Vernetzungsprojekt

„Wir waren auf die Flüchtlingskrise nicht vorbereitet“

Flüchtlingskoordinator Christian Konrad diskutierte mit Bürgermeistern aus Tirol, Salzburg und Vorarlberg sowie Wohnbaumanagern.
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In Zirl fand gestern das Bürgermeister-Vernetzungsprojekt zur Flüchtlingskrise seinen vorläufigen Abschluss. Flüchtlingskoordinator Christian Konrad fand dabei klare Worte.

Von Nikolaus Paumgartten

Zirl –In Alpbach vor fünf Monaten gab sich Christian Konrad wortkarg. Als frisch designierter Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung war er damals noch nicht offiziell im Amt und hörte zunächst lieber zu. Gestern in Zirl fand Konrad vor rund 80 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie leitenden Gemeindebediensteten klare Worte zu den Herausforderungen der Flüchtlingskrise.

Im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach hatte Forumspräsident Franz Fischler im September des Vorjahres zu einem Vernetzungstreffen der Bürgermeister geladen, um gemeinsam Auswege aus der Asylquartierkrise zu diskutieren. Nach weiteren Terminen in Niederösterreich und der Steiermark in der vergangenen Woche wurde die Veranstaltungsreihe gestern in Tirol vorläufig abgeschlossen.

„Wir waren nicht vorbereitet“, sagt Konrad angesichts des Ausmaßes der Flüchtlingskrise. „Und der Vorwurf an die Regierung, dass sie keinen Plan hatte, der stimmt. Aber wir alle haben keinen Plan gehabt.“ Als es darauf ankam, habe dafür jedoch die Zivilgesellschaft Großes geleistet. Jetzt müsse man aber weiterarbeiten, denn das Problem sei mit Jahreswechsel nicht plötzlich aus der Welt. „Seit 1. Jänner sind über 40.000 Menschen durch unser Land gezogen und 5000 haben einen Asylantrag gestellt“, rechnet Konrad vor. Diese Realität gelte es zu akzeptieren. „Seit Herbst wurden eine Reihe von Projekten zur Unterbringung von Flüchtlingen begonnen, die jetzt fertig werden.“ Auch wenn daher aktuell kein akuter Notstand an Unterkünften bestehe, müsse man für die kommenden Monate vorbauen. „Wir brauchen Wohnraum und Dächer über den Köpfen“, sagt Konrad. Gefragt seinen etwa leer stehende Gebäude in den Gemeinden ebenso wie Grundstücke, auf denen sich binnen kürzester Zeit einfache Siedlungen für bis zu 70 Personen errichten ließen. „Wir wollen keine erfrorenen Flüchtlinge auf unseren Straßen“, macht der Flüchtlingskoordinator klar.

Das Durchgriffsrecht, mit dem der Bund gegen den Widerstand von Gemeinden und Ländern Unterkünfte schaffen kann, bezeichnet Konrad als Notinstrument, auf das er gerne verzichten würde: „Ich will es nicht gegen den Willen der Leute machen, denn das hat keinen Sinn – weder für die Betroffenen, noch für die Bevölkerung.“ Umso mehr seien die Gemeinden und ihre Bürgermeister gefordert. „Wir lernen und wir arbeiten und wir werden immer besser. Und der heutige Tag zeigt, dass das Land noch sehr viel kann.“

Dass die Schaffung von Wohnraum nur ein erster Schritt ist, unterstreicht Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer: „Mit der Unterbringung ist es nicht getan. Die große Herausforderung ist die Integration.“ Gemeinden würden zusätzliche Finanzen und Ressourcen benötigen, um Personal und Infrastruktur etwa im Kindergarten- und Schulbereich bereitstellen zu können. „Für die Bürgermeister ist politisch dabei nichts zu gewinnen. Dafür aber Menschlichkeit und Nächstenliebe“, sagt Mödlhammer, der sich außerdem schnellere Asylverfahren, Deutschunterricht ab dem ersten Tag des Verfahrens sowie mehr Möglichkeiten der Beschäftigung für Asylwerber wünscht.

Die Bilanz von Forums­präsident Franz Fischler zum Abschluss der Veranstaltungsreihe fällt durchwegs positiv aus. Er habe die Stimmung unter den Bürgermeistern als praktisch, engagiert und lösungsorientiert empfunden. Die Erkenntnisse, Erfahrungen und Ratschläge aus den zahlreichen Erzählungen und Diskussionen wurden in einem Handbuch „Wege aus der Asylquartierkrise“ zusammengefasst. Das Dokument kann unter www.alpbach.org/buergermeister runtergeladen werden.

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