Bordelle verschleppte. Es seien Prostituierte gewesen, die freiwillig und gegen Bezahlung gearbeitet hätten.
Druck aus USA ebnete Weg für Gespräche
Nach Abes Amtsantritt Ende 2012 hatte sich das Verhältnis zwischen Seoul und Tokio denn auch verschlechtert. Die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye weigerte sich lange, Abe zu bilateralen Gesprächen zu treffen. Dazu kam es erst kürzlich nach langer Eiszeit.
Dies führen Beobachter letztlich auch auf den Druck Washingtons zurück. Vor dem Hintergrund des militärisch immer selbstbewusster und aggressiver auftretenden Chinas hatten die USA ihre beiden wichtigsten Verbündeten in der Region gedrängt, ihre Beziehungen zu verbessern.
Nun sind Japan und Südkorea mit einem Mal bereit, ihren Streit „endgültig“ und „unumkehrbar“ beizulegen. Vorausgesetzt, die vereinbarten Schritte werden umgesetzt. Ob jedoch der neue Fonds über eine Milliarde Yen (7,6 Millionen Euro), die Japan zahlt, die noch verbliebenen Opfer zufriedenstellt, wird bezweifelt. „Wenn wir uns an die Vergangenheit erinnern, ist das keine Sache von Geld. Aber ich werde dem folgen, was die Regierung tut“, sagt das Opfer Yoo Hee-Nam.
Japan: Neuer Fonds „keine Entschädigung“
Die Opfer fordern, dass Japan klar rechtlich Verantwortung für die Sexsklaverei übernimmt und offiziell Entschädigung zahlt. Japan besteht jedoch darauf, dass diese Angelegenheit rechtlich bereits 1965 mit Südkorea beigelegt wurde. Der neue Fonds stelle daher auch keine Entschädigung dar, machte Außenminister Kishida noch in Seoul deutlich. In Südkorea könnte dies aber auch anders interpretiert werden.
Ein weiterer umstrittener Punkt in Bezug auf die „Trostfrauen“-Frage stellt eine Statue direkt vor der japanischen Botschaft in Seoul dar, die ein Mädchen als Symbol der Opfer symbolisiert. Seoul sagte Tokio nun zu, sich darum zu „bemühen“, dass die Statue verschwindet. Wie „endgültig“ die Einigung vom Montag also letztlich ist, wird sich zeigen müssen.