„Darknet“

In Tirol sinkt die Hemmschwelle zur Kriminalität im Web

(Symbolfoto)
© KEYSTONE/Alexander Guth

Das LKA ist immer häufiger mit Kriminellen konfrontiert, die auf anonymen Websites zwielichtige Geschäfte anbahnen.

Von Renate Perktold

Innsbruck – Ein Wattener der Online im großen Stil Drogen kauft und in ganz Tirol unter die Leute bringt. Ein Unterländer, der sich Blüten im Internet besorgt und damit beim Bäcker ums Eck einkauft: Solche Meldungen häufen sich. Auch die Tiroler Polizei sieht sich mehr und mehr mit Kriminellen konfrontiert, die ihre krummen Geschäfte über das Internet anbahnen.

„Im Internet findest du mittlerweile ja fast alles – angefangen von der Anleitung zum Bombenbasteln bis hin zum so genannten Darknet“, weiß auch der IT-Spezialist vom Tiroler Landeskriminalamt, Kurt Wechselberger. Das Darknet, ein anonymisierter Teil des World Wide Web ist es auch, der die Ermittler vor große Herausforderungen stellt.

Im Zwiebel-Prinzip in die Anonymität

Beim Darknet handelt es sich um ein Peer-to-Peer-Overlay-Netzwerk, bei dem die Teilnehmer die Verbindungen untereinander manuell herstellen. Die Daten werden verschlüsselt übertragen und sind in hohem Maße anonym. Um in das „dunkle Web“ zu gelangen, verwenden die meisten User den Anonymisierungsrouter TOR (The Onion Router). Mit nur wenigen Schritten kann man dann in eine Welt eintauchen, die mit Google und Co. nichts mehr zu tun hat: Drogen, gefälschte Ausweise, Waffen, Hackingdienste, Kinderpornos. Alles was das kriminelle Herz begehrt, lässt sich auf der dunklen Seite finden.

Ein Marktplatz im Darkweb: Hier werden Drogen ganz einfach per Mausklick angeboten.
© Perktold

Freilich tummeln sich nicht nur Kriminelle im Darknet, es wird auch von Menschen genutzt, die beispielsweise in ihrem Land keine freie Meinungsäußerung genießen und diese in der anonymisierten Welt des Darknets nutzen, ohne Repressalien ihrer Staatsgewalten befürchten zu müssen. „Man kann TOR für verschiedene Dinge nützen. Das ist wie im realen Leben: Der eine verwendet ein Küchenmesser zum Salatschneiden, der andere für etwas anderes.“

„Aber“, schränkt auch Wechselberger ein, „welchen Grund hat jemand, etwas im pseudo-anonymen Web zu erledigen, das keine Spuren hinterlässt?“ Gerade für kriminelle Machenschaften sei der dunkle Bereich des WWW schon „verlockend“, schätzt der Experte. Im Suchtgiftbereich sei es relativ leicht, mit wenigen Klicks an alle möglichen Arten von Drogen zu kommen, die dann bequem nach Hause geliefert werden. Mit der Post.

Mit Bitcoins auf die Spur Krimineller

Die Spuren, die man bei derartigen Transaktionen hinterlässt, sind für die Polizei nicht immer leicht zu finden: „Die Anonymität ist groß. Aber nicht 100-prozentig“, betont Wechselberger. „Das Darknet ist wie eine Hinterzimmer. Man kann schon sehen, wer da herauskommt, aber man kann nicht gleich sagen, was der da gemacht hat“, beschreibt der IT-Spezialist die schwierige Arbeit der Polizei, den Kriminellen auf die Schliche zu kommen.

Doch es gibt immer wieder große Erfolge – mit Ausdauer und akribischem Spürsinn und vor allem internationaler Zusammenarbeit schaffen es die Beamten immer wieder, Straftaten im Internet aufzuklären und Verbrecher hinter Schloss und Riegel zu bringen. „Das größte Problem ist ja die Internationalität im Darknet. Mit dem österreichischen Strafmaß ist an der Grenze Halt.“

Für Transaktionen im Darknet wird mit der virtuellen Währung Bitcoins gezahlt. Diese ist es oft auch, die die Polizei zu den Tätern führt. Näheres wird aus ermittlungstaktischen Gründen nicht verraten. Nur so viel: Bei konkreten Verdachtsfällen hat auch die Polizei mittlerweile Mittel und Wege, um die einzelnen Schritte im Darknet nachzuvollziehen. In schwierigen Fällen können die Beamten des Landeskriminalamts auch auf die Hilfe des Bundeskriminalamts – das mittlerweile eine eigene Task Force zur Darknet-Kriminalität hat – oder auf Europol bauen. Wie bei Verbrechen in der realen Welt hinterlässt jede Tat im Internet Spuren, die die Polizisten früher oder später aufdecken können.

Begriffe zum Invisible Web

DEEP WEB: Das so genannte Deep Web bezeichnet einen Teil des World Wide Web, der als versteckt gilt. Es ist über normale Suchmaschinen nicht auffindbar. Es besteht zum Großteil aus Fachdatenbanken und Webseiten, die zum Teil auch nicht frei zugänglich sind. Laut einer Studie der Firma Bright Planet ist das Deep Web 400-550 Mal größer als das Sichtbare Web. Es enthält rund 7500 Terabyte an Informationen.

DARK NET:

Das Dark Net ist ein Teil des Deep Web. Die Daten werden häufig verschlüsselt übertragen. Das kann von normalen Tauschbörsen-Netzwerken bis hin zu illegalen Marktplätzen für Drogen, pornografischen Inhalten oder Waffen reichen.

ONION ROUTING:

Um ins Darknet zu gelangen, verwenden die meisten User den Anonymisierungsdienst TOR (The Onion Router). Onion Routing ist eine Anonymisierungstechnik im Internet, wobei Webinhalte über ständig wechselnde Routen von mehreren Knoten geleitet werden. Diese Knoten stellen jeweils ein Art verschlüsselten Proxyserver dar. Das hat den Vorteil, dass die Identität von dem, der die Daten angefordert hat, für den Webserver anonym bleibt. Nicht einmal der Betreiber der Knoten kann eine Zuordnung zwischen den Usern und ihren angeforderten Inhalten herstellen (außer alle Knoten der jeweiligen Route arbeiten zusammen). Der Begriff Onion (engl. Zwiebel) leitet sich vom Verschlüsselungsschema ab. Die Daten werden mehrfach verschlüsselt, je nachdem ob etwas gesendet oder empfangen wird. Nur der letzte Knoten kann jeweils die zu sendenden Daten sehen.

SILK ROAD:

Der wohl bekannteste Marktplatz im Darkweb war die Drogenbörse „Silk Road“. Nach intensiven Recherchen wurde der Gründer in einer großangelegten Razzia verhaftet und im vergangenen Jahr zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Polizei hat die Silk-Road geschlossen. Laut Einschätzungen der Ermittler wurden dort Drogengeschäfte mit einem Volumen von rund 1,2 Milliarden Dollar abgewickelt. Der Betreiber alleine soll mit der Silk Road rund ein Bitcoin-Vermögen im Gegenwert von 18 Millionen Dollar angesammelt haben.

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